Generalprobe Zeitballett
wären wir längst angekommen. Hier geht das aber nicht. Ich bin froh, wenn wir in dieser Hölle täglich fünfzig Kilometer schaffen.«
»Meistens haben wir weniger zurückgelegt. Okay, Großer, ich bemühe mich, von nun an ernsthaft zu werden. Beachte meine damit verbundene Gefährlichkeit.«
Ich warf dem Zwerg einen ironischen Blick zu, winkte ab und konzentrierte mich erneut auf die Karten.
Die letzte von Allison mit modernen Geräten vorgenommene Positionsbestimmung war zwei Stunden alt. Demnach standen wir auf etwa fünfunddreißig Grad Nord und dreizehn Grad westlicher Länge. Das war jammervoll!
Wir waren nunmehr vierzehn Tage unterwegs und hatten kaum ein Drittel der Strecke zurückgelegt. Mein Kombiinstrument zeigte den 29. März 2011 Realzeit an. Es war 11:46 Uhr.
Am 15. März gegen acht Uhr waren wir aus Whurola ausgelaufen.
Die Strecke im schützenden Bereich der spanischen Halbinsel hatten wir schnell und bei ruhiger See überwunden, doch dann waren wir in den Atlantischen Arm vorgestoßen.
Es war unvorstellbar, wie schnell sich die Wetterlage verändert hatte.
Die zeitgemäße Landenge zwischen dem uns bekannten Kap St. Vincent und der östlichsten Landspitze von Atlantis, Kap Lur genannt, war genau siebenhunderteinundvierzig Kilometer breit. Das gebirgige Kap war praktisch die nach Osten reichende Verlängerung unserer heutigen Azoren, die 187 000 Jahre v. Chr. die mächtigsten Gebirgserhebungen des Inselkontinentes darstellten.
Diese Landenge schien der Teufel persönlich erschaffen zu haben, denn dort drängten sich etwa sechzig Prozent der aus dem Nordatlantik kommenden Eismassen zusammen, um gewaltsam einen Weg in die südlichen Gewässer zu suchen.
Im »Schlund von Lur«, wie die Enge von den Whurolanern genannt wurde, donnerte und toste es Tag und Nacht. Das Packeis des Nordens bröckelte ständig ab. Gigantische Gletscher kalbten ununterbrochen.
All diese Eismassen wurden von den heftigen Nord-Süd-Strömungen erfaßt, von den heutigen britischen Inseln abgelenkt und zum Teil in der Biskaya vorübergehend zusammengeballt.
Die weitaus größeren Felder schoben sich aber infolge der Strömungsverhältnisse und der orkanartigen Nordwinde auf den Schlund von Lur zu, wo sie sich erst einmal mit vernichtender Wucht stauten.
Dort brauten sich auch die schrecklichen Unwetter zusammen, die man noch weit südlich zu spüren bekam.
Hinter der Meerenge wich die atlantische Kontinentalmasse nach Südwest zurück und erlaubte dem Treibeis eine rasche Ausdehnung.
Der Kontinent selbst besaß etwa die Größe der Insel Grönland.
Seine nördliche Küstenlinie lief ziemlich genau am vierzigsten Breitengrad Nord entlang.
Bei etwa sechsundfünfzig Grad West schwenkte die Küste nach Südwest ab, umschloß die heutigen Bermudas und erstreckte sich von dort aus in südöstlicher Richtung bis zum zwanzigsten Breitengrad Nord. Das war die Höhe der Antilleninsel Haiti in der Realzeit.
Hier verlief die Küste fast genau auf zwanzig Grad nach Osten, um etwa am fünfundvierzigsten Längengrad West wieder nach Nordost zu schwenken.
Im Ganzen gesehen, glich Atlantis einem rohbehauenen Faustkeil, dessen scharfe Spitze die Azoren mit dem Kap Lur darstellten.
Unser Ziel war die bedeutendste und auch größte Hafenstadt des Erdteils Atlantis.
Bayronur befand sich genau auf dreißig Grad nördlicher Breite, also etwa auf der Höhe der heutigen Kanarischen Inseln. Die Länge war von Allison mit zweiunddreißig Grad West ermittelt worden.
Den Schlund von Lur hatten wir in nördlicher Richtung liegengelassen, aber seinen Auswirkungen waren wir noch
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