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Geopfert - [Gus Dury ; 1]

Geopfert - [Gus Dury ; 1]

Titel: Geopfert - [Gus Dury ; 1] Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Carl Hanser Verlag
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Augenbrauen. »Noch weiter oben.«
    »Was?«
    »Ich sag Ihnen, wenn das an die Öffentlichkeit kommt, werden Köpfe nicht nur rollen.«
    Ich war noch nicht überzeugt. Als ob so etwas nicht schon seit Ewigkeiten liefe. Ich konnte nicht glauben, dass Billy umgelegt worden war, nur weil er ein paar Kunden aus der Oberliga hatte. Öffentliche Hinrichtung war einfach nicht ihr Stil.
    »Wer ist es, Fitz?«
    Er wischte sich übers Gesicht. »Weiß ich noch nicht.«
    »Was?«
    »Wir haben es hier mit einem Schweigekomplott zu tun. Da werden Namen ins Spiel gebracht, Sie würden es nicht glauben. Aber niemand sagt etwas Genaues. Allerdings habe ich den Kreis bereits stark eingegrenzt.«
    »Auf wen denn?«
    Fitz holte tief Luft, hielt sie für mehrere Sekunden. »Auf das Kabinett des First Minister, unseres Regierungschefs.«

I ch ging zum Wall zurück und duschte. Versuchte den Strahl auf meinen Mund gerichtet zu halten, solange ich es ertragen konnte. Der Schmerz versengte mir das Zahnfleisch. Burns wusste genau, wovon er redete, als er über den »giftig brennenden Schmerz« schrieb, »der gemartertes Zahnfleisch durchbohrt«.
    Ich pfiff mir Schmerztabletten rein. Extrastark, zwei feuerrote Pfeile auf der Packung, um dies deutlich zu unterstreichen. Während ich darauf wartete, dass die Wirkung einsetzte, zog ich mich an. Ausgebleichte Cordhose aus den späten Achtzigern. Wir hatten gemeinsam schon eine Menge durchgemacht, aber sie hatte durchgehalten. Ein paar Gürtelschlaufen waren auf der Strecke geblieben, am Hintern und an den Knien gab es blanke Stellen. Aber ich wollte mit ihnen ja auch kein modisches Statement abgeben, außer vielleicht: »Hey, ich fühle mich wohl, find dich damit ab!« Rundete den Look mit einem alten grauen Levi’s-Sweatshirt, weich wie Daunen, ab. Das Ganze unter einem blaukarierten Holzfällerhemd, so eins, das die Typen vom Seattler Plattenlabel Sub Pop »Flanellhemd« genannt hatten.
    Ich warf einen Blick in den Spiegel. Ich sah aus wie ein Roadie von Nirvana. Dann machte ich den Mund auf. Negativ, ich sah aus wie ein Redneck, weißer Abschaum aus den Wäldern Georgias. Ich hörte die Schreie von Ned Beatty in Beim Sterben ist jeder der Erste , während der Hinterwäldler brüllte: »Quiek wie ein Schwein, Junge.«
    Mir war das Gel ausgegangen. Der größte Teil meines täglich benötigten persönlichen Krams war bei Hod, allerdings wollte ich mich dort nicht blicken lassen, bevor ich mich bei Col gemeldet hatte. Ich wusste, Amy würde dort sein, und ich wollte nicht, dass sie mich mit fehlenden Zähnen und einem Satz Waschbäraugen sah. Ich hatte bereits eine kurze SMS abgesetzt, damit sie wusste, man hatte mich wieder laufen lassen, aber anschließend musste ich mein Telefon ausschalten. Sie war bei Hod in sicheren Händen, auch wenn ich mir im Moment mehr Sorgen um sie machte.
    Ich fuhr mit den Fingern durch die wenigen Haarsträhnen oben auf meinem Kopf, dachte: ›Könnten einen Schnitt vertragen.‹ Vielleicht sollte ich wieder bei Mac vorbeischauen. Die Kanone würde er ja wohl immer noch haben.
    Ich versuchte einen halben Liter Wasser zu trinken, aber die Anstrengung war einfach zu viel. Ich brauchte Alkohol, um das Klappern meiner Nerven zu beseitigen. Dies jetzt kam mir wie der längste Zeitabschnitt seit mindestens drei Jahren ohne die Droge meiner Wahl vor.
    Ich musste unbedingt auf Sauftour gehen. Inzwischen waren sämtliche vertraute Anzeichen vorhanden. Das Zimmer zog sich um mich zusammen. Ich ging auf und ab. Stellte mir eine Reihe sämiger Pints vor, aufgestellt auf einer Theke. Mein Mund war knüppeltrocken.
    Für mich war es immer darum gegangen, die Monotonie zu durchbrechen. Eine Sauftour ist nichts anderes als eine Entschlackung. Das Leben türmt sich um einen herum auf, du hast die Schnauze voll, also ziehst du los und versuchst alles zu ändern. Genau an diesem Punkt hilft der Alkohol. Du möchtest ein anderer sein, möchtest die ganze Welt in die Luft jagen. Und für kurze Zeit macht der Alkohol dich glauben, das alles wäre möglich. Die Zeit bleibt stehen, während du in einem alkoholischen Dunstschleier von Pub zu Pub geisterst. Langsam hört die Welt, wie du sie kennst, auf zu existieren. Du hast den Teufelskreis durchbrochen, bist aus der Tretmühle ausgestiegen. Es geht doch um nichts anderes, als sich die Normalität vom Leib zu halten. Wenigstens für kurze Zeit.
    Am nächsten Tag ist es dann, wie von einem Gespenst geweckt zu werden, wenn du anfängst,

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