Georgette Heyer
wohnen? Sie
kann Mrs. Goring im Jagdhaus helfen, du erinnerst dich doch, daß mir Mrs.
Goring, als wir dort waren, immer vorjammerte, sie könne kein anständiges
Mädchen bekommen, das ihr hilft – ach nein, vielleicht weißt du gar nichts
davon – aber es war so.»
«Zum
Kuckuck, Kätzchen, sie ist aber doch kein anständiges Mädchen», verwies
Sherry. «Und wenn ich Mrs. Goring richtig kenne ...»
«Nein,
bitte überlege es dir nur», bat Hero. «Du kannst ihr doch einen Ehering
kaufen, und wir werden behaupten, daß ihr Gatte tot ist; niemand braucht die
Wahrheit zu erfahren, und sie kann dort in Frieden leben. Er ist bei Waterloo
gefallen. Darüber kann sich niemand wundern.»
«Bei
Waterloo gefallen?» warf Mr. Ringwood ein.
«Sehr gute
Idee», sagte Ferdy beifällig. Aber plötzlich erschütterten ihn bedenkliche Zweifel.
«Wenn ich es genau überlege, bin ich doch nicht so sicher.»
Es war
klar, daß sowohl er als auch Mr. Ringwood in Gedanken mit einer mathematischen
Berechnung beschäftigt waren. Mr. Ringwood kam als erster zu einem Resultat.
«Nein», erklärte er, «das war im Juni vergangenen Jahrs, nicht wahr? Also vor
achtzehn Monaten.»
«Bei mir
kommt es auch so heraus», sagte Ferdy, erfreut, sichmit seinem Freund in
Übereinstimmung zu befinden. «Müssen uns etwa anderes ausdenken. Bin sehr
glücklich, helfen zu dürfen. Glaube, daß ich einen blendenden Einfall haben
werde.»
«Ach, wir
sagen einfach, daß er an einer Krankheit gestorben iat», entschied Hero. «Dabei
kann es keinerlei Schwierigkeiten geben Und Ruth war in einem Gasthof
Zimmermädchen und wird dabei wie sie ihre
Arbeit verrichten soll. Und Sherry, wenn du nichts dagegen hast, glaube ich,
könnten wir ihr dasselbe Gehalt geben wie Maria. Ich weiß, daß es ein wenig
verschwenderisch ist, aber wir müssen doch auch an das Kind denken.»
Sherry war
so überaus erleichtert, Heros Worten zu entnehmen, daß sie nicht den Wunsch
hatte, ihren unglücklichen Protégé dauernd im Fremdenzimmer einzuquartieren,
daß er diesen Plan sofort billigte, ja er ging sogar so weit, ihr auf ihre
Bitte eine Banknote zu geben, die ausreichte, um die Kosten geeigneter
Babykleider für das verlassene Kind zu decken. Hero dankte ihm in warmen Worten
und begab sich zu Ruth, um sie über ihr Los zu beruhigen, und überließ es
Sherry, sich dazu zu gratulieren, daß er bei dieser Angelegenheit besser weggekommen
war, als er es noch vor kurzem für möglich gehalten hatte, Mr. Ringwood,
sichtlich in tiefes Nachdenken zu versinken, und Ferdy, sich eine stilvolle
Todesart für den hypothetischen Gatten Ruths auszudenken.
16
Da der Viscount nicht zu den nachdenklich
veranlagten jungen Leuten zählte, fiel es ihm auch nicht ein, daß sich das
nächste Zusammentreffen mit seinem Freund Revesby zwangsläufig in einer
gewissen befangenen Atmosphäre abspielen müsse. Er war von dem abscheulichen
Licht, das die Affäre auf Revesbys Charakter warf, ziemlich erschüttert
gewesen, und nach einem etwas mühsamen Gespräch mit Ruth Wimborne (das ihm von
seiner Frau am folgenden Morgen aufgezwungen worden war) hatte er keinerlei
Zweifel mehr, daß ihre Erzählung in allen wesentlichen Punkten auf Wahrheit
beruhe. Aber er war geneigt, anzunehmen, daß die Geschichte auch noch eine
zweite Seite haben könnte, und hätte ihm Sir Montagu eine andere Darstellung
gegeben, so hätte er ihm geglaubt. Aber er sah Sir Montagu während einiger
Tage nicht, und als sie einander wieder begegneten, erwähnte Sir Montagu die
ganze Affäre mit keiner Silbe. Er zeigte sich von seiner charmantesten Seite
und tat so, als hätte der Skandal nie stattgefunden. Sherry war darüber verstimmt.
Er war ein freigebiger junger Mann und hatte keine Einwendungen erhoben, als
man sich an ihn wandte, für die Geliebte und das Kind eines anderen Mannes zu
sorgen, aber als er nun bemerkte, daß Revesby die ganze Geschichte scheinbar
völlig vergessen hatte, begann die Idee, die Ferdy ihm zuerst in den Kopf
gesetzt hatte, daß es nämlich von einem Manne durchaus nicht in Ordnung sei,
ihm sein Kind aufzuhalsen, immer stärker von ihm Besitz zu ergreifen.
Es dämmerte
ihm auch auf – allerdings nicht sogleich, sondern bald darauf –, daß sich, wie
immer Revesbys Haltung auch gewesen sein mochte, ziemlich heikle Situationen
bei einer fortgesetzten Intimität mit einem Mann ergeben mußten, dem man unter
diesen Umständen nicht gestatten konnte, seiner eigenen Frau nahezukommen. Als
Hero ihn
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