Georgette Heyer
funkelnden Augen. «Das ist es
nicht, was mich bestimmt, zu meinem Onkel zu gehen.»
«Das tut
doch nichts zur Sache! Sie können heute nicht nach London reisen – das steht
fest!»
«Ich kann
und ich werde!»
«Nicht mit
meiner Hilfe!» sagte Laurence mit Schärfe.
Bisher
hatte niemand Tiffanys Wünsche so abgewiesen; es kostete sie einen schweren
Kampf, sich zu beherrschen.
«Ich wäre
Ihnen sehr dankbar!»
«Das glaube
ich Ihnen! Das könnte mir noch fehlen! Herrgott! Das wäre ein Tiefschlag, wenn
ich etwas so Unvorsichtiges täte: mit einem Mädchen Ihres Alters nach London zu
fahren – und nichts zwischen uns als eine kleine Hutschachtel!» Er blickte mit
tiefem Mißfallen auf diesen unschuldigen Gegenstand.
«Ich habe
ja nicht daran gedacht, in Ihrem Wagen zu fahren – in der Postkutsche
natürlich!»
«Ja, und
zweifellos vierspännig!»
Sie nickte,
überrascht, daß er es für notwendig hielt, über etwas so Selbstverständliches zu
sprechen. Ihr unschuldsvoller Blick – bedacht, ihn zu betören – machte ihn
wütend.
«Haben Sie
denn eine Ahnung, was das kostet?»
«Was hat
das zu bedeuten? Mein Onkel wird alles bezahlen!» rief sie ungeduldig aus.
«Schon
möglich, aber er ist nicht hier!»
«Er wird
alle Unkosten begleichen, wenn ich nach London komme!»
«Sie werden
nicht nach London kommen! Wer wird den ersten Postillion bezahlen? Und wer den
Pferdewechsel? Und selbst wenn Sie zur ersten Poststation kämen, wer bezahlt
Ihr Quartier? Sie wissen, es sind mindestens zweihundert Meilen nach London –
oder wissen Sie das nicht? Und was noch mehr zählt, Sie können nicht,
alleinreisend, in einem Postquartier unterwegs übernachten! Es würde mich nicht
wundern, wenn man Sie gar nicht aufnähme! Nun – ich muß sagen, das Ganze ist –
so etwas habe ich noch nicht gehört! Denken Sie doch einmal nach, Miss Wield,
und glauben Sie mir, Sie können etwas so Verrücktes nicht tun!»
«Geben Sie
etwas auf das Geschwätz der Leute?» fragte sie zornig. «Ja!»
«Erbärmlich!
Ich nicht!»
«Ich weiß,
Sie nicht! Sie sind zu jung, um zu wissen, wovon Sie reden. Wenn Sie unbedingt
nach London wollen, bitten Sie doch Miss Trent, Sie hinzubringen!»
«Oh, wie
stupid Sie sind!» rief sie leidenschaftlich. «Die würde es doch nicht
tun!»
«Nun, das
sagt alles! Trinken Sie Ihre Limonade wie ein braves Kind, und ich fahre Sie
nach Staples zurück. Niemand braucht zu wissen, wo wir waren. Sagen Sie
einfach, wir sind weiter gefahren, als wir beabsichtigten.»
Sie
bezähmte ihr Verlangen, ihm das Limonadenglas an den Kopf zu werfen, und sagte
schmeichelnd: «Ich weiß, daß Sie nicht so grausam sein können, mich nach
Staples zurückzubringen – ich würde lieber sterben als zurückkehren! Kommen Sie
doch mit mir nach London! Wir könnten so tun, als wären wir verheiratet. Das
wäre doch ein Ausweg?»
«Wissen
Sie», sagte Laurence streng, «Sie haben die verrücktesten Ideen, die ich je
gehört habe! Nein! Das wäre kein Ausweg!»
Sie sah ihn
aufreizend an und sagte mit Augenaufschlag: «Was wäre, wenn ich Sie wirklich
heirate? Vielleicht werde ich es tun.»
«Ja, und
vielleicht werden Sie es auch nicht tun! Da hört sich doch alles auf!»
«Sie
wissen, daß ich sehr reich bin. Mein Cousin sagt, deshalb laufen Sie mir nach.»
«So, sagt
er das? Sagen Sie Ihrem teuren Cousin – mit meinen Empfehlungen –, daß ich
nicht so ein Tropf bin, mit einem Mädchen durchzugehen,
das erst nach vier Jahren in den Besitz ihrer Erbschaft kommen
wird!» sagte Laurence sehr erregt. «Und noch etwas: Ich würde es auch nicht
tun, wenn Sie volljährig wären, denn erstens möchte ich
Sie nicht heiraten, zweitens bin ich kein armseliger Galgenvogel und würde
solche Streiche nie ausführen, auch nicht, wenn ich aus dem letzten Loch
pfiffe!»
«Sie
möchten mich nicht heiraten?» Tiffany schnappte nach Luft und begann plötzlich
zu weinen.
Entsetzt
sagte Laurence: «Ich gehe nicht auf Freiersfüßen! Und selbst wenn ... Beim
Himmel, hören Sie auf zu weinen, ich habe es nicht so
gemeint – das heißt – alle anderen Männer wollen Sie doch heiraten. Es soll
mich nicht wundern, wenn Sie noch eine Fürstin werden! Ich versichere Ihnen,
Sie sind das schönste Mädchen, das meine Augen je erblickt haben!»
«Niemand
möchte mich heiraten!» schluchzte Tiffany.
«Mickleby,
Banningham, Ash ...»
«Die!» sagte Tiffany verächtlich. «Aber
auch die wollen nicht. Ich wünschte, ich wäre tot!»
«Die
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