Georgette Heyer
reiten ...»
«Aber Sie
werden nicht reiten, Miss Colebatch», sagte Julian. «Underhill bringt Ihnen
einen Wagen, und keiner von uns reitet nach Knaresborough. Es ist viel zu
heiß!»
«Ja,
Lizzie, so ist es», versicherte ihr Courtenay. «Ich breche jetzt auf, und ich
sage dir eines: ich beschaffe dir einen Schirm, um dich vor der Sonne zu
schützen, und wenn ich ihn stehlen muß. Bleibe jetzt ruhig mit Miss Trent im
Schankzimmer, bis ich zurückkomme. Ich hoffe, es wird nicht viel länger als
eine Stunde dauern.»
«Eine
Stunde!» rief Tiffany. «Was soll ich indessen machen? Ich frage: stellst du dir
vor, daß ich die ganze Stunde in dem stickigen, widerlichen Schankzimmer
bleibe? Das tu ich nicht!»
«Oh, jetzt
ist es widerlich und stickig?» sagte Courtenay. «Hast du nicht gesagt, es würde
dir nichts ausmachen, den ganzen Tag hier zu bleiben? Ja, du kannst mich mit
deinen Blicken erstechen, wenn du willst, aber ich weiß, was du bist: eine
selbstsüchtige, kleine Katze. Du scherst
dich den Teufel um irgend jemanden und denkst immer nur an dich! Du wirst dich
nie um andere sorgen.»
Tiffany
brach in Tränen aus. Nun traten auch in Miss Colebatch' Augen Tränen, Tränen
des Mitleids.
«Oh,
Courtenay! Nein, du darfst nicht –! Es ist doch nur meine Schuld! Wie dumm war
ich! Oh, Tiffany, ich bitte dich um Verzeihung!»
«Du bittest
sie um Verzeihung?» rief Courtenay.
«Mr.
Underhill, wollen Sie jetzt, bitte, den Mund halten?» sagte Miss Trent mit der
ganzen Autorität ihrer Stellung. «Tiffany, hör auf zu weinen! Wenn dir nichts
daran liegt, hierzubleiben, so reite mit deinem Cousin nach Bardsey. Dann könnt
ihr weiter streiten, ohne uns lästig-zufallen.»
Courtenay
wollte etwas sagen, doch ein mahnender Blick hieß ihn schweigen.
«Ich will
nicht!» schluchzte Tiffany. «Ich hasse Courtenay, und ich will nicht nach Bardsey!»
Miss Trent,
die nur zu gut wußte, wie leicht Tiffany sich in einen hysterischen Anfall
hineinredete, warf einen hilfesuchenden Blick in die Runde. Lindeth preßte die
Lippen fest zusammen und blickte zu Boden. Niemand sprach ein Wort. Da schlenderte
der Unvergleichliche, sichtlich amüsiert, auf Tiffany zu und sagte: «Komm,
komm, mein Kind! Die schöne Miss Wield mit rotgeweinten Augen? O nein, ich
beschwöre Sie, ich kann das nicht mit ansehen!»
Sie blickte
unwillkürlich zu ihm auf und schluckte die letzte Träne. «Rotgeweint? Sind sie
das wirklich?»
Er griff
mit einem Finger unter ihr Kinn, hob ihren Kopf und prüfte ihn mit dem
strahlenden Lächeln, das schon so viele Frauen fasziniert hatte. «Gott sei
Dank, nicht. Nur eine wilde Hyazinthe, vom Tau benetzt!»
Wie durch
einen Zauber wurde sie lebendig. «Wirklich? Oh, wie hübsch!»
«Ich sage
Ihnen: hinreißend!»
Sie
antwortete mit einem entzückten Lächeln: «Wie hübsch gesagt.»
«Nicht
wahr?» Er trocknete ihre Wangen mit seinem eigenen Taschentuch. «Was für lange
Wimpern Sie haben! Verwickeln sie sich nie?»
«Natürlich
nicht! Wie können Sie so dumm fragen? Sie wollen mir nur schmeicheln.»
«Unmöglich!
Wollen Sie wirklich nicht nach Bardsey reiten?» Sofort überzog eine Wolke ihr
Gesicht. «Mit Courtenay? Nein, danke!»
«Mit mir?»
«Mit Ihnen?
Aber Sie reiten doch nicht – oder ja?»
«Nur wenn
Sie reiten.»
Ein
kokettes Lächeln spielte um ihre Lippen. «Ancilla würde es nicht gestatten»,
sagte sie mit einem herausfordernden Blick auf ihre Gouvernante.
«Was, da
doch Courtenay mit uns sein wird?» Er wandte sich mit einem Augenzwinkern an
Miss Trent. «Was meinen Sie, Ma'am?»
Sie hatte
das Gespräch mit gemischten Gefühlen angehört, geteilt zwischen Dankbarkeit,
daß er einen Sturm abwendete, und Unmut über die bedenkenlose Methode, deren er
sich bediente. Ihr Blick sprach Bände, aber sie sagte nur: «Ich bin überzeugt,
daß Mrs. Underhill nichts dagegen hätte, wenn Courtenay dabei ist.»
«Dann gehe
ich und sattle das Pferd. Julian, bitte bleibe hier, halte Wacht und betreue
die Damen!»
«Gewiß»,
antwortete Julian ruhig.
«Es sei
denn, Sie wollen uns begleiten», meinte Tiffany und hatte schon vergessen, daß
man sich darüber einig war, zwei wehrlose Damen nicht allein in einem
Wirtshaus zurückzulassen.
«Nein, ich
danke Ihnen», sagte er und wandte sich von ihr ab, um Miss Colebatch mit
freundlichem Lächeln zu überreden, sich wieder in das Schankzimmer
zurückzuziehen.
Miss Trent
war der entsetzte Ausdruck in seinem Gesicht nicht entgangen, als ihm
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