Gepaeckschein 666
Fenster. „Am Montag, dem 4. März, werden in einer Bank einhundert -zweiundvierzigtausend Mark geraubt.“
„Und zwar von einer insgesamt neunköpfigen Bande“, bemerkte Peter. Er griff gerade nach dem Honig.
„Die Polizei schnappt sieben“, fuhr Francis fort, „aber die sieben behaupten, nicht zu wissen, wo das geraubte Geld geblieben ist, beziehungsweise die Polizei kriegt es einfach nicht aus ihnen heraus; sie erfährt auch nichts über den Chef der Bande.“
„Dieser Chef soll ein internationaler Verbrecher namens ,Schwarze Rose’ sein“, ergriff jetzt Peter wieder das Wort und nahm einen Schluck aus seiner Kakaotasse. „Bei ihm ist noch sein Komplice, über den überhaupt nichts bekannt ist.“
Francis wippte auf den Zehen und überlegte, dabei bekam er eine Falte quer über die Stirn und sah vor sich auf den Zimmerteppich. „ Allright “, sagte er jetzt wieder einmal und marschierte los, immer zwischen dem Fenster und dem Frühstückstisch hin und her. „Heute, am Freitag, dem 15. März, also rund zehn Tage später, liegt das ganze geraubte Geld hier im Hotel ATLANTIC, Zimmer 310, unterm Sofa.“
„Es ist einfach nicht zu glauben!“ bemerkte Peter geradezu feierlich.
Francis unterbrach seinen Spaziergang für einen Augenblick. Aber dann stellte er abschließend fest: „Das sind also die Tatsachen!“ Dabei zog er seinen Bademantelgürtel enger zusammen und verknotete den Gürtel. Dann erklärte er: „Von jetzt ab wird die Sache erst interessant! Jetzt geht es nämlich darum, aufgrund der Tatsachen, die man kennt, richtig zu kombinieren. Wenn du auch nur eine oder zwei Detektivgeschichten gelesen hast, mußt du wissen, daß es allein auf die richtigen Schlußfolgerungen ankommt. Ein Detektiv muß richtig kombinieren können, das ist es!“
Francis nahm ein Stück Würfelzucker vom Frühstückstisch, er warf es in die Luft und fing es im Mund wieder auf. „Ich kombiniere also“, sagte er jetzt: „ Die ,Schwarze Rose’ ist nach dem Banküberfall zuerst einmal untergetaucht. Das viele Geld brannte ihm auf den Fingern, und so wollte er es los sein, zumindest, bis sich die Polizei wieder etwas beruhigt hatte. Er packte es also in diesen völlig unauffälligen Koffer und gab es zur Gepäckaufbewahrung —“
„Kein Mensch glaubt natürlich, daß in so einem Koffer, der mit einer Wäscheleine zugeschnürt ist, einhundertzweiundvierzigtausend Mark liegen“, überlegte Peter weiter. „Gar nicht so dumm!“
„Wenn wir jetzt diesen Kriminalkommissar Lukkas anrufen würden“, überlegte Francis, „was würde er tun?“ Peter biß sich auf die Unterlippe und legte seinen Zeigefinger an die Nase. Die Sache fing an, schwierig zu werden.
Plötzlich sah er auf: „Wir hätten den Koffer gar nicht berühren dürfen!“
„Wieso?“ fragte Francis.
„Wegen der Fingerabdrücke!“
„Wenn diese ,Schwarze Rose’ wirklich international ist, arbeitet sie mit Handschuhen“, meinte Francis.
„Ganz abgesehen davon, daß der Koffer inzwischen von den Leuten bei der Gepäckaufbewahrung wie auch jetzt von dir und mir angefaßt worden ist.“
„Das stimmt“, gab Peter zu und überlegte weiter.
„Ganz einfach“, sagten plötzlich beide Jungen gleichzeitig.
„Bitte!“ ließ Francis dem anderen den Vortritt. Wie man sieht, waren sie immer noch sehr höflich zueinander.
„Wie gesagt: ganz einfach“, fuhr also Peter fort. „Vorerst weiß der Kerl ja nicht, daß sein Koffer weg ist. Er wird also über kurz oder lang zur Gepäckaufbewahrung kommen, um sich sein Geld, also den Koffer abzuholen.“
„Sehr richtig!“ stimmte Francis zu. „Oder er schickt wenigstens seinen Genossen oder einen Mittelsmann.“
„Wir müssen Kriminalkommissar Lukkas anrufen, damit er sofort die Gepäckaufbewahrung überwachen läßt!“ Peter wurde schon wieder aufgeregt.
„Hm“, überlegte Francis und grub seine Hände tief in die Taschen des kornblumenblauen Bademantels, „eigentlich ist es jetzt ein Kinderspiel, diese ,Schwarze Rose’ und ihren Helfer zu fassen. Aber so, wie sich dieser Lukkas gestern benommen hat, verdient er es nicht, daß wir ihm die Sache so leicht machen! Nachher bläst er sich bestimmt auf wie ein Luftballon, und uns lacht er wieder aus! Übrigens bezweifle ich seine Fähigkeiten!“ Francis nahm sich wieder einmal ein Stück Würfelzucker. „Wer garantiert uns, daß er nicht gleich ein ganzes Überfallkommando in der Bahnhofshalle aufmarschieren läßt? Zuzutrauen ist es
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