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Gequält

Gequält

Titel: Gequält Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Hans Koppel
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hängen, den er nicht kannte, weswegen er sich alt fühlte. Er googelte den Schauspieler und stellte fest, dass der Dreiundzwanzigjährige in etlichen, ihm ebenfalls unbekannten Filmen mitgewirkt hatte. Er fühlte sich noch älter. Seine deprimierende Internetsuche wurde von einem Pling unterbrochen. Er hatte eine Mail von Margit erhalten. Calle holte tief Luft und öffnete sie. Er wusste aus Erfahrung, dass sich die Interviewten nur selten im Text wiedererkannten. Das kann ich doch wohl nicht gesagt haben? Ich meinte genau das Gegenteil. Wo haben Sie das eigentlich her?
    »Hallo, Calle. Ich habe Ihren Artikel gelesen. Er ist sehr gut. Ich habe keine Fehler gefunden. Ich freue mich schon darauf, ihn gedruckt zu sehen. Ich habe Ihre Nachricht auf dem Anrufbeantworter gehört, aber sie war schlecht zu verstehen. Wie hieß der von Ihnen erwähnte Freund von Kent? Noch einmal vielen Dank für den schönen Artikel. Ihre Margit.«
    Calle war sich wie der größte Betrüger der Weltgeschichte vorgekommen, als er den Text verfasst hatte, ein Lügner bis in die Fingerspitzen, mit denen er den Text in die Tastatur hackte. Jedes Wort war eine Lüge, und trotzdem hatte sie keine Fehler gefunden. Vielleicht gerade deswegen.
    Calle ohrfeigte sich selbst als Strafe dafür, wie zynisch und gemein er war. Er wusste nichts über den Jungen. Eine tyrannische Klassenlehrerin hatte sich abfällig über den seit fünfzehn Jahren toten Jungen geäußert, und er hatte den Köder geschluckt. Reiß dich zusammen, ermahnte er sich und beantwortete dann die Mail:
    »Hallo, Margit! Freut mich, dass Ihnen der Text gefällt. Ich habe mit der Zeitschrift telefoniert. Sie sagen, dass die am Hafen aufgenommenen Fotos gut geworden sind. Ich bin mir nicht sicher, ob es sich wirklich um einen Freund von Kent handelt, aber sie sind in dieselbe Klasse gegangen. Er heißt Anders Malmberg und arbeitet bei einer Abendzeitung. Ich kenne ihn nicht persönlich, habe aber seine Eltern Åsa und Bengt über einen Freund kennengelernt, der ihr Sommernachbar auf einer Schäreninsel ist. Alles Gute und herzliche Grüße, Ihr Calle Collin.«
    Sommernachbar? Das Wort hatte Margit noch nie gehört. Sie stellte sich einen Stockholmer im weißen Frotteebademantel vor. Katta hatte erzählt, dass sie so in Torekov herumliefen. Außerdem begrüßten sie sich mit Wangenküsschen.
    Ein Klassenkamerad? Margit googelte Anders Malmberg und stellte zu ihrem großen Erstaunen fest, dass der Bursche es auf tausend Treffer brachte. Er hatte unendlich viel geschrieben, und es gab auch Fotos von ihm. Sie erkannte ihn nicht.
    Plötzlich verspürte sie eine große Traurigkeit. Wenn es das Schicksal anders gewollt hätte, wäre Kent jetzt vielleicht an seiner Stelle gewesen.

15
    Anders Malmberg suchte nach Hintergrundmaterial auf amerikanischen und englischen Webseiten, als er eine Hand auf seiner Schulter spürte. Er drehte den Kopf nach hinten und lächelte. Die Chefredakteurin sah ihn auffordernd an.
    »Kann ich ein paar Worte mit dir wechseln?«
    Anders schluckte.
    »Jetzt?«
    »Ja, jetzt.«
    Anders erhob sich und folgte seiner Chefin in ein leeres Besprechungszimmer.
    »Nimm Platz«, sagte sie und deutete auf einen der Stühle.
    Anders setzte sich, und die Chefredakteurin nahm ihm gegenüber Platz. War aufgeflogen, dass er ein Bluff war? Dass er seine Meinungen über ausländische Serien größtenteils aus dem Internet bezog? Hatte sich irgendein Moderator, dem er auf die Zehen getreten war, gemeldet und beschwert? Nein, diese Gefahr bestand nur, wenn dieser Moderator zufällig mit der Chefredakteurin befreundet war, und diese hatte glücklicherweise für Promis nicht viel übrig.
    »Okay«, sagte sie und schob ein Papier über den Tisch.
    »Was ist das?«, fragte Anders und schaute auf das Blatt.
    Es war eine Liste mit Zahlen in der rechten Spalte.
    »Die meistgelesenen Artikel.«
    Anders überflog die Artikelüberschriften und ihr Ranking nach Leserzahlen. Ein Lächeln, das er nicht zügeln konnte, breitete sich auf seinem Gesicht aus.
    »Stimmt das?«, fragte er und versuchte, seine Stimme auf glaubwürdige Weise bescheiden zweifelnd klingen zu lassen.
    »Das ist die reinste Klickorgie«, meinte die Chefredakteurin. »Es scheint keine Rolle zu spielen, worüber du schreibst.«
    Anders schluckte und legte das Papier beiseite. Er wollte nicht zu lange in die Sonne starren und sich dem Risiko der Verblendung aussetzen.
    »Es gibt aber auch andere Reaktionen«, meinte die

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