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Germania: Roman (German Edition)

Germania: Roman (German Edition)

Titel: Germania: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Harald Gilbers
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Behringer ihn schuldbewusst an. Kleinlaut fügte sie hinzu: »Nur, dass sie verlobt waren, stimmt nicht. Entschuldigung. Er hat sie wohl sitzenlassen, als sie schwanger wurde. Kurz darauf wurde er eingezogen.«

    Dies sollten die einzigen brauchbaren Informationen bleiben, die Oppenheimer an diesem Tag in Erfahrung brachte. Seine übrigen Gesprächspartner waren weitgehend ahnungslos. Die Arbeiter im Lager hatten Fräulein Friedrichsen nur gelegentlich zu Gesicht bekommen. Ab und zu war sie aus dem Büro getreten, um vom Lagerverwalter Häffgen Lieferscheine einzusammeln oder ihm eilige Bestellungen zu überreichen. Nur durch beharrliches Fragen fand Oppenheimer heraus, dass unter den Männern bereits das Gerücht die Runde gemacht hatte, Inge Friedrichsen hätte etwas mit dem Lebensborn zu tun. Einer der Lagerarbeiter namens Bertram Mertens schien ihr daraufhin eindeutige Angebote gemacht zu haben, doch nach Angaben von Fräulein Behringer ohne Erfolg.
    Eine weitere Frage blieb noch offen. Oppenheimer konnte sie erst stellen, als Höcker wieder anklopfte und neugierig in das Zimmer hereinschielte. »Entschuldigung, ich möchte nicht drängen, aber ich müsste an meine Unterlagen ran.«
    »Komm rein. Ich bin schon fertig. Nur eine Frage habe ich noch. Wer ist Miteigentümer der Firma? Ich nehme an, deine Söhne?«
    »Insgesamt gibt es drei Eigentümer. Ehrlich gesagt, habe ich nur einen Sohn. Karl. Es heißt nur deshalb Höcker & Söhne, weil die Mehrzahl besser klingt.«
    »Und wo war er, als Fräulein Friedrichsen verschwand?«
    »Ich schätze mal, dass er in Italien war.«
    Oppenheimer blickte ihn überrascht an. Dann verstand er. »Er ist dort stationiert?«
    Höcker seufzte vielsagend. »Allerdings, ausgerechnet Italien. Freitag gab es dort unten eine Offensive der Amerikaner. Gut so, wird er ein bisschen Felderfahrung bekommen. Bildet den Charakter. Das sieht man ja am besten an uns beiden, nicht wahr?« Er lachte, dann wurde er wieder ernst und beugte sich vertraulich zu Oppenheimer vor. »Ich weiß ja auch nicht mit dem Jungen. Aber du kennst das sicher auch, Richard. Zuerst wollte er nicht zum Kommiss, stell dir das mal vor! Aber dann habe ich ihm gesagt, Karl, du kannst dich nicht drücken, wenn das Vaterland und der Führer nach dir rufen. Es ist deine Pflicht als Volksgenosse. Nun ja, und als ich damit gedroht habe, ihn zu enterben, ist er schließlich gegangen. Die Jugend heutzutage.« Er schüttelte resigniert den Kopf.
    »Du hattest drei Eigentümer erwähnt«, erinnerte Oppenheimer ihn.
    »Ach so, natürlich. Tja, der dritte Miteigentümer unserer Firma ist die SS.«
    Oppenheimer fragte erstaunt: »Wie kommt das zustande?«
    »Ja, hast du das denn nicht gewusst? Früher haben wir mit Mineralwasser und Brausen gehandelt. Vor ein paar Jahren sind sie dann mit eingestiegen. Natürlich firmiert die SS unter anderem Namen. Sie besitzen ein paar eigene Quellen und haben später auch noch andere übernommen. Niederselters, Apollinaris – du würdest nicht glauben, wo sie überall ihre Finger drin haben. Mittlerweile kontrollieren sie drei Viertel des Mineralwassermarktes, stell dir das mal vor. Nun ja, seitdem werden wir quasi direkt von der Partei beliefert. Allerdings habe ich festgestellt, dass die Gewinnspanne bei Alkoholika größer ist, deswegen habe ich dann eine neue Firma gegründet und das Sortiment umgestellt. War auch kein Problem, ich musste nur die Dinge vorher mit meinen Ansprechpartnern im Wirtschaftsverwaltungshauptamt besprechen, und schon lief die Kiste. Es ist nur ein bisschen schwierig, an halbwegs vernünftiges Bier heranzukommen. Ich kann dir jeden Tropfen organisieren. Whisky, Scotch, Sherry, auch Bordeaux oder Champagner in Massen, was immer du willst. Die SS kann alles besorgen. In den besetzten Gebieten gibt es riesige Lager. Aber Bier? Denkste, Pustekuchen! Aber mal ehrlich, was verstehen Franzosen schon von Bier. Da müssen sie noch dran arbeiten.« Höcker grinste breit.

    Später saßen Vogler und Oppenheimer in Zehlendorf zusammen, um ihre Informationen auszutauschen.
    »Haben sie Bertram Mertens vernommen?«, fragte Oppenheimer.
    »Mertens? Moment.« Vogler blickte in seine Unterlagen. »Ja, ein Bertram Mertens. Anscheinend hat er Fräulein Friedrichsen vor ein paar Monaten gefragt, ob sie mit ihm ausgehen möchte. Er hat wohl einen Korb bekommen. Sonst konnte er nicht viel sagen. Er hat angegeben, dass er an diesem Abend am Wannsee war. Ist dort spazieren gegangen. Wird

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