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Gesammelte Werke

Gesammelte Werke

Titel: Gesammelte Werke Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Robert Musil
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vergiften;» verbesserte ihn Leo «ich werde niemand den Gefallen tun, wie ein Adeliger oder wie ein Sektionschef zu sterben! Aber ich habe es auch gar nicht nötig gehabt. Wissen Sie, was eine Versteifung, eine vorübergehende Illiquidität ist? Nun also! Es ist in meiner Familie ein lächerliches Aufheben davon gemacht worden, das man heute schon sehr bedauert!»
    «Sie haben mir übrigens nie ein Wort davon gesagt,» rief Ulrich, dem es gerade einfiel, lachend aus «daß Sie der Freund Leonas geworden sind; ich hätte ein Anrecht gehabt, wenigstens das zu erfahren!»
    «Haben Sie eine Ahnung, wie sich dieses Frauenzimmer mir gegenüber betragen hat? Unverschämtheit! Ihre Erziehung!»
    «Ich habe Leona immer gelassen, wie sie ist. Ich nehme an, daß sie durch ihre natürliche Dummheit in wenigen Jahren als Pensionärin eines Bordells enden wird.»
    «Weit gefehlt! Ich bin übrigens nicht so herzlos wie Sie, lieber Freund, ich habe mich bemüht, in Leona ein wenig die Vernunft und sozusagen den Wirtschaftsgeist in der Ausnutzung ihres Körpers zu wecken. Und an dem Abend, wo meine Illiquidität sich mir fühlbar zu machen begann, bin ich zu ihr gegangen, um mir einige hundert Kronen auszuborgen, von denen ich annahm, daß Leona sie auf die Seite gelegt haben sollte. Sie hätten dieses Weibsbild hören sollen, wie sie mich einen Filz, einen Räuber, ja sogar bei meiner Religion beschimpft hat; einzig und allein, daß sie nicht behauptete, ich hätte ihr die Unschuld gestohlen. Aber mit Leonas Zukunft irren Sie sich: wissen Sie, wen sie jetzt zum Freund hat, gleich nach mir?»
    Er beugte sich zu Ulrich und flüsterte ihm einen Namen ins Ohr, mehr aus Respekt tat er das, als weil Flüstern notwendig gewesen wäre. «Was sagen Sie dazu? Man muß zugeben, sie ist eine Schönheit.»
    Ulrich war tatsächlich erstaunt, der Name, den ihm Fischel zugeflüstert hatte, war der Arnheims.
    Ulrich erkundigte sich nach Gerda. Fischel blies die Luft zwischen den sich wölbenden Lippen aus seiner Seele, sein Gesicht wurde ängstlich und verriet verheimlichte Sorgen. Er hob die Schultern und ließ sie müde sinken. «Ich habe mir gedacht, daß Sie vielleicht wissen, wo sie sich aufhält.»
    «Ich habe eine Vermutung,» antwortete Ulrich «aber ich weiß nichts. Ich denke mir, sie wird eine Stellung angenommen haben.»
    «Stellung? Als was? Als Fräulein in einer Familie mit kleinen Kindern! Denken Sie, da nimmt sie eine Stellung als Dienstbote an und könnte jeden Luxus haben! Ich habe erst gestern wegen eines Hauses abgeschlossen, prima Lage, eine Wohnung darin, die ein Palais für sich ist: Aber nein, nein, nein!»
    Fischel fuhr sich mit den Fäusten ins Gesicht, sein Schmerz um die Tochter war ehrlich oder war wenigstens der ehrliche Schmerz darüber, daß sie ihn hinderte, seinen Sieg ganz zu genießen.
    «Warum wenden Sie sich nicht an die Polizei?» fragte Ulrich.
    «Ach, ich bitte Sie, ich kann meine Familienangelegenheiten doch nicht an die große Glocke hängen! Übrigens will ich es ja tun, aber meine Frau erlaubt es nicht. Ich habe meiner Frau sofort zurückgezahlt, was sie durch mich verloren hatte; die hohen Herren Brüder sollten sich nicht den Mund über mich zerreißen! Und schließlich ist Gerda doch so gut ihr Kind wie meines. Ich will da nichts ohne ihre Zustimmung tun. Sie fährt den halben Tag in meinem Wagen herum und sucht sich die Augen aus. Das ist natürlich Unsinn, so macht man es nicht. Aber was kann man tun, wenn man mit einer Frau verheiratet ist?»
    «Ich dachte, Sie wären schon in Scheidung?»
    «Waren wir auch. Das heißt, nur in Worten. Noch nicht bei Gericht. Die Rechtsanwälte hatten eben erst die ersten Schüsse abgegeben, als sich meine Verhältnisse zusehends besserten. Ich weiß selbst nicht, wie wir jetzt zu einander stehen; ich glaube, Klementine wartet auf eine Aussprache. Sie wohnt natürlich immer noch bei ihrem Bruder.»
    «Aber warum beauftragen Sie denn nicht einfach ein Detektivbüro, Gerda zu finden?!» rief Ulrich dazwischen, dem das gerade einfiel.
    «Sollte man tun» meinte Fischel.
    «Die Spur führt doch sicher über Hans Sepp!»
    «Meine Frau will dieser Tage noch einmal zu Hans Sepp hinausfahren und ihn bearbeiten; er sagt nichts.»
    «Ach, wissen Sie was? Hans muß doch jetzt zum Militär eingerückt sein, erinnern Sie sich nicht?! Er hatte wegen irgendwelcher Prüfungen, die er dann doch nicht gemacht hat, ein halbes Jahr Aufschub bekommen, er muß vor vierzehn Tagen

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