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Gesammelte Werke 6

Gesammelte Werke 6

Titel: Gesammelte Werke 6 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Arkady Strugatsky
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macht’s dir schon aus? Er sagt, du kannst ihn nicht leiden. Warum denn nicht? So ein harmloser Wicht, der keiner Fliege was zuleide tut … Na, was guckst du so frostig? Was hat er dir getan?«
    »Ich hab den Kerl satt«, antwortet Natalja mit einem seltsamen Gesichtsausdruck.
    »Na, dann erst recht! Gib ihm sein Testat, und du bist ihn los. Sei nicht so streng!«
    »Gut, ich werd’s mir überlegen.«
    »Wunderbar! Ich weiß doch, was für ein gutes Herz du hast.«
    »Er soll morgen um diese Zeit zu mir kommen, sag ihm das.«
    »Er wird nicht kommen, sondern auf den Knien kriechen!«, versichert Snegirjow. »Mit einer Tafel Schokolade zwischen den Zähnen!«
    »Bloß nicht zwischen den Zähnen«, widerspricht Natalja ernst.
    Es dämmert bereits. Snegirjow unternimmt noch einen Versuch, sich von seinen Flaschen zu befreien. Er stellt sich ans Ende einer Schlange, deren Anfang in einem Keller verschwindet. Er wartet eine Weile, zündet sich eine Zigarette an und blickt auf die Uhr, dann tritt er unschlüssig von einem Bein aufs andere und wendet sich schließlich an den hinter ihm Stehenden: »Hör mal, nimmst du mir meine Flaschen ab? Ich überlasse sie dir zu fünf Kopeken das Stück.«
    Der Mann erwidert mit finsterem Humor: »Vielleicht kaufst du mir ja meine zu vier Kopeken ab?«
    Snegirjow seufzt und verlässt, nachdem er noch eine Weile gewartet hat, die Schlange.
    Er betritt eine Grünanlage am Rand einer schmalen Straße, die wegen Bauarbeiten für den Verkehr gesperrt ist. Es ist eine stille, unbelebte Straße mit aufgerissener Fahrbahndecke und Haufen von Pflastersteinen, die sich auf dem Gehweg türmen.
    Als er bemerkt, dass der Schnürsenkel an seinem rechten Schuh lose ist, geht Snegirjow zu einer Bank, stellt das Netz auf die Erde und setzt den rechten Fuß auf den Rand der Bank, als es in seinem Netz plötzlich klirrt und scheppert.
    Ein Pflasterstein, der aus einer unbekannten Richtung angeflogen kam, hat unter den Flaschen einen nicht wiedergutzumachenden Schaden angerichtet. Die Erde rings um Snegirjows Füße ist mit Glassplittern übersät.
    Verblüfft sieht sich Snegirjow um. Die Grünanlage ist menschenleer. Die Straße ebenfalls. Die Abenddämmerung verdichtet sich. Im Netz, mitten im Scherbenhaufen, liegt ein lehmbeschmierter Pflasterstein so groß wie ein Kindskopf.
    »Na, hier ist ja was los«, sagt Snegirjow laut.
    Er macht Anstalten, sich nach dem Netz zu bücken, zuckt dann aber die Achseln und geht, die Hände in den Taschen vergraben, seiner Wege.
    Abends um sechs Uhr betritt Snegirjow das »Kaukasische Restaurant«. Er bleibt an der Tür stehen, sieht sich suchend um, und schon schwebt der Oberkellner Pawel Pawlowitsch, ein großer braungebrannter Mann im schwarzen Frack und mit einer Nelke im Knopfloch, majestätisch auf ihn zu.
    »Sie haben uns lange nicht mehr mit Ihrem Besuch beehrt, Felix Alexandrowitsch«, dröhnt Pawel Pawlowitschs Bassstimme. »Geschäfte? Sorgen? Viel zu tun?«
    »Viel zu tun, Verehrtester, viel zu tun«, antwortet Snegirjow zerstreut. »Und die Sorgen nehmen auch nicht ab. Sie, Pawel Pawlowitsch, aber lassen sich anscheinend durch nichts unterkriegen. Sie sind und bleiben ein Athlet.«
    »Dank Ihren Gebeten, Felix Alexandrowitsch. Vor allem aber muss man seinen Körper ständig in Bewegung halten, nichts übertreiben und sich auf keinen Fall gehenlassen! Aber Sie kommen ja aus einem anderen Grund hierher. Wenn Sie sich dorthin, ans Fenster, bemühen möchten – Ana toli Sokratowitsch erwartet Sie.«
    »Danke, Pawel Pawlowitsch, ich sehe schon. Übrigens würde ich nachher gerne etwas zum Abendessen mit nach Hause nehmen. Zwei Weißbrote vielleicht und ein bisschen Schinken, ja? Schreiben Sie’s bitte an, Pawel Pawlowitsch. In Ordnung?«
    »Wird gemacht.«
    In diesem Augenblick ertönt hinter Snegirjow ein ohrenbetäubendes Klirren. Snegirjow macht einen Satz von fast einem Meter und dreht sich entsetzt um. Wassja, ein junger Kellner, hat jedoch nur ein Tablett auf ein fahrbares Metalltischchen fallen lassen.
    »Diese Schlafmütze hat auch noch zwei linke Hände«, stellt Oberkellner Pawel Pawlowitsch von oben herab fest.
    Anatoli Sokratowitsch Romanjuk, der Chefredakteur einer lokalen Zeitschrift, trinkt gerne, doch in Maßen, und isst dazu etwas Schmackhaftes; auch lädt er gern einen netten Menschen ein, besonders, wenn er etwas von ihm will.
    »Felix, du musst nur verstehen, was in erster Linie von dir verlangt wird«, sagt er, während er die Gabel,

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