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Gesandter des Teufels

Gesandter des Teufels

Titel: Gesandter des Teufels Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sara Douglass
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unter diesem Missbrauch genauso zu leiden wie du.«
    Er warf ihr einen verbitterten Blick zu. »Aber warum ? Warum das alles?«

    Sie holte tief Luft. »Weil du dich in mich verlieben musstest. Und du hattest eine solche Mauer aus Hass um dich herum errichtet. Sie musste durchbrochen werden. Tom, wir ...«
    »Du hast dich missbrauchen lassen, damit ich mich schuldig fühle und mich in dich verliebe?«
    Sie zuckte zusammen, und ihre Wangen röteten sich. Nach einer Weile senkte sie den Blick.
    Das war für Neville Antwort genug. »Du Ungeheuer«, sagte er.
    Ihre Wangen wurden noch röter, doch nun vor Wut statt vor Schuldgefühl. »Du musstest dich in mich verlieben. Tom ...«
    »Ich musste mich in dich verlieben? Ha!«
    »Liebe ist nicht Verdammnis«, flüsterte Margaret, »sondern Erlösung.
    Das musstest du erst noch begreifen.«
    Neville hob ruckartig den Kopf. Er konnte nicht glauben, was er gerade gehört hatte. Das waren die Worte, die der Heiland zu ihm gesprochen hatte.
    »Du warst in Lügen verstrickt, Tom«, fuhr Margaret fort, »und musstest von ihnen befreit werden. Du musstest die Liebe finden.«
    »Woher weißt du ... ?«
    Margaret lächelte traurig. »Woher ich weiß, was unser Herr, Jesus Christus, auf deiner Reise von Kenilworth nach London zu dir gesagt hat, Tom? Weil der Heiland unser Gebieter ist. Hai und ich, wir sind seine Diener.«
    »Du bist den Kräften des Bösen verfallen ... Wie sonst hättest du wissen können ...« Neville hielt inne, denn selbst in seinen eigenen Ohren klangen seine Worte nicht sonderlich überzeugend.
    Margaret wollte etwas erwidern, doch in diesem Moment hörten sie Schritte vor der Tür.
    »Ah«, sagte sie. »Hai ist wieder da.«
    Sie stand auf und stützte sich dabei auf die Armlehne des Stuhls. Sie schenkte Bolingbroke ein Lächeln, als dieser mit einer kleinen messingbeschlagenen Eichenschatulle unter dem Arm hereinkam.
    Neville erhob sich ebenfalls. Er konnte den Blick nicht von dem abwenden, was Bolingbroke unter dem Arm trug.
    Bolingbroke stellte die Schatulle auf dem Tisch ab. Sein Gesicht war gerötet, und Schweiß lief ihm über die Stirn.
    »Dieses verfluchte Ding«, sagte er.
    »Ich ... ich habe diese Schatulle schon hundert Mal gesehen!«, rief Neville.
    »Ja«, sagte Bolingbroke. »Sie befand sich immer unter all den anderen Truhen und Aktenschränken in meiner Schreibstube. Du hast viele Monate lang neben ihr gearbeitet, Tom.«

    Nevilles Blick ruhte noch immer wie gebannt auf dem Kästchen. Der heilige Michael hatte gesagt, dass ihm die Dämonen die Schatulle nicht ewig würden vorenthalten können, und er hatte recht behalten. Er hatte diese Schatulle jedes Mal gesehen, wenn er Bolingbrokes Schreibstube betreten hatte. Manchmal hatte sie in der Nähe des Schreibpults gestanden, an dem er gearbeitet hatte, manchmal neben dem Fenster oder sie war unter einem Bündel Schriftstücke oder einem der nie kleiner werdenden Stapeln von Bittschriften begraben gewesen.
    Mitunter hatte er sich sogar neugierig darüber gebeugt, doch jedes Mal war irgendetwas geschehen, das ihn abgelenkt hatte.
    »Diese Schatulle ist stets mit uns gereist«, sagte Neville. »Vom Savoy Palace nach Kenilworth und wieder zurück. Dann nach Gravensteen und Sluis und von dort aus hierher.«
    »Sie ist dir gefolgt, Tom«, sagte Bolingbroke.
    Vollkommen sprachlos blickte Neville auf. Er war nicht mehr länger wütend, sondern nur noch von unendlich tiefer Trauer erfüllt.
    Margaret beugte sich zu ihm hinüber und küsste ihn auf die Wange.
    »Wisse, dass ich dich liebe, Tom«, sagte sie, und damit verließ sie das Gemach.
    »Den wirst du brauchen«, sagte Bolingbroke zu Neville und holte einen Schlüssel aus dem Geldsäckchen an seinem Gürtel.
    Neville streckte langsam die Hand aus und nahm ihn entgegen.
    Er fühlte sich kalt und unangenehm an.
    »Auch ich habe dich in mein Herz geschlossen«, sagte Bolingbroke, und Neville blickte ihm in die Augen und wusste, dass er die Wahrheit sprach.
    Er nickte, unfähig, etwas zu erwidern.
    Bolingbroke sah ihn noch einen Moment lang an, dann verließ auch er das Gemach und schloss die Tür hinter sich.
    Neville stand lange Zeit da, ohne den Schlüssel oder die Schatulle anzuschauen.
    Dann hob er mit zitternder Hand den Schlüssel, steckte ihn in das Schloss der Schatulle und drehte ihn herum.
    Das Schloss gab ohne jeden Widerstand nach.
    Plötzlich wurde Nevilles Zittern so stark, dass er sich nicht mehr auf den Beinen halten konnte, und er sank

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