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Gesang des Meeres - Feehan, C: Gesang des Meeres - Turbulent Sea (6 - Joley u. Ilya Prakenskii)

Gesang des Meeres - Feehan, C: Gesang des Meeres - Turbulent Sea (6 - Joley u. Ilya Prakenskii)

Titel: Gesang des Meeres - Feehan, C: Gesang des Meeres - Turbulent Sea (6 - Joley u. Ilya Prakenskii) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Christine Feehan
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Eingeständnis kam so unerwartet, dass es ihr im ersten Moment vor Verblüffung die Sprache verschlug. Sie sah ihm forschend ins Gesicht. Wie immer war ihm keine Regung anzusehen. Ilja hatte nichts Weiches an sich. Er war hart und tüchtig und auf ihn konnte man zählen, wenn man ihn auf seiner Seite hatte. Sie wusste nicht, woher sie das über ihn wusste, aber sie war sich ganz sicher.
    »Inwiefern hat meine Stimme dein Leben verändert?«
    Ilja konnte das echte Erstaunen auf ihrem Gesicht sehen. Joley war so transparent; jeder Gedanke, der ihr durch den Kopf ging, wurde sofort an ihre lebhaften Gesichtszüge weitergeleitet. Er hatte keine lieblicheren und glücklicheren Erinnerungen. Brutale, unerfreuliche Erfahrungen, harte körperliche und geistige Arbeit und erbarmungslose Schmerzen hatten ihn geformt und zu dem gemacht, der er geworden war – und dann war Joley aufgetaucht. Sie hatte ihm, gänzlich unerwartet, seine Menschlichkeit zurückgegeben. Irgendwo tief im Innern all dieser ruhigen Disziplin und Selbstbeherrschung hatte sie ein längst vergessenes Gefühl angezapft. Sie hatte die Sonne für ihn scheinen lassen und ihn das Lachen gelehrt. Vielleicht klang es noch ein wenig eingerostet und war auch eher eine Seltenheit, doch er wusste jetzt, was wahres Glück war.
    Er räusperte sich, da ihm klar war, dass er ihr etwas sehr Persönliches anvertrauen würde. »Ich war an einem sehr üblen Ort, an einem schlimmen Ort, als ich deine Stimme erstmals gehört habe. Du klangst in meinen Ohren wie ein Engel, und ich habe nicht an Engel geglaubt. Ich kannte keine Freude im Leben, bis ich das erste Mal einen Song von dir gehört habe. Ich kannte Pflichten und das Überleben, aber keine Freude, und ich wusste auch nicht, was es bedeutet, wirklich am Leben
zu sein. Das hast du mir gegeben. Ich vermute, wenn du anderen dasselbe gibst, ist es die Opfer, die du bringst, durchaus wert, obwohl es mir, ehrlich gesagt, nicht passt, in welche Gefahr du dich dabei begibst. Vermutlich ist meine Haltung selbstsüchtig.«
    Joleys Augen wurden sanfter und glänzten regelrecht. Einen Moment lang bildete er sich ein, Liebe in ihren Augen zu sehen. Er hatte nie Liebe im Blick eines anderen Menschen gesehen, oder vielleicht hatte er sie auch nur nicht erkannt. Und er hatte sich auch keine größeren Gedanken darüber gemacht, bis sich seine Wege mit denen der Drake-Familie gekreuzt hatten. Sie alle besaßen ein großes Liebesvermögen, insbesondere Joley. Sie war unbändig und impulsiv, aber sie wusste, wie man glühend, leidenschaftlich und fürsorglich liebt. Ihm war nicht klar gewesen, dass er das für sich haben wollte, bis sie ihm das erste Mal unter die Augen gekommen war.
    »Ich wünschte, ich könnte ein so guter Mensch sein wie der, für den du mich hältst«, sagte Joley. »Ich bin so aufbrausend, dass ich mein Temperament die meiste Zeit zügeln muss. Ich bin überhaupt nicht so wie meine Schwestern, Ilja. Sie sind wirklich gute Menschen. Es sieht so aus, als könnte ich nicht verzeihen und nachsichtig sein, und ich neige dazu, an die Decke zu gehen, wenn Leute Dummheiten machen.« Sie wandte den Blick von ihm ab und zog den Kopf ein, als beschämte sie etwas an ihrem Charakter.
    Seine Eingeweide verkrampften sich, als er das begriff. » Warum fürchtest du dich so sehr davor, die zu sein, die du bist, Joley? An dir ist nichts auszusetzen.«
    Die Scheinwerfer entgegenkommender Fahrzeuge warfen Licht in den Bus und die Verkehrsgeräusche durchdrangen die Stille. Joley verschlang ihre Finger miteinander und zog die Schultern hoch.
    »Kann sein. Oder auch nicht. Man weiß nie wirklich, was sich im Innern eines Menschen verbirgt.«

    »Das trifft auf uns nicht zu. Wir sehen mehr und hören Dinge, die sonst niemand hört. Wir kommen allzu leicht mit den Seelen und den Gedanken anderer Menschen in Berührung. Du erkennst das Böse, wenn du es siehst. Ich erkenne es auch. Die meisten Menschen glauben, ›böse‹ sei nichts weiter als ein Wort. Wir wissen, dass das Böse existiert und dass es entsetzliche, verwerfliche Dinge anrichtet und sich ständig weiter ausbreitet. Wir sehen einander, und ich sehe nichts in dir, dessen du dich jemals schämen müsstest.«
    »Vielleicht siehst du mich nicht ganz und gar. Ich weiß, dass ich dich nicht ganz und gar sehen kann. Ich kann die Schatten deiner Aura nicht durchdringen. Ich habe flüchtige Blicke erhascht, aber du verbirgst dich sehr gut – sogar vor mir, und ich habe schon

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