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Geschenke aus dem Paradies

Titel: Geschenke aus dem Paradies Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Katie Fforde
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diesen Gegenstand »Klebeband, das man unter anderem auch dazu benutzen kann, Päckchen zuzukleben« getauft. Nel und Fleur benutzten es, um Hundehaare von ihren Kleidern zu entfernen.
    »Lass mich nur schnell meinen Mantel ausziehen, dann helfe ich dir suchen.«
    »Aber mach schnell, Mum! Ich hole Jamie vom Bus ab!«
    »Aber es ist doch noch gar nicht Wochenende! Seine Mutter erlaubt ihm doch sicher nicht, während der Woche herzukommen!«
    »Er hat Studienurlaub oder so etwas bekommen. Aber egal, wen interessiert das? Ich brauche mein schwarzes Top!«
    Nel enthielt sich jedweder Bemerkung, dass sie persönlich sich ein klein wenig Sorgen um die schulische Laufbahn ihrer Tochter machte, und dachte angestrengt nach.
    »Es ist wahrscheinlich in einer Reisetasche oder so«, fuhr Fleur fort. »Du weißt doch, dass du nie auspackst.«
    Das entsprach der Wahrheit. Nel dachte zurück und überlegte, wann sie das letzte Mal eine Nacht nicht zu Hause geschlafen hatte, und verließ hastig den Raum. Am oberen Ende der Treppe lehnte sie den Kopf gegen das Geländer und ließ die Tränen durch ihre fest zusammengepressten Lider sickern. Mit den Tränen kamen die harten, quälenden Schluchzer, die Nel nicht mehr erlebt hatte, seit sie aufgehört hatte, um Mark zu weinen. So also fühlte sich ein gebrochenes Herz an. Sie war über vierzig, und sie hatte so etwas noch nie zuvor gefühlt. Was bedeutete, dass sie Glück hatte. Aber als sie ins Badezimmer ging und das Klebeband zwischen den Überbleibseln ihrer Nacht mit Jake herausfischte, fühlte sie sich keineswegs glücklich. Ganz im Gegenteil.
    »Also, erzähl uns, wie es gelaufen ist!«
    Vivian hockte am Fußende des Bettes ihrer Mutter. Nel saß auf dem Stuhl. Vivians Mutter, Florence, saß aufrecht in ihrem Krankenhausbett und brannte förmlich darauf, etwas Neues zu erfahren.
    »Erzählen Sie mir zuerst, wie es Ihnen geht«, erwiderte Nel, ermutigt, ihre alte Freundin so wohlauf vorzufinden, obwohl sie im Krankenhaus lag.
    »Mir fehlt rein gar nichts!«, beharrte die alte Dame. »Nur weil ich auf ein paar Wassertropfen ausgerutscht bin, mir den Zeh angeschlagen habe und gefallen bin, schleppen sie mich hierher, ›für ein paar Tests‹. Huh! Man könnte meinen, das Gesundheitsministerium hätte keine Bettenknappheit zu beklagen. Und jetzt will ich alles wissen.«
    »Ich habe Ihnen etwas zum Lesen mitgebracht. Ich dachte, Sie langweilen sich vielleicht.«
    »Vielen Dank, Kind, das ist sehr lieb von Ihnen. Aber Vivian hat mir alles darüber erzählt, dass Sie sich mit diesem grässlichen Mann treffen wollten.«
    »Ja«, sagte Vivian, »und ich lechze danach, endlich zu erfahren, wie es gelaufen ist.«
    Nel lachte. Die Aussicht, Florence und Viv von ihren jüngsten Demütigungen zu berichten, und das in der hellen, klinischen Atmosphäre des Krankenhauses, nahm ihrem Erlebnis irgendwie den Schrecken.
    »Du hättest das viel besser hingekriegt, Viv. Ich musste mitten im Fluss die Pferde wechseln.«
    »Erzählen Sie mir nichts von ›mitten im Fluss‹«, sagte Florence. »Wenn ich in dieses Ding pinkeln muss ...«
    »Mutter!«
    »Ach, hab dich nicht so. Nel hat das Wort pinkeln bestimmt schon mal gehört.«
    »Was soll das heißen?«, fragte Viv.
    »Nun, zuerst dachte ich, ich sollte versuchen, so wie du zu sein und ihn verführen ...« Florence schnaubte vor Lachen. »Aber das ist jämmerlich schief gelaufen. Deshalb dachte ich, ich versuche es mal mit Erpressung.«
    »Erpressung! Du, Nel!« Vivian war beinahe beeindruckt.
    »Ja, ich habe ihm erzählt, dass Kerry Anne, wenn sie sich nicht dieser Kosmetiksache mit Sacha widmen kann, sich langweilen und vielleicht vom rechten Weg abkommen würde.«
    »Und hat er darauf angebissen?«
    »Gar nicht, um ehrlich zu sein. Ich bin nicht einmal zu ihm durchgedrungen ...«
    »Warum nicht?« Florence beugte sich vor, um besser hören zu können.
    »Nun ja, ich hatte gerade angefangen, ihm mehr oder weniger wortreich zu eröffnen, dass zwischen Jake und Kerry Anne etwas läuft, aber ich hatte keine Gelegenheit, zu Ende zu sprechen.«
    »Warum nicht?«, fragte Viv.
    »Nun, hör doch endlich auf, sie zu unterbrechen, Kind! Gerade jetzt, wo es so spannend wird. Hier reden alle nur über ihre Verdauung. Ein kleiner Skandal ist genau das, was ich jetzt brauche.«
    »Weil Jake plötzlich auftauchte. Pierce hatte ihn offensichtlich dorthin gebeten.« Nel hielt einen Moment lang inne, um die eigentlichen Ereignisse von ihren Gefühlen zu trennen.

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