Geschenke aus dem Paradies
Alchemie am Werke gewesen, hatte sie genau den Mann heraufbeschworen, der in ihr den Wunsch nach einer Affäre geweckt hatte. Sie war so erschrocken, dass sie all ihre Schachteln und die Stiefel fallen ließ.
Jake wirkte keineswegs schockiert, er lachte unverhohlen und strahlte vor lauter Amüsement über das ganze Gesicht. Teufel hin oder her, sein Lachen war zu ansteckend, um nicht darauf zu reagieren. Sie war ertappt worden, und Nel war stets bereit, über sich selbst zu lachen. »Ich bin total aufgeflogen!«, sagte sie. Sie hob einen Stiefel auf und zog ihn an.
Er trug seine Squashkleidung: schwarze Shorts, weißes
T-Shirt und dazu ein attraktives Glitzern von Feuchtigkeit auf der Haut. Als er sich bückte, um ihre Schachteln aufzuheben, fiel ihr auf, wie riesig seine Füße in den Squashschuhen waren. Was sagte man noch gleich über Männer mit großen Füßen? Sie unterdrückte den Gedanken.
»Sie sind in der Tat aufgeflogen!« Er richtete sich auf, gab ihr die Schokoriegel und blickte ihr in die Augen. »Sie haben es absolut nicht nötig, zu den Weight Watchers zu gehen, aber ich freue mich trotzdem, dass Sie es getan haben. Haben Sie Lust, irgendwo etwas mit mir zu trinken? Oder bin ich immer noch der Feind?«
In gewisser Hinsicht war er mehr denn je der Feind, denn er flirtete geradezu unwiderstehlich und brachte sie dazu, das Gleiche zu tun. »Ich kann nicht.«
»Warum nicht?«
Wenn er sie doch nur nicht so ansehen würde! Er tat es absichtlich, um sie zu peinigen! Sie wusste, dass er sich nicht für sie interessierte, weshalb also benahm er sich so? Nun, sie würde jedenfalls nicht weich werden. Er konnte seinen Charme an Kerry Anne ausprobieren, sie würde weitaus empfänglicher dafür sein.
»Ich muss zurück.«
»Warum?«
Sie holte tief Luft. »Ich habe Fleur versprochen, ihr eine Fernsehsendung aufzunehmen, und das kann ich nur tun, wenn ich zu Hause bin, wenn die Sendung anfängt.«
Er nickte. »Wirklich schade. Dann vielleicht nächste Woche?«
Das ging eindeutig über ihre Kräfte. Er war die Gegenseite. Sie konnte nicht mit ihm ausgehen: Sie durfte ihn nicht einmal treffen, wenn er weiter eine solche Wirkung auf sie hatte. Nel kam zu dem Schluss, dass sie nie wieder montags zu den Weight Watchers gehen würde. Sie würde sich eine andere Gruppe suchen – oder aufgeben.
»Ich glaube nicht.« Diesmal klemmte sie sich ihre Schokoriegel fester unters Kinn. »Jetzt muss ich aber wirklich los, sonst verpasse ich den Anfang der Sendung.«
Es war Samstagmorgen, und Nel war in der Drogerie und studierte die Drei-kaufen-zwei-bezahlen-Angebote. Sie dachte gerade darüber nach, ob es wirklich ein Schnäppchen war, einen Zahnpastavorrat für sechs Monate auf einmal zu erstehen, als sie den einzigen Menschen auf der Welt erblickte, den sie verabscheute.
Vivian hatte Nel immer wieder erklärt, dass sie sehr stur sei, wenn es darum ging, Leute nicht zu mögen. Wenn Nel dagegen jemanden nicht ausstehen konnte, brauchte sie den Betreffenden nur ein wenig besser kennen zu lernen, dann hieß es plötzlich: »Sie ist ganz in Ordnung, wenn man sie kennen lernt. Sie verkauft sich einfach nicht besonders gut.«
Diesmal, beschloss Nel, während sie Kerry Anne Hunstanton bei der Begutachtung von Körperpeelings beobachtete, diesmal würde sie die Frau weiter hassen und nichts über ihre schwierige Kindheit erfahren oder über einen alkoholabhängigen Vater und am Ende Mitleid mit ihr empfinden oder schlimmer noch, sie zu mögen. Sie musterte die andere Frau; warum hatte sie Pierce geheiratet? Wegen seines Geldes? Wegen seines baufälligen Prachthauses?
Nel unterdrückte ihre jähe Neugier, warf drei Riesentuben in ihren Einkaufskorb und ging zu der Abteilung weiter, die beschönigend als »weibliche Hygiene« bezeichnet wurde. Hier waren die Sonderangebote ziemlich unförmig, und während sie gerade versuchte, eine Logik in der Verpackung besagter Gegenstände zu finden, blickte sie auf und sah Kerry Anne direkt vor sich stehen.
»Oh, hallo.« Vielleicht, schoss es ihr durch den Kopf, würde ich diese junge Frau nicht gerade mögen, wenn ich mir die Mühe machte, sie kennen zu lernen, aber ich könnte immerhin herausfinden, was eigentlich vorgeht. Es wäre der Hoffnung zu viel gewesen, dass Kerry Anne in der Lage sein könnte, das Bauvorhaben zu stoppen, aber Nel lächelte dennoch.
»Hallo! Ihr Name ist Nel, nicht wahr? Vielleicht können Sie mir ja helfen. Irgendwie finde ich hier keine anständigen
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