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Geschenkte Wurzeln: Warum ich mit meiner wahren Familie nicht verwandt bin (German Edition)

Geschenkte Wurzeln: Warum ich mit meiner wahren Familie nicht verwandt bin (German Edition)

Titel: Geschenkte Wurzeln: Warum ich mit meiner wahren Familie nicht verwandt bin (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Janine Kunze
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noch keine Sünde, ein bisschen Spaß zu haben als Teenager. Wirklich sicher ist man sich bei diesen Fragen wahrscheinlich nie. Damit muss man leben als Mutter! So, hiermit sind wir fertig. Dann hol ich noch mal zwei neue Kleidersäcke aus dem Keller«, sagte meine Mutter entschieden. Ich hatte das Gefühl, sie wollte das Thema wechseln.
    Kurz darauf kam sie auch schon aus der Tür des Saales. Da die Kellertreppe weiter vorne in Richtung der Haustür lag, drehte sie sich nicht zu mir um und sah mich nicht. Ich blieb wie angewurzelt stehen.
    »Ich wollte mich wirklich nicht einmischen. So gut kenne ich die Frau Kunze ja nicht«, hörte ich Frau Schäfer wieder reden, sobald meine Mutter durch die Tür war und sie nicht mehr hören konnte.
    »Aber diesen Drang, raus, feiern, kurze Röcke, das hat die Janine doch woanders her! Verstehen Sie mich nicht falsch, Janine ist ein nettes Mädchen und Frau Kunze ist bestimmt eine gute Pflegemutter. Aber ich glaube, die Kunzes sollten sich nichts vormachen, schon zu ihrem eigenen Schutz! Tja, manchmal hilft die beste Erziehung nichts, da können die gar nichts machen und es trifft sie auch keine Schuld. Aber wie ich schon sagte, der Apfel fällt eben nicht weit vom Stamm. Da können wir uns noch auf was gefasst machen, sag ich Ihnen.« Nach einer kurzen Pause setzte Frau Schäfer noch einmal nach: »Und ich bin ich nicht die Einzige, die das sagt.«
    Wut stieg in mir auf. Was fiel der blöden Kuh eigentlich ein, so über mich zu lästern! Ich wusste noch nicht mal, was sie eigentlich meinte. Was war an mir denn anders als an den anderen Mädchen in meinem Alter? Dass ich nicht bei meiner leiblichen Mutter wohnte, aber das war auch schon alles. Was hatte ich denn bitte getan? Sich schminken war ja wohl kein Verbrechen!
    »Na ja, Frau Schäfer, jetzt übertreiben Sie mal nicht. Die Janine ist vielleicht ein bisschen temperamentvoll im Moment, aber das sind andere Fünfzehnjährige auch. In dem Alter ist das doch ganz normal«, sagte Ulrike jetzt. Ich war Ulrike so dankbar, dass sie mich gegen die blöde Kuh in Schutz nahm. Auch wenn ich nicht so richtig verstand, was sie damit meinte, ich wäre »im Moment ein bisschen temperamentvoll«.
    Ulrike kannte ich schon mein ganzes Leben. Sie und ihr Mann waren gut mit Mama und Papa befreundet. Wie alle Freunde von Mama und Papa und unsere Verwandten hatten sie mich immer ganz genauso behandelt wie Stefan, Kerstin und Anne. Obwohl alle wussten, dass ich kein leibliches Kind meiner Eltern war, machten sie nie einen Unterschied, genauso wie Mama und Papa. Ich war ihr Kind, Punkt.
    Frau Schäfer schwieg und nach einer Weile fragte Ulrike sie nach ihrer Meinung zu irgendeinem Kleidungsstück. Damit war das Gespräch wieder bei anderen Themen.
    »Ah, Janine, da bist du ja. Warum stehst du denn hier rum und gehst nicht rein? Komm rein, es gibt viel zu tun!«
    Mama hatte mich entdeckt, als sie mit zwei vollen Kleidersäcken die Kellertreppe wieder raufkam. Ich nahm ihr einen der Säcke ab, gab ihr einen Kuss auf die Wange, und sobald Frau Schäfer es hören konnte, sagte ich betont brav:
    »Ach Mama, ich bin doch froh, wenn ich mich nützlich machen kann.«
    Mama schaute ein bisschen verwundert, schien sich aber zu freuen, dass ich plötzlich so eine Bilderbuchtochter geworden war. In der nächsten halben Stunde schleppte ich Kleidersäcke, sortierte wie eine Wilde und zeigte mich von meiner fleißigsten Seite. Danach konnte ich es mir nicht verkneifen, zu Frau Schäfer zu sagen:
    »Schade, dass Ihre Tochter nicht auch zum Helfen gekommen ist. Mit ihr zusammen hätte es sicher noch mehr Spaß gemacht!« Ulrike konnte sich ein Grinsen nicht verkneifen und zwinkerte mir zu.

Minirock
    Gewonnen hat immer der, der lieben, dulden
und verzeihen kann.
    HERMANN HESSE
    Am nächsten Nachmittag hatte ich mich mit Silvia in der Innenstadt verabredet. Obwohl ich Ende März Geburtstag hatte und es jetzt schon Ende Mai war, hatte ich noch ungefähr die Hälfte von meinem Geburtstagsgeld übrig, fast 35   Mark. Heute wollte ich mir einen Jeansminirock kaufen. Und vielleicht noch ein paar Ohrringe, falls noch Geld übrig war. Silvia und ich hatten uns um halb zwei am Eingang der Fußgängerzone verabredet. Es war der einzige Tag in der Woche, an dem wir beide kein Training hatten.
    Normalerweise ging ich meine Klamotten immer noch mit Mama einkaufen, aber das gab meistens ziemlichen Stress oder zumindest schlechte Stimmung. Mama hatte einfach einen ganz anderen

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