Geschichte der Entdeckung und Eroberung Perus
Unterthanen
aus seinem ganzen Reiche in der Hauptstadt Cuzco zusammenkommen und erklärte ihnen in voller Versammlung, die Stunde sey gekommen,
wo er in den Himmel zu der Sonne zurückkehren müsse, um von seinen Beschwerden, auszuruhen; doch bevor er sie verlasse, wolle
er seinen Gnaden und Gunstbezeugungen die Krone aufsetzen, indem er sie mit dem königlichen Titel beehre, damit sie selbst
so wie ihre Nachkommen von aller Welt hochgeschätzt würden; sie sollten gleich ihm den Namen Inca führen sowie die königlichen
Insignien tragen. Er hätte die feste Ueberzeugung, daß sie auf diese Weise dem König gewiß treu und freundschaftlich anhängen
würden. Zuletzt schloß er seine Rede mit dem Verbote ihre Frauen und Töchter mit dem Titel Palla, der nur den Frauen von königlichem
Geblüte zustehe, zu benennen, denn die Frauen seyen nicht im Stande wie die Männer die Waffen zu tragen und im Kriege zu dienen,
und deßhalb dieses königlichen Titels nicht würdig. Von diesen Incas, die durch ein besonderes Vorrecht diese Würde erhalten
haben, stammen nach ihrer Aussage diejenigen Incas ab welche diesen Namen noch zur Zeit der Eroberung Peru's durch die Spanier
führten.
5. Ansehen und Ehrennamen der Incas und ihrer Nachkommen.
Nur ein Merkmal der Auszeichnung behielt der Königsich und seinen Nachkommen vor; es bestand in einer farbigen Binde, die aus einer Art Franzen bestand und über die Stirne
von dem einen Schläfe bis zum andern reichte. – Als Zeichen der Dankbarkeit und der Hochachtung legten die Indianer ihrem
Inca mehrere Beinamen bei, die beiden Hauptsächlichsten waren Capac und Huac-Chacuyac; der erstere bedeutet reich, aber nicht
an Glücksgütern, sondern an Vorzügen des Geistes, nämlich an Mitleid, Milde, Zugänglichkeit, Freigebigkeit, Gerechtigkeit,
an guten Werken gegen die Armen. Ferner bedeutet es noch mächtig und groß in den Waffen. Das zweite Wort heißt Freund und
Wohlthäter der Armen. Das Wort Inca bedeutet soviel als Herr, König, Kaiser. Noch vor seinem Tode ertheilte der Inca seinen
Kindern, die er um sich versammelt hatte, die trefflichsten Lehren, unter anderem schärfte er besonders seinem Nachfolger,
seinem ältesten Sohne Sinchi-Roca, ein, seine Unterthanen durch Wohlthaten und Liebe und nicht durch Gewaltthätigkeiten zu
regieren. Er hatte diesen Sohn außer mehrern andern Kindern mit der Königin Mama Oello Huaco, seiner rechtmäßigen Gattin und
Schwester, erzeugt. Außer diesem besaß er eine Anzahl Kinder von seinen Beischläferinnen, die er unterhalten hatte, weil,
wie er sagte, es dem Staate zum Heile gereichte, wenn mehrere Kinder der Sonne vorhanden wären. Die Söhne und Töchter, welche
ihm die Königin Mama Oello Huaco geschenkt hatte, wurden miteinander verheurathet, um das Stammblut oder wie sie sagten das
Geschlecht der Sonne rein zu erhalten; es wurden deßhalb auch die, welche sich rühmen konnten von diesem Blute ohne Beimischung
abzustammen, hoch in Ehren und für göttlich gehalten; dagegen nannte man jedes andere Geschlecht menschlich, selbst das der
vornehmsten Herren und Vasallen, die den Namen Curaca trugen. Der Inca Siuchi Roca heurathete seine älteste Schwester Mama
Oello, und diese Sitte, daß der Bruder die Schwester zur Frau nahm, wurde stets gewissenhaft beobachtet. Der erste Inca Manco
Capac wurde von seinen Unterthanen sehr betrauert. Sie balsamirten ihn ein, um ihn stets bei sich zu haben, beteten ihn an
als den Sohn der Sonne und brachten ihm Schafe, Lämmer, Hammel, Kaninchen, Vögel, Getreide und Früchte als Opfer dar. – Außer
den angeführten Titeln legte man dem Inca noch den Namen Intip-cutin, d.h. Sohn der Sonne, bei; der Sohndes Königs und alle seine männlichen Nachkommen heißen Auqui, Prinzen. Sie behielten diesen Namen bis zu ihrer Verheurathung,
wo man sie dann mit dem Titel Inca beehrte. Die rechtmäßige Königin führte den Titel Coya, d. h. Königin oder Kaiserin; man
gab ihr auch den Namen Mamanchic, d. h. unsere Mutter, weil sie gegen alle ihre Verwandten und Unterthanen die Mutterpflichten
übte; auch ihre Töchter nannte man Coya. Die Beischläferinnen des Königs, die mit ihm verwandt waren, sowie alle anderen aus
königlichem Blute stammenden Frauen hießen Palla, d. h. Frauen von königlichem Blute; fremde Beischläferinnen, sowie Frauen
welche nicht aus dem königlichen Stamme waren, nannte man Mamacuna, d. h. Matrone oder noch genauer bezeichnet
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