Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Geschichte der russischen Revolution Bd.2 - Oktoberrevolution

Geschichte der russischen Revolution Bd.2 - Oktoberrevolution

Titel: Geschichte der russischen Revolution Bd.2 - Oktoberrevolution Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Leo Trotzki
Vom Netzwerk:
und Uneigennützigkeit. In jenem Milieu, wo man vor allem um persönliche Sicherheit besorgt war und hemmungslos stahl, stachen solche Eigenschaften in die Augen. Von strategischen Fähigkeiten, vor allem der Fähigkeit, eine Situation in ihrer Gesamtheit, in ihren materiellen und moralischen Elementen einzuschätzen, besaß Kornilow nicht die Spur. "Es fehlte ihm außerdem organisatorische Begabung", sagte Martynow, "und seines Jähzornes und der Unausgeglichenheit seines Charakters wegen war er für planmäßige Handlungen überhaupt wenig geeignet." Brussilow, der während des Weltkrieges die gesamte Kampftätigkeit seines Untergebenen beobachtet hatte, äußerte sich über ihn mit völliger Geringschätzung: "der Chef einer verwegenen Partisanenabteilung nichts weiter ..." Die offizielle Legende, die um die Kornilowsche Division g3-schaffen wurde, war diktiert von dem Bedürfnis der patriotischen öffentlichen Meinung, heile Flecke auf dem düsteren Hintergrunde zu finden. "Die 48. Division", schreibt Martynow, "ist nur infolge der skandalösen Führung ... Kornilows umgekommen, der es nicht vermocht hatte, den Rückzug zu organisieren, und der vor allem seine Beschlüsse unablässig wechselte und Zeit verlor ... " Im letzten Augenblick überließ Kornilow die von ihm in eine Falle hineingeführte Division ihrem Schicksal, um zu versuchen, selbst der Gefangenschaft zu entrinnen. Nachdem er jedoch vier Tage und Nächte herumgeirrt war, ergab sich der wenig erfolgreiche General den Österreichern und floh erst später aus der Gefangenschaft. "Nach Rußland zurückgekehrt, schmückte Kornilow in Gesprächen mit verschiedenen Zeitungskorrespondenten die Geschichte seiner Flucht mit bunten Farben der Phantasie." Bei den prosaischen Korrekturen zu verweilen, die gut informierte Zeugen in die Legende hineinbringen, haben wir keine Veranlassung. Offensichtlich gewinnt Kornilow in dieser Zeit Geschmack an Zeitungsreklame.
    Vor der Revolution war Kornilow Monarchist von Schwarzhundert-Schattierung. In der Gefangenschaft äußerte er beim Zeitungslesen wiederholt, "alle diese Gutschkows und Miljukows würde ich mit Vergnügen aufhängen". Doch politische Ideen beschäftigten ihn, wie im allgemeinen Menschen dieses Schlages, nur, sofern sie ihn selbst unmittelbar berührten. Nach der Februarumwälzung proklamierte sich Kornilow sehr flink als Republikaner. "Er kannte sich", nach Äußerung desselben Martynow, "herzlich schlecht aus in den sich kreuzenden Interessen der verschiedenen Schichten der russischen Gesellschaft, kannte weder Parteigruppierungen noch einzelne Politiker." Menschewiki, Sozialrevolutionäre und Bolschewiki verschwammen für ihn in eine einzige feindliche Masse, die die Kommandeure am Kommandieren, die Gutsbesitzer am Genuß der Güter, die Fabrikanten an der Produktion, die Kaufleute am Handeln hinderte.
    Das Komitee der Reichsduma verfiel bereits am 2. März auf General Kornilow und drängte, in einem von Rodsjanko unterzeichneten Telegramm, heim Hauptquartier auf die Ernennung "des ruhmreichen und ganz Rußland bekannten
    Helden" zum Hauptkommandierenden des Petrograder Militärbezirks. Auf dem Telegramm Rodsjankos vermerkte der Zar, der bereits aufgehört hatte Zar zu sein: "Ausführen". So erhielt die revolutionäre Residenz ihren ersten roten General. Im Protokoll des Exekutivkomitees vom 10. März steht über Kornilow folgender Satz: "Ein General vom alten Schlag, der mit der Revolution Schluß machen will." In den ersten Tagen gab der General sich übrigens Mühe, im besten Lichte zu erscheinen, und führte nicht ohne Lärm das Ritual der Verhaftung der Zarin durch: das wurde ihm als Plus angerechnet. Aus den Erinnerungen des von ihm zum Kommandanten von Zarskoje Selo ernannten Oberst Ko-bylinski ergibt sich jedoch, daß Kornilow auf zwei Fronten gesetzt hatte. "Nachdem er der Zarin vorgestellt worden war", erzählt zurückhaltend Kobylinski, "sagte mir Kornilow: "Oberst, lassen Sie uns allein. Gehen Sie, und stellen Sie sich hinter die Tür." Ich ging hinaus. Nach etwa fünf Minuten rief mich Kornilow. Ich trat wieder ein. Die Kaiserin reichte mir die Hand." Es ist klar: Kornilow hatte den Oberst als Freund empfohlen. Im weiteren Verlauf werden wir von den Umarmungsszenen zwischen dem Zaren und seinem "Gefängniswärter" Kobylinski erfahren. Als Administrator bewies Kornilow auf seinem neuen Posten völlige Untauglichkeit. "Seine nächsten Mitarbeiter in Petrograd", schreibt Stankewitsch,

Weitere Kostenlose Bücher