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Geschichte des Westens

Geschichte des Westens

Titel: Geschichte des Westens Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Heinrich August Winkler
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Albertini und der frühere Sozialist Arturo Labriola, Tribut. Unbeirrt in ihrer Gegnerschaft zum Faschismus und zum Krieg blieben die Wortführer des italienischen Exils, gleichviel ob sie Kommunisten, Sozialisten oder Linksliberale waren. Das einflußreichste, auch nach Italien hineinwirkende Sprachrohr der Emigranten war die Zeitschrift «Giustizia e Libertà», die der Publizist Carlo Rosselli nach seiner abenteuerlichen Flucht aus der Verbannung auf der Insel Lipari 1929 zusammen mit gleichgesinnten Intellektuellen wie Gaetano Salvemini und Emilio Lussu, gegründet hatte. «Alles am Faschismus ist Krieg», schrieb Rosselli 1936, «der Ursprung, die Mentalität, die Weltanschauung … Seit 1925 ist der Faschismus nichts anderes als Kriegsvorbereitung … Der Faschismus ist ein Klassenkrieg, der im Innern beginnt und der sich nicht zufällig, sondern weil er sich anders nicht erhalten kann, nach außen wendet.»
    Am 11. Juni 1937 wurde Carlo Rosselli zusammen mit seinem Bruder Nello, vermutlich im Auftrag von Galeazzo Graf Ciano, dem italienischen Außenminister und Schwiegersohn des «Duce», durch Angehörige einer rechtsradikalen französischen Geheimorganisation in Bagnoles de l’Orne getötet. Der Doppelmord an den Brüdern Rosselli war der brutalste Schlag des Regimes gegen den italienischen Antifaschismus seit der Ermordung Giacomo Matteottis am 10. Juni 1924.[ 6 ]
Der große Terror:
Der Ausbau der stalinistischen Herrschaft in der Sowjetunion
    Der politische Antipode des faschistischen Italien war in den dreißiger Jahren, nicht anders als zur Zeit des «Marsches auf Rom», die Sowjetunion. Der ideologische Gegensatz hinderte Stalin aber nicht, im September 1932 auf ein Angebot Mussolinis einzugehen und einen Nichtangriffspaktmit Italien zu schließen. Entsprechende Verträge hatte die Sowjetunion zwischen 1925 und 1927 bereits mit der Türkei, Afghanistan, Litauen und Persien abgeschlossen. 1932 folgte eine förmliche Lawine von Nichtangriffspakten: Außer mit Italien ging die Sowjetunion solche vertraglichen Vereinbarungen mit Finnland, Polen, Lettland, Estland und schließlich, am 29. November, mit Frankreich ein.
    Im Mai 1933, ein Vierteljahr nach der Regierungsübernahme Hitlers, wurde der Berliner Vertrag, das deutsch-sowjetische Neutralitäts- und Freundschaftsabkommen von 1926, um drei Jahre verlängert, womit ein von der Regierung Brüning eingeleitetes, aber nicht ernsthaft betriebenes Ratifizierungsverfahren zum Abschluß kam. Die geheime Zusammenarbeit zwischen der Reichswehr und der Roten Armee allerdings brach Hitler im Juli 1933 demonstrativ ab. 1934 wurden, auch als Reaktion auf den deutsch-polnischen Nichtangriffspakt vom Januar, die Nichtangriffsverträge mit den baltischen Staaten, Polen und Finnland verlängert. Im September desselben Jahres wurde die Sowjetunion Mitglied des Völkerbundes: Der einstige Paria von 1917 war nunmehr ein gleichberechtigtes Mitglied eines (dem Anspruch nach) weltweiten Systems kollektiver Sicherheit.
    Die Westmächte reagierten positiv auf die demonstrative Mäßigung der offiziellen sowjetischen Außenpolitik. 1929 nahm Großbritannien die zwei Jahre zuvor abgebrochenen diplomatischen Beziehungen zu Moskau wieder auf; im November 1933 erfolgte die diplomatische Anerkennung der Sowjetunion durch die USA. 1934 normalisierte Moskau durch den Verzicht auf Bessarabien und die wechselseitige Anerkennung der bestehenden Grenzen sein Verhältnis zu Rumänien. Seinen größten Erfolg erreichte der als entschieden «westorientiert» geltende Außenminister Maxim Litwinow 1935 mit den Beistandsverträgen mit Frankreich und der Tschechoslowakei – Verträgen, die sich eindeutig gegen das nationalsozialistische Deutschland richteten und namentlich eine Antwort auf den deutsch-polnischen Nichtangriffspakt vom Januar 1934 bildeten.
    Von der Annäherung an die westlichen Staaten unberührt blieb zunächst die Politik der Kommunistischen Internationale. Sie beharrte nach der «Machtergreifung» der Nationalsozialisten auf dem Standpunkt, daß ihre «Generallinie», einschließlich des Kampfes gegen die «bürgerliche» Demokratie und die «Sozialfaschisten» der Zweiten Internationale, unverändert richtig war, und bestritt sogar, daß dieKommunisten oder die Arbeiterklasse in Deutschland eine Niederlage erlitten hätten. Stalin äußerte sich am 26. Januar 1934, also ein Jahr nach der Ernennung Hitlers zum Reichskanzler, erstmals zum «Sieg des Faschismus in

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