Geschichten von der Bibel
und Verwirrung in das Herz des Sohnes, und er griff nach dem Schwert seines Vaters, zog es aus der Scheide und stürzte sich in die Klinge.
Wenn es darum geht, die Rache Gottes zu schildern, scheinen der Phantasie der Berichterstatter keine Grenzen gesetzt zu sein. Als wäre Grausamkeit die einzige Möglichkeit, Gottes Macht zu beweisen, erzählen uns die Sagen eine Ungeheuerlichkeit nach der anderen.
Wie auch immer – am Ende brach der Pharao doch noch zusammen.
Adikos rief nach Moses, schrie nach Moses.
»Bitte deinen Gott, er soll innehalten!«
Der Pharao, Herr der Herren, irrte durch die Stadtteile, in denen die Juden wohnten, er tat es seinem Vater Malul nach, der erst am Ende seines Lebens die Juden besucht hatte. Aber Adikos sollte jetzt noch nicht sterben.
»Helft mir«, flehte er zu den Männern und Frauen, die ihn anstarrten. »Helft mir! Betet zu eurem Gott!«
Die Männer und Frauen sagten: »Kommt uns der Pharao besuchen? Jetzt, nach all dem, was geschehen ist? Jetzt kommst du uns besuchen? Jetzt weinst du? Wen suchst du? Moses suchst du? Den anderen? Bist du gekommen, damit ihr beide das Leid unter euch aufteilt, das ihr angerichtet habt? Werdet ihr jetzt weiterstreiten, wer von euch beiden mehr Leid angerichtet hat?«
Dann stand der Pharao vor der Hütte des Moses und rief: »Moses, komm heraus! Ich will mit dir sprechen.«
Moses antwortete: »Ich kann nicht herauskommen. Du hast mir gedroht, wenn du mich noch einmal siehst, dann wirst du mich töten.«
»Ich werde dich nicht töten«, sagte der Pharao. »Komm heraus, zeig mir dein liebes Gesicht! Ich werde dich und dein Volk ziehen lassen. Ihr dürft drei Tage in die Wüste gehen, um eurem Gott ein Brandopfer darzubringen.«
Moses aber rief: »Nein, das genügt meinem Gott nicht mehr. Nicht nur drei Tage in die Wüste wollen wir, wir wollen Ägypten verlassen für immer!«
»Geht!« rief der Pharao. »Geht!«
Wie ein Bettler stand er vor der Hütte.
Da trat Mirjam heraus.
»Warum zitterst du?« fragte sie. »Es ist vorbei.«
Da sagte der Pharao: »Warum läßt mich euer Gott leben? Ich bin auch ein Erstgeborener. Warum lebe ich noch?«
Mirjam sagte: »Der Durst unseres Gottes ist gestillt.«
DER AUFBRUCH
Vom Ultimatum des Pharaos – Von den Dingen, die mitgenommen, und den Dingen, die zurückgelassen wurden – Vom göttlichen Befehl zu plündern und den Tränen des Moses – Von Josefs letztem Willen – Vom Geruch des Paradieses – Vom Grab des Josef
Vierhundertdreißig Jahre waren vergangen, seit Josef seine Brüder Ruben, Simeon, Levi, Jehuda, Issachar, Gad, Ascher, Dan, Naftali, Sebulon und Benjamin und seinen Vater Jakob nach Ägypten gerufen hatte. Lange lebten Ägypter und Hebräer in Frieden. Aber noch länger herrschte bittere Feindschaft zwischen den beiden Völkern.
Nun führte Moses sein Volk aus Ägypten heraus. Zurück blieben ein zerstörtes Land, demoralisierte Menschen, das bittere Gefühl, gedemütigt worden zu sein, die quälenden Fragen nach der eigenen Schuld, die lauernde Lust auf Rache.
Der Pharao konnte es nicht eilig genug haben.
Zu Moses sagte er: »Gut, ihr habt mich besiegt. Euer Gott hat mir genommen, was ich lieb hatte. Er hat mich besiegt. Jahwe hat sich als der Stärkere von uns beiden erwiesen. Israel soll ziehen, wohin es will. Geht! Aber geht schnell! Verschwindet aus meinem Reich!«
Und er stellte ein Ultimatum: »Ich gebe euch einen Monat Zeit. Wird ein Israelit nach diesem Monat auf den Straßen der Stadt oder auf den Feldern des Landes oder den Ufern des Nil gesehen, so soll er getötet werden. Nach Ablauf des Ultimatums bezahle ich für jeden toten Hebräer!«
Sechshunderttausend, so heißt es, sechshunderttausend Männer, Frauen und Kinder sammelten sich. Die Menschen luden ihre gesamte Habe auf Wagen und Lasttiere, sie verkauften ihre Häuser, ihre Werkstätten, ihre Boote, ihre Felder. Viele bekamen dafür nur einen Bruchteil dessen, was der Besitz wert war. Andere bekamen gar nichts.
Nachbarn standen plötzlich da, die sagten: »Ab nächstem Monat gehört das uns.«
Und wenn sich die Eigentümer empörten, sagten die Nachbarn: »Dann zeig uns doch an! Sollen wir dich zur Polizei des Pharaos begleiten?«
Aber nicht alle Ägypter waren darauf aus, zu betrügen oder einen günstigen Schnitt zu machen. Viele zahlten, was die Sache wert war, verabschiedeten sich mit einem Handschlag von den früheren Besitzern.
Und dann, wenige Tage, bevor die Frist verstrichen war, erschien
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