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Geschlossene Gesellschaft

Geschlossene Gesellschaft

Titel: Geschlossene Gesellschaft Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Robert Goddard
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sollen. Aber eins war sicher: Genau dies würde sie niemals tun.
    »Nun?« Ich beugte mich vor, um ihre Zigarette anzuzünden. »Keine Bedenken? Keine Befürchtungen wegen der Sache, die wir da vorhaben?«
    »Keine. Wenn ich einmal eine Entscheidung treffe, dann gilt sie für immer.«
    »Ganz gleich, ob sie gut oder schlecht ist?«
    Sie antwortete nicht, sondern sog an ihrer Zigarette.
    »Dein Vater muss für deine Entschlossenheit dankbar gewesen sein, als du ihm geholfen hast, seinen Tod vorzutäuschen.« Sie sagte immer noch nichts. »Wann war das eigentlich? Wann hat er dir das erste Mal diese Idee mitgeteilt?«
    »Ist das wichtig?«
    »Für mich schon. Ich würde gern jeden einzelnen Schritt begreifen, der zu Max' Tod geführt hat. Wir haben eine lange Reise vor uns. Also hast du jede Menge Zeit, es mir begreiflich zu machen, nicht wahr?«
    »Ja, das stimmt.« Sie schaute aus dem Fenster und hielt die Augen halb geschlossen; ich wusste nicht, ob aus Resignation oder Konzentration. »Ich bin nicht sicher, ob du es wirklich wissen willst.« »Aber ich.«
    »Wie du willst.« Sie nahm noch einen Zug an der Zigarette. »Anfang des Jahres wurde Papa klar, dass Charnwood Investments nicht überleben würde. Es war ein Schock, als er es uns erzählte. Ich hatte unseren Wohlstand immer als selbstverständlich betrachtet. Plötzlich war meine ganze verhätschelte Existenz, wie du sie genannt hast, bedroht. Was alles noch schlimmer machte, war, dass Papa fürchtete, einige seiner Klienten würden drastische Schritte unternehmen, wenn sie ihr Geld verlören. Er sagte, es seien gefährliche Menschen, die vor nichts haltmachten. Ich glaubte ihm nicht ganz. Ich dachte, er fürchte in Wirklichkeit Schande und Schmach eines Bankrottes. Jetzt ist mir klar, dass er völlig recht hatte. Vielleicht hat Tante Vita das von Anfang an gewusst. Von mir kann ich das jedenfalls nicht behaupten. In meinem Fall gibt es keine mildernden Umstände. Ich wollte behalten, was ich immer schon gehabt hatte - schnelle Wagen, gute Weine, modische Kleidung, luxuriöse Hotels und gutaussehende Männer: von allem immer das Beste. Nun, laut Papa hätte ich mich bald an ein vollkommen anderes Leben gewöhnen müssen, daran, zu knausern und zu sparen. Nur schon daran zu denken machte mich wütend, was er wohl voraussah. Deshalb griff ich auch sofort nach der Chance, die er mir bot, um einer solchen Zukunft zu entgehen. Dafür schreckte ich vor nichts zurück.
    Papas Plan war es, das Kapital, das Charnwood Investments geblieben war, auf geheime Konten unter einem fiktiven Namen umzuleiten und anschließend auf die effektivste Art und Weise zu verschwinden: indem er scheinbar ermordet wurde. Dann musste er sich ruhig verhalten, bis über seinen Bankrott Gras gewachsen war. Schließlich wollte er in Südamerika oder im Fernen Osten ein neues Leben anfangen, wohin nach angemessener Zeit Tante Vita und ich nachkommen sollten. Als ich ihn fragte, wie ein solcher Plan in die Tat umgesetzt werden könne, hatte er die Antwort bereits parat. Er hatte den Plan schon vor einiger Zeit gefasst, denn er hatte die Krise kommen sehen und sich darauf vorbereitet.« Sie zuckte mit den Schultern. »Das zeichnet wohl einen guten Geschäftsmann aus.«
    »Hatte er damals Lightfoot schon gefunden?«
    »O ja, obwohl eigentlich ich es war, die ihn gefunden hatte. Tante Vita hatte mich zur Feier meines sechzehnten Geburtstages kurz nach Ostern 1919 zu einer Variete-Show nach Eastbourne mitgenommen. Lightfoot stand auf dem Programm. Seine Ähnlichkeit mit meinem Vater war verblüffend, und das sagte ich Papa auch, als wir nach Hause kamen. Damals schien ihn das wenig zu interessieren, und ich hatte es zwölf Jahre später völlig vergessen. Nicht aber Papa. Er spürte Lightfoot auf, um sich von der Ähnlichkeit mit ihm zu überzeugen. Sie waren natürlich nicht identisch, aber die Übereinstimmung genügte für das, was Papa im Sinn hatte. Lightfoot führte ein unstetes Leben, reiste von einer Unterkunft zur anderen. Er hatte keine Familie. Und er stand ständig unter Gelddruck. Kurzum, er war in jeder Weise ideal. Papa schwindelte ihm vor, dass er bei seinen Geschäften manchmal ein Alibi brauche, und fragte Lightfoot, ob er bereit sei, ihm aufgrund ihrer körperlichen Ähnlichkeit gelegentlich eins zu verschaffen. Gegen entsprechende Bezahlung selbstverständlich. Natürlich willigte Lightfoot ein.
    Als Papa erklärte, wie wir der Welt weismachen könnten, dass er tot sei, war ich

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