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Geschlossene Gesellschaft

Geschlossene Gesellschaft

Titel: Geschlossene Gesellschaft Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Robert Goddard
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Hand hin- und her schwenkte. Ich blieb kurz stehen und schob sie in die Tasche. Dann lief ich weiter, über eine steinerne Brücke, an Armeebaracken vorbei. Ich merkte, dass die Leute mir hinterher starrten und auf mich zeigten, einige riefen mir sogar etwas zu. Schließlich erreichte ich eine Eisenbahnbrücke und eine verkehrsreiche Kreuzung. Links von mir stiegen Leute in eine Straßenbahn ein, die nach Osten fuhr. Ich lief auf sie zu und sprang in dem Augenblick auf die Plattform, als sie anfuhr.
    »Die Heiligen beschützen uns«, meinte der Schaffner, als ich auf ihn zuschoss. »Sie haben es wohl sehr eilig, irgendwo anders hinzukommen, was?«
    Das stimmte. Doch wohin? Wohin genau sollte ich mich wenden? Klaus und O'Reilly waren sicher nicht Faradays einzige Helfer. Vielleicht warteten im Shelbourne schon andere auf mich. Aber ich hatte in dieser fremden Stadt keinen anderen Zufluchtsort. Ich war ein Flüchtling ohne Versteck. Außer England, natürlich, das Land, das ich kannte. Ihnen gegenüber hatte ich einen Vorsprung, einen wertvollen Vorsprung, den ich keinesfalls verschwenden wollte. Und in meiner Tasche hatte ich ein Erste-Klasse-Ticket zurück nach London.
    »Kingstown«, sagte ich impulsiv. »Ich muss nach Kingstown. Dun Laoghaire, meine ich natürlich.«
    »Nennen Sie es, wie Sie wollen, Sir, ich kann Ihnen nicht helfen. Wir fahren nur nach Eden Quay.«
    »Ich muss nach Dun Laoghaire«, wiederholte ich und packte seinen Arm, um meinen Worten Nachdruck zu verleihen.
    »Dann regen Sie sich ab. Ein kurzer Spaziergang über die Brücke von Eden Quay bringt Sie zur Tara Street Station. Von dort fährt mindestens jede halbe Stunde ein Zug nach Dun Laoghaire.«
    »Danke.« Ich ließ ihn los. »Entschuldigung.« »Sie brauchen sich nicht zu entschuldigen, Sir. Ich bin schon zufrieden, wenn Sie den Fahrpreis entrichten.«
    Die Straßenbahn schwankte beängstigend auf ihrer Fahrt durch Dublins bevölkerte Straßen. Unter den misstrauischen Blicken der anderen Passagiere verband ich meine blutende Hand mit einem Taschentuch und wischte mir den Schweiß von der Stirn. In den Fensterscheiben mir gegenüber erhaschte ich kurze Blicke auf mein Spiegelbild: wild blickend und zerzaust. Die Tasche hatte ich auf dem Schoß, ohne den Griff auch nur eine Sekunde loszulassen. Dabei versuchte ich krampfhaft, meine Gedanken zu ordnen.
    Wie und wann hatte sich Diana mit Faraday in Verbindung gesetzt? Wohl kaum vor unserer Abreise aus Dorking, es sei denn in der Stunde, die ich in der Bibliothek gewartet hatte. Vielleicht hatte sie es aber auch gar nicht selbst tun müssen. Möglicherweise hatte Vita das ja für sie erledigt. In diesem Fall hatte Dianas Brief an Charnwood den Zweck, ihn zu veranlassen, sich mit mir allein zu treffen. Das würde ihr die schmerzliche Notwendigkeit ersparen, uns erst ihren Verrat zu erklären und dann Faraday den Weg frei zu machen, uns zu überraschen.
    Aber er hatte Charnwood nicht überraschen können. Die Pistole und das Gift - wenn es denn existiert hatte - bewiesen, dass dieser damit gerechnet hatte, verraten zu werden. Dies wiederum bewies, dass Faraday recht gehabt hatte: Die Aufzeichnungen über die Concentric Alliance waren Charnwoods Selbstmordanzeige, sein Lebewohl an die Welt. Und ich sollte dafür sorgen, dass sie dieses Lebewohl auch erhielt.
    Es kam jetzt alles auf die Geschwindigkeit an. Je länger ich zögerte, desto wahrscheinlicher wurde mein Scheitern. Die Concentric Alliance war überall. Vielleicht aber reagierte eine so ausgedehnte Organisation nur langsam. Wenn ich mich mit Duggan in Verbindung setzen und seine Kontakte zur Fleet Street nutzen konnte, bestand die Chance - die hauchdünne Chance -, dass wir ihnen zuvorkommen konnten. Aber zunächst einmal musste ich England erreichen.
    An der Tara Street Station hatte ich Glück. Ich erwischte gerade noch einen verspäteten Zug nach Dun Laoghaire. Doch der relativ leere Zug hätte mich eigentlich auf die Enttäuschung vorbereiten sollen, die mich an meinem Ziel erwartete.
    »Die Fähre nach Holyhead hat vor mehr als einer halben Stunde abgelegt, Sir«, verkündete der Fahrkartenbeamte am Bahnhof Dun Laoghaire.
    »Wann geht die nächste?«
    »In etwas über zehn Stunden, Sir.«
    »Was?«
    »So haben Sie genug Zeit, um sich die Stadt anzusehen. Sogar ein bisschen mehr, als nötig ist, ehrlich gesagt.«
    »Gibt es noch eine andere Möglichkeit, nach England zu kommen?«
    »Und ob, Sir. Fahren Sie nach Dublin zurück. Wenn ich

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