Geschlossene Gesellschaft
Hatte er seine Bank angewiesen, die Zahlung zu verweigern, weil er annahm, die Angst, Max könnte entdecken, was ich getan hatte, würde mich abschrecken, viel Wirbel darum zu machen? Wenn ja, war es ziemlich ironisch, denn sein Tod machte es noch schwieriger für mich zu protestieren. Und wenn ich es tat, würde die Polizei vielleicht davon hören und es Diana erzählen. Wenn ich meine Finger sauber halten wollte, musste ich den Verlust schweigend ertragen. »Wird dem Unterzeichner erneut vorgelegt«, stand in dem Brief. Aber der Unterzeichner war tot.
Und ich hatte nicht mehr in der Hand als den schriftlichen Beweis seiner betrügerischen Absicht - und meiner.
Ich brütete noch über meiner ungerechten Lage, als das Telefon klingelte. Hoffnungsvoll stürzte ich durch das Zimmer und riss den Hörer vom Apparat. Aber es war nicht Max. Es war Aubrey Wingate.
»Guten Morgen, Sir. Gibt es Neuigkeiten?«
»Ich habe über die Wohnung nachgedacht.« Ich verstand das so, dass er nichts von oder über Max gehört hatte. »Genauer gesagt darüber, dass Sie sie belegen.« Er klang steif und unbeholfen, ganz im Gegensatz zu der Herzlichkeit vom Vortag. »Ich habe mir überlegt, dass es mir lieber wäre, wenn Sie auszögen.«
»Ausziehen?«
»So bald wie möglich.«
»Aber... Gestern sagten Sie noch, Sie wären froh, dass ich hier sei, falls Max...«
»Ich habe meine Meinung geändert. Ihr Verbleiben wäre... ungehörig.«
»Nun, selbstverständlich, wenn...«
»Ich möchte, dass Sie bis Ende der Woche ausziehen.« Er redete mit mir wie mit einem aufsässigen Mieter und nicht wie mit dem besten Freund seines Sohnes. Sein plötzlicher Sinneswandel verwirrte mich so, dass ich nicht antworten konnte. »Früher wäre noch besser.« Er hielt inne und räusperte sich. »Ich möchte nicht unmäßig erscheinen, aber unter diesen Umständen muss ich darauf bestehen. Ich bin sicher, dass Sie das verstehen werden.«
»Nein. Ich verstehe nicht. Was...?«
»Mehr ist dazu nicht zu sagen. Sie können die Schlüssel Mrs. Dodd übergeben.«
»Aber...«
»Auf Wiedersehen, Mr. Horton.«
Mr. Horton? Der letzte Satz klang mir noch in den Ohren, als die Leitung schon lange tot war. Bis zum heutigen Tag hatte er mich immer Guy genannt. Seine plötzliche Förmlichkeit war ungewöhnlich, und ich sah auch keinen Sinn darin, dass ich die Wohnung räumen sollte. Ich war von unverständlichen Vorgängen geradezu umstellt. Der geplatzte Scheck. Die Aufforderung, die Wohnung zu räumen. Und Max' Verhalten, sowohl in der Nacht des Mordes an Charnwood als auch seitdem. Ich hatte bis jetzt versucht, eine gewisse Logik darin zu entdecken, aber wenn es eine gab, konnte ich sie nicht verstehen. Was als nächstes geschehen würde, war nicht vorauszusehen. Doch ich hatte das unbehagliche Gefühl, dass ich mit in den Strudel gerissen werden würde.
Mrs. Dodds drohende Ankunft trieb mich aus der Wohnung. Ich war nicht in der Stimmung, mir ihre Sermone anzuhören. Stattdessen versuchte ich, etwas von meinem Frust mit einem Spaziergang durch London loszuwerden, und ging zu Charnwoods Bank in der Lombard Street. Vielleicht würde man mir dort erklären, dass die Stornierung des Schecks nur ein verwaltungstechnischer Fehler gewesen war. Stattdessen verwies man mich kühl an den Unterzeichner des Schecks. Der Kassierer ließ sich nicht anmerken, ob er in seiner Sonntagszeitung gelesen hatte, dass der Unterzeichner des Schecks erschlagen in einem Wald in Surrey aufgefunden worden war. Und er verriet mir auch keinen Grund, warum der Scheck zurückgegeben worden war. Dafür versorgte er mich großzügig mit einer Information, die ich bereits besaß: mit der Adresse von Charnwood Investments.
Ich verließ die Bank und ging eine der Alleen entlang, die, wie ich wusste, nach Cornhill führten. Auf dem Weg zum George and Vulture, das gerade öffnete, dachte ich darüber nach, wie ich Charnwoods Prokurist überzeugen könnte, dass die Firma mir rechtmäßig 1000 Pfund schuldete. Aber ich war sicher, dass er mir nicht zustimmen würde. Und die hauchdünne Chance, er könnte es doch tun, war das Risiko nicht wert, dass Hornby von dem Versuch erfuhr. Ich biss mir auf die Lippen und betrat das George and Vulture, um dort den einzigen Trost zu suchen, der mir blieb.
Wenigstens darin wurde ich nicht enttäuscht. Ich saß dort zwei trübselige Stunden lang, beobachtete die rotgesichtigen Einwohner der Stadt, wie sie ihre Steaks mit Bohnen herunter schlangen, und hörte
Weitere Kostenlose Bücher