Geschöpfe Der Ewigkeit
trägt den Namen Gaia. Er lächelt, verbeugt sich, aber sagt nichts. Seine Augen schimmern grünlich und sind wunderschön.
»Gaia stammt von einer Rasse ab, die nicht spricht«, erklärt Alanda. »Aber er kann deine Gedanken lesen.«
Ich nicke in seine Richtung. »Ich danke dir, daß du unseretwegen gekommen bist, Gaia. Ich hoffe, deine Reise war nicht zu lang.«
Er lächelt und schüttelt den Kopf. Nein, nicht zu lang.
Ich vernehme ein schwaches Summen.
»Was ist das?« frage ich.
»Unsere Maschinen«, antwortet Alanda.
»Werden wir bald starten?«
»Wir sind schon gestartet.« Alanda macht eine umfassende Bewegung mit dem Arm. »Wir befinden uns bereits in der Umlaufbahn.«
Der Boden des Raumschiffs erscheint plötzlich klar wie Wasser, und ich mache hastig einen Schritt zurück, weil ich einen Augenblick lang fürchte, zu fallen. Unter uns erkenne ich den blauschwarzen Pazifik und die schimmernde Küste Kaliforniens. Ich sehe Lake Tahoe und muß an meine Freunde denken.
Wir scheinen uns Richtung Westen zu bewegen und mit erstaunlicher Geschwindigkeit voranzukommen. Das Summen hat aufgehört, alles ist jetzt ruhig. Die Aussicht ist so schön, daß sie mir den Atem nimmt – und mich gleichzeitig traurig stimmt. Es ist faszinierend und bedrückend zugleich, die Erde und damit alles, was ich kenne, aus dieser Perspektive zu sehen. Nie zuvor war mir bewußt, wie sehr ich diesen Planeten als meine Heimat betrachte.
»Sie ist eine starke Frau«, sagt Alanda, die wieder einmal meine Gedanken gelesen hat. »Aber gleichzeitig ist sie auch empfindlich.«
»Kann ein Planet denn leben?«
»Lebt eine Sonne?« antwortet sie mit einer Gegenfrage. »Habe ich dir nichts bereits gesagt, daß es der Gott in eurer Sonne war, der beschlossen hat, daß die Menschen mit dem Schleier zu leben haben – bis heute.«
»Stammst du auch von einer Welt, die einen solchen Schleier kennt.«
»Ursprünglich ja.«
»Kannst du mir von dieser Welt erzählen?«
»Nicht jetzt.«
»Habe auch ich dort gelebt, bevor ich auf die Erde kam?«
»So kann man es nicht sagen. Bevor du herkamst, hast du in einem Reich großen Glücks gelebt.«
»Willst du damit sagen, daß ich aus einer höheren Dimension stamme?«
»Ja«, erklärt Alanda. »Aus einer höheren Dichte.«
»Warum habe ich mich entschieden, auf die Erde zu kommen?«
»Um zu dienen und zu wachsen. In den Augen des Schöpfers ist es das gleiche.«
»Und warum habe ich mich entschlossen, ein Vampir zu werden?«
Alanda zögert. »Als du herkamst, warst du noch kein Vampir.«
»Hatte ich ein Leben vor meiner jetzigen Existenz?«
Ihre Stimme klingt plötzlich melancholisch. »Ja. Vor sehr langer Zeit.«
Sie versucht mir etwas zu sagen, ohne es direkt auszusprechen.
»Habe ich einen Fehler gemacht, als ich zurückkehrte?« frage ich. »Wurde ich aus diesem Grund als Vampir wiedergeboren?«
Alanda beugt sich vor und berührt mein Gesicht. »Du bist zu der dritten Dichte jenseits der Liebe zurückgekehrt. Wenn du einen Fehler gemacht hast, Sita, dann nur aus Liebe. Du darfst dich deswegen nicht schuldig fühlen.«
Jetzt befinden wir uns über Indien. Mit einer Kopfbewegung weise ich auf Rajastan, wo Wüste und Grün aufeinandertreffen.
»Dort wurde ich vor fünftausend Jahren geboren«, sage ich. »Aber das weißt du gewiß. Was du vielleicht nicht weiß, ist, daß ich empfinde, als hätte ich dieses kleine Dorf dort unten niemals verlassen. Ich bin immer noch das junge Mädchen, das heimlich bei der Opferung zusieht, die Yaksha in Ambas totem Körper zum Leben erweckt.« Ich verstumme und fahre dann zögernd fort: »Ich habe ihn als ungeborenes Kind gespürt, als ich meine Hand auf die harte Haut des Leichnams seiner Mutter legte. Ich hielt ein Messer, und mein Vater gab mir die Chance, Yakshas Leben zu beenden, bevor es überhaupt begann.« Eine Welle von Schwäche gleitet durch meinen Körper, und ich senke müde den Kopf. »Aber ich konnte Yaksha nicht töten.«
Alanda umarmt mich. »Aus Liebe, vergiß das nicht. Du mußt die Vergangenheit ruhen lassen.«
»Aber gerade du sendest mich doch in einen Teil der Vergangenheit zurück, den ich ruhen lassen will.«
»Weil es für dich der einzige Weg ist, endlich damit abzuschließen. Vertrau uns, Sita. Wir tun dies nicht nur für uns, sondern auch für dich. Deine und unsere Zukunft sind miteinander verknüpft.«
Ich blicke auf und lächle. »Daß ich dich beinah getötet habe, bedeutet noch lange nicht, daß ich dir
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