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Geschöpfe Der Ewigkeit

Geschöpfe Der Ewigkeit

Titel: Geschöpfe Der Ewigkeit Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Christopher Pike
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Prophezeiungen wahr. Aus diesem Grund heißt es, daß derjenige, der diesen Speer in Händen hält, das Schicksal der Welt bestimmt.« Landulf verstummt und lächelt. »Das ist die Geschichte, die man sich über diese Waffe erzählt.«
    Faszinierend, das muß ich zugeben. Als ich den Arm ausstrecke und den Speer berühre, spüre ich, wie eine merkwürdige Kraft auf mich übergeht. Es ist anders als alles, was ich bisher erlebt habe, zumindest als alles, an das ich mich erinnern kann. Doch vage taucht die Erinnerung an ein dunkelhäutiges Kind in mir auf. Der Speer ist zweifelsohne ein Instrument des Krieges, trotzdem tröstet er mich. Ich berühre die Spitze und denke an das Blut, das sie einst benetzt hat.
    Das Blut, das die Fähigkeit hatte, die Sünden aller Menschen fortzuwaschen.
    Während ich neben Landulf stehe, spüre ich plötzlich die Last aller Morde, die ich in meinem langen Leben aus Blutdurst begangen habe. Er scheint irgend etwas zu bemerken und sieht mich merkwürdig an.
    »Sita?« sagt er.
    »Ihr glaubt diese Geschichte?« frage ich mit unsicherer Stimme.
    Er beobachtet mich noch immer. »Ich glaube sie, aber ich muß zugeben, daß ich ein unverbesserlicher Romantiker bin.« Er beugt sich vor, um mir etwas ins Ohr zu flüstern: »Was spürt Ihr, wenn Ihr ihn berührt, Sita?«
    Ich schließe kurz die Augen. »Ich spüre das Kind«, murmele ich.
    »Das Jesuskind?«
    »John.«
    Er lehnt sich zurück. »Johannes den Täufer?«
    Ich öffne verwirrt die Augen. Einen Moment lang sehe ich Suzamas Gesicht vor mir. Aber sie hatte keine Kinder, sage ich mir. Suzama lebte nach dem Zölibat. Doch der Name John geht mir nicht mehr aus dem Kopf, wie auch das Gesicht eines Kindes, das ich aber nicht richtig einordnen kann.
    »Ich habe nicht an den Täufer gedacht.«
    »An was denn?«
    Unvermittelt kann ich mich nicht mehr erinnern.
    »Ich weiß nicht«, sage ich wahrheitsgemäß.
    Er weist zur Tafel. »Wir sollten unser Mahl beenden.«
    »Ja. Ich danke Euch.«
    Damit ergreift er meine Hand und führt mich zurück zu meinem Platz.
    12.
    KAPITEL
    Als ich mich später wieder in meiner Kammer befinde, fühle ich mich benommen und erschöpft. Ich bin viertausend Jahre alt, und normalerweise brauche ich nur wenig Schlaf. Doch jetzt überkommt mich die Müdigkeit. Als ich in den von flackernden Kerzen umgebenen Spiegel blicke, habe ich das Gefühl, daß sich mein Gesicht in die Züge einer anderen Person aus einer anderen Zeit verwandelt und meine blonden Haare dunkel werden. Die Flammen der Kerzen wachsen an, bis sie so groß sind wie das Licht der Feuerstelle in der Halle, in der ich mich eben noch befunden habe. Ich spritze mir ein wenig Wasser ins Gesicht und spüre, wie einige der Vorstellungen etwas von mir ablassen, ohne jedoch ganz zu verschwinden. In meinem Mund habe ich einen unangenehmen Geschmack, der sich auch durch Wasser nicht weg-spülen läßt.
    Dann plötzlich weiß ich es.
    Sie haben mir Drogen gegeben!
    Landulf hat etwas unter mein Essen gemischt, vielleicht mit, vielleicht ohne Wissen seiner Frau. Es gibt keine andere Erklärung für meine unvermittelte Le-thargie. Und es ist alles andere als wahrscheinlich, daß die Drogen zu meinem Guten sind und nur für meinen ruhigen Schlaf in einem von Dämonen heim-gesuchten Schloß sorgen sollen. Er hat mir die Drogen gegeben, damit ich bewußtlos werde – und er mit mir tun und lassen kann, was er will! Plötzlich sind Dantes Geschichten wieder da, seine grausamen Erzählungen, und ich frage mich, wie ich trotzdem so unvorsichtig habe sein können. Oder hat Landulf mit Magie dafür gesorgt, daß ich alle Vorsicht vergesse?
    Mittlerweile bin ich sicher, daß er mir Gift gegeben hat und ich meinem Schicksal nicht mehr entfliehen kann.
    Ich zwinge mich dazu, mich zu übergeben. Dann trinke ich das restliche Wasser aus dem Gefäß und breche noch einmal. Langsam wird mein Kopf klarer, aber mein Zustand ist noch immer alles andere als normal. Ich gehe zur Tür und stelle fest, daß sie verschlossen ist – mit einer Sicherung, die mindestens so ausgeklügelt ist wie die am Käfig der drei jungen Frauen. Die metallenen Teile sind aus einer merkwürdigen Legierung gefertigt, die stärker ist alles, was ich kenne. Glücklicherweise ist die Tür, obwohl massive Eiche, nur aus Holz. Ich lehne mich fest dagegen und atme tief durch, um meinen Körper von der Wirkung der Drogen zu bereinigen. Schließlich gelingt es mir, die Tür aufzubrechen, ohne dabei viel Lärm zu

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