Geschöpfe Der Ewigkeit
verursachen.
Vor der Tür steht Marie.
Ich packe sie und ziehe sie in den Raum.
»Was tust du hier?« verlange ich zu wissen.
Sie hat Angst, und mein Griff um ihren Hals ist fest.
»Ich bin gekommen, um zu sehen, ob Ihr etwas braucht, meine Dame.«
»Du lügst. Du hast vor meiner Tür gewartet. Warum und auf was?«
Sie bewegt mühsam den Kopf. »Nein, meine Dame, ich bin hier, um Euch zu dienen.«
»Du bist hier, um mich auszuspionieren.« Ich drücke ihr ein wenig die Luft ab. »Hat Herzog Landulf dich damit beauftragt?«
Sie keucht. »Nein. Bitte, laß mich los, Ihr tut mir weh!«
Ich festige meinen Griff, und ihr Gesicht verliert noch mehr Farbe. »Spürst du, wie stark ich bin? Ich bin so stark wie ein Dutzend Männer. Sag mir jetzt die Wahrheit, oder du wirst unter entsetzlichen Schmerzen sterben. Was wolltest du ausspionieren?«
Sie kann kaum sprechen. »Euch.«
»Man hat dir gesagt, daß ich Drogen eingeflößt bekommen habe?«
»Ja.«
»Wer hat dir das gesagt?«
»Herzogin Cia.«
»Und du solltest warten, bis ich das Bewußtsein verliere?«
»Ja.«
Marie beginnt langsam, blau anzulaufen. Aber ihr Wille ist noch immer stark genug, um sich zu wehren.
»Nein!« keucht sie.
Ich grabe meine Nägel in ihren Hals, bis es blutet. »Entweder du antwortest mir sofort, oder ich reiße dir den Kopf ab!«
Sie stöhnt. »Ich sollte Euch zu der Opferung bringen.«
Ich lockere meinen Griff ein wenig und runzle fragend die Stirn. »Welche Opferung? Wo findet sie statt?« Sie ringt nach Luft. »Unten – in den verborge-nen Kammern.«
Ich sehe sie scharf an. »Du wirst mich dort hinbringen, und zwar auf geheimem Weg. Ich will der Opferung beiwohnen, ohne allerdings selbst gesehen zu werden. Hast du verstanden?«
Sie hustet schwach. »Ich will nicht sterben.«
Ich runzle grimmig die Stirn. »Dann sieh zu, daß du dich entsprechend verhältst.«
Marie führt mich durch einen dunklen Korridor, der keine Verbindung zu den übrigen Hallen und Wegen des Schlosses zu haben scheint. Wir verlassen meine Kammer und betreten einen fast direkt daran anschließenden Tunnel, dessen Zugang sich öffnet, indem Marie bestimmte Stellen an den steinernen Wänden mit kräftigem Druck berührt. Die Geheimtür schließt sich hinter uns, und ich frage mich, ob ich auf dem Rückweg genug Kraft haben werde, um sie zu öffnen. Die Wirkung der Drogen läßt nur langsam nach. Farbige Blitze zucken vor meinen Augen, ich spüre meinen Herzschlag bis in den Kopf hinein, und ich muß ständig gähnen. Mein Inneres wird von Krämpfen geschüttelt. Ich bin erstaunt darüber, wie heftig die Droge bei mir wirkt. Normalerweise bin ich absolut immun gegen diese Dinge.
Wir erreichen eine steile Treppe und steigen zahllose Stufen hinab. In der einen Hand halte ich eine Kerze, mit der anderen greife ich erneut Maries Hals.
»Wenn du schreien solltest«, sage ich, »wird dieser Schrei das letzte sein, was du in deinem Leben hörst.«
»Ich werde Euch nicht verraten«, flüstert sie.
»Ja, du bist wirklich sehr loyal«, entgegne ich nicht ohne Ironie.
Die Treppe nimmt kein Ende, wir steigen minutenlang hinab, und ich bin mittlerweile überzeugt davon, daß Landulf sein Schloß über einer tief gelegenen Höhle errichtet hat. Nicht vorstellbar, daß Menschenhände all diesen Stein weggeschnitten haben sollen. Doch irgend jemand muß diesen Tunnel in die Tiefe erbaut haben, der vermutlich älter ist, als ich bisher geglaubt habe. Die Steine, aus denen die Wände erbaut sind, wirken sehr alt. Ich erinnere mich an Dantes Aussage, daß an dieser Stelle das Orakel der Venus gewesen sein soll.
Schließlich erkenne ich weiter vorn ein rötliches Glühen. Zur gleichen Zeit steigt die Temperatur um uns herum beträchtlich. Ich lösche das Licht und bringe Marie dazu, anzuhalten.
»Hier unten führt Herzog Landulf seine Opferungen durch?« frage ich.
»Ja.«
»Welche Art von Opferungen?«
»Alle Arten.«
Ich schüttele sie. »Tötet er auch Menschen? Foltert er sie?«
»Ja.«
»Warum?«
Sie schluchzt auf. »Ich weiß nicht warum.«
»Warum bleibst du dann hier? Bist du etwa keine Christin?«
Sie zittert entsetzlich. »Wenn ich ihm nicht diene, werde auch ich geopfert.«
»Ist so das Gesetz?«
»Ja. Bitte, laßt mich jetzt gehen!«
»Nein, ich bin noch nicht fertig mit dir. Gibt es eine Stelle, von der aus wir die Opferung sehen können, ohne daß man uns entdeckt?«
Sie blickt in Richtung des roten Scheins. Fast scheint es, das Licht
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