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Geschöpfe der Nacht

Geschöpfe der Nacht

Titel: Geschöpfe der Nacht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gordon R. Dickson
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über Zaun und Grundstück des Hauses 5514 hingen. Er mußte weitere zwei Meter klettern, bis er einen erreichte, der ihm geeignet erschien. Er setzte sich rittlings darauf und rutschte langsam hinaus.
    Die ersten vier oder fünf Meter waren leicht. Der Ast war dick und trug ihn ohne weiteres. Aber dann, als er sich verzweigte und dünner wurde, bog er sich unter seinem Gewicht nach unten. Das war genau richtig, denn der Punkt, wo der Ast dem Stamm entwuchs, war acht Meter über der Erde, und er hatte gehofft, dem Rasen jenseits von Zaun und Hecke ein gutes Stück näher zu kommen, bevor er spränge.
    Doch nun, als der Ast hinter ihm verräterisch knarrte und sich bedenklich zum Bruchpunkt herabbog, hielt er in seiner Fortbewegung inne und spähte hinunter. Er war gute fünf Meter innerhalb des Zauns und seiner hohen Hecke, und der Boden war kaum dreieinhalb Meter unter ihm. Nichts Beunruhigendes war in Sicht. Warum also zögerte er noch?
    Dann hörte er es wieder und erkannte es als das Geräusch, das seinen inneren Alarm ausgelöst hatte, ohne daß er es bewußt hatte identifizieren können: ein leises, kehliges Knurren.
    Seine Augen suchten in der Dunkelheit unter ihm nach dem Urheber des Geräusches – und diesmal entdeckten sie ihn.
    Es war ein Wolf, ein ausgewachsener Wolfsrüde, der gut und gern hundertvierzig Pfund wiegen mochte, und er stand direkt unter ihm auf dem Rasen, die Kiefer ein wenig geöffnet, mit breiter Stirn und Augen, die den gedämpften Lichtschimmer der Straßenbeleuchtung reflektierten. Der Wolf blickte unverwandt zu ihm auf. Zwischen den aufgestellten Ohren glomm etwas wie Metall.
    Das fast unhörbare Grollen brach ab. Es wurde zu einem hechelnden Japsen, das sich zu kaum verständlichen Worten formte.
    »Ich bin Lukas«, sagte der Wolf. »Und ich soll töten.«

 
4
     
    Rafe versuchte instinktiv zurückzukriechen. Aber bei der Bewegung neigte sich der Ast unter ihm abwärts, und ohne erkennbare Vorbereitung schoß der Wolf in die Luft auf ihn zu. Rafe zog seine baumelnden Füße an, und die weißen Fänge klappten nur eine Handbreit unter ihnen zusammen, als der Ast wieder emporschwang. Rafe hielt sich daran fest und wagte keine Bewegung mehr. In seinen Reaktionen behindert, hatte er nicht die Absicht, es unten auf dem dunklen Rasen mit einer Bestie wie dieser aufzunehmen. Es mußte andere Methoden geben, diese Situation zu meistern, als mit bloßen Händen einem Wolf gegenüberzutreten.
    Lukas wartete unter ihm und hatte wieder das kehlige Grollen im Hals. Rafe neigte seinen Kopf ein wenig zur Seite – der Ast zitterte unter ihm – und sprach den Wolf an.
    »Lukas«, sagte er. »Ich will jemand besuchen, die du kennst. Gabrielle. Kann Gabrielle mich hören, wenn ich zu dir spreche?«
    Das leise Grollen brach ab und kehrte nach einem Moment verstärkt wieder.
    »Gabrielle?« sagte Rafe mit erhobener Stimme. »Ich bin Rafe Harald. Ich telefonierte gestern – oder vielleicht ist es inzwischen vorgestern – vom Mond aus mit Ihnen, wegen Ab. Ich hatte große Schwierigkeiten, hierher zu kommen, aber nun hat Lukas mich auf einem Ast über Ihrem Rasen gefangen, und ich kann weder vor noch zurück.«
    Er wartete. Es kam keine Antwort, nur die gleichmäßige, kehlige Warnung des Wolfs.
    »Gabrielle«, sagte Rafe laut. »Wenn Sie Abs Schwester sind, dann wissen Sie über seine Arbeit Bescheid. Ich auch. Das sollte beweisen, daß ich nicht irgendein Schlafwandler bin, der bei Ihnen einbrechen will. Ich weiß, daß Ab wahrscheinlich eine Methode gefunden hat, Menschen gegen die Energieausstrahlung abzuschirmen oder dagegen immun zu machen. Die Tatsache, daß der Wolf mitten in der Nacht hier herumläuft, beweist, daß Ab so etwas getan hat. Das bedeutet, daß auch Sie wahrscheinlich wach sein können, während der Sender aktiviert ist. Es sollte Ihnen möglich sein, herauszukommen und mir den Wolf lange genug vom Leib zu halten, daß ich beweisen kann, wer ich bin. Können Sie mich hören, Gabrielle?«
    Keine Antwort, bis auf das Knurren. Rafe blickte hinunter.
    »Paß auf, Lukas«, sagte er. »Ich möchte mit Gabrielle sprechen. Gabrielle. Wo ist Gabrielle?«
    , Das Knurren wurde zu einem Wort.
    »Nein«, sagte Lukas.
    »Gabrielle wird entscheiden«, sagte Rafe. »Gabrielle will nicht, daß du mich angreifst. Ich kann sie von hier aus nicht rufen, aber du kannst es, ich weiß es. Ruf Gabrielle.«
    »Nein«, sagte Lukas.
    »Warum nicht? Hat Gabrielle dir gesagt, daß du sie niemals rufen

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