Gesicht im Schatten: Idylle - Stalking - Mord
Damen aus dem Horizontalgewerbe auf Kundschaft
warteten. Die Fenster der überwiegend in Hochparterre gelegenen Wohnungen waren
romantisch beleuchtet. Einige der Damen saßen am offenen Fenster und sprachen
die vorübergehenden Männer an. Andere Damen standen vor ihrer Haustür in ihren
knappen schwarzen Lederröcken, den tiefen Dekolletés, den Netzstrümpfen und in
ihren Schuhen mit himmelhohen Pfennigabsätzen.
„Na mein
Süßer, wie wäre es mit uns zwei.“ Dieser oder ähnliche Sätze schwirrten durch
die Luft.
Aus den
Hauseingängen drang ein süßlicher Geruch aus billigem Parfum, Schweiß und Urin.
Er nahm Witterung auf und ließ die Gerüche durch seinen Körper strömen. Er war
sich nicht sicher, ob er heute in Stimmung kommen würde. Es kam vor, dass die
Gerüche und Anblicke von viel jungem Fleisch nicht die gewünschte Wirkung
hatten. Er ging durch die ganze Straße und als er spürte, dass der gewünschte
Erfolg heute ausbleiben würde schlenderte er weiter durch die Straßen, den Hund
im Schlepptau.
Er war
traurig, das Gefühl kannte er. Wenn er mit großer Erwartung losging, dann aber
feststellen musste, dass nicht die richtige Frau dabei war, versank er mitunter
in tiefe Depression. Sein Weg führte an einer Döner-Bude vorbei und er
beschloss einen Döner zu essen. Er genehmigte sich eine Flasche Bier dazu, der
Hund saß sabbernd neben ihm und wartete darauf einen Bissen abzubekommen.
Den Blick
ins Leere gerichtet saß er noch eine Weile in der Döner-Bude. Irgendwann, das
Bier war längst ausgetrunken, stand er auf, ging an die Theke und bezahlte.
Die
Aussicht, nun einfach nach Hause zu gehen, gab seiner Stimmung keinen Auftrieb.
Er ging im Geiste seinen Weg nach Hause und plötzlich kribbelte es erst in
seinem Magen. Das Kribbeln sank tiefer in seine Leistengegend. Er würde einen
Blick auf ihre Wohnung werfen können und wenn Licht bei ihr brannte, dann
suchte er sich Deckung und ließ seiner Phantasie freien Lauf.
Er hatte es auf einmal sehr eilig
nach Hause zu kommen und war nur noch beseelt von dem Wunsch, dass Licht in
ihrem Fenster zu sehen war. Er ging schneller und begann bisweilen leicht zu
traben. Warum war er nur so weit weggegangen? Aber das gab ihm die Möglichkeit
seine Vorfreude entsprechend anzuheizen. Es waren jetzt noch gut 500 m und es
ging stetig bergauf. Gelegentlich musste er stehen bleiben, wenn sein Hund das
Bein hob.
„Nun komm
schon, du blöder Köter“, brachte er keuchend hervor.
Er bog
endlich in seine Straße ein und würde bald ihr Fenster sehen. Er wechselte die
Straßenseite, um so früh wie möglich einen Blick auf ihr Haus werfen zu können
und um erkennen zu können, ob sich seine Vorfreude auf ein erleuchtetes Fenster
gelohnt hatte. Da, jetzt konnte er es sehen. Es war erleuchtet. Sein
Adrenalinspiegel schnellte in die Höhe, das Blut kam in Wallung und die
Depression, die ihn überfallen hatte, war wie weggeblasen.
Er blieb
auf der Straßenseite, die ihrem Haus gegenüber lag und suchte den Schutz der
Dunkelheit. Es gab einen schmalen Fußweg, der von dieser Straße abzweigte und
an der Biegung zu diesem Weg stand ein alter knorriger Baum. Der dicke Stamm bot
ihm genug Schutz nicht gesehen zu werden.
Er
stierte zu ihrem Fenster und erkannte plötzlich, dass sie wohl nicht allein
war. Wer war bei ihr, ein anderer Mann? Er zermarterte sich sein Hirn so sehr,
dass es ihn beinahe schmerzte. Wer war nur bei ihr? Er sollte bei ihr sein,
aber nein, stattdessen hatte dieses Luder jemand anderen bei sich. Er biss sich
auf die Lippen, um die Schmerzen der Schmach zu überdecken. Er hörte auch
Musik, die aus ihrer Wohnung kam. Für einen Moment schloss er die Augen und gab
sich seinen Gedanken hin.
Die
Auswirkungen dieses phantastischen Ausflugs blieben auch nicht aus. Was sollte
er tun? Sollte er es wagen – hier auf der Straße? Die Gefahr, dass ein Nachbar
vorbeikam und ihn dabei erwischen würde, war zu groß. Für den Moment musste die
Freude darüber reichen, dass der Tag ein so beglückendes Ende nahm. Er kam aus
der Deckung heraus und ging zielstrebig nach Hause. Ein paar Meter weiter lag
sein Haus. Er beeilte sich und schloss vor Erregung keuchend die Tür auf. Er
schloss die Tür hinter sich und ließ sich, schwer atmend rückwärts gegen die
Tür fallen. Die Erregung pochte wie ein Hammer.
9
Stefan saß an seinem Schreibtisch. Obwohl sich die Akten
auf seinem Tisch türmten, hatte der Mord
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