Gesicht im Schatten: Idylle - Stalking - Mord
Krautmann freien Lauf.
„So ein Scheißkerl, was bildet
der sich denn eigentlich ein. Warum muss er sich ausgerechnet mich aussuchen,
als wenn es keine anderen Frauen auf dieser Welt gäbe. Wobei ich es keiner
anderen Frau wünsche, so belästigt zu werden. Wirklich ekelhaft das Ganze. Wenn
ich ihn sehe wird mir kotzübel. Jetzt kommt er sogar schon so nah heran. Was
hältst du davon?“
Angela hatte mir ganz still
gelauscht, was ich schon immer an ihr geschätzt hatte. Als sie aber antwortete
legte sich ein eiskalter Ring um mein Herz.
„Hm, was soll ich dazu sagen.
Da fällt mir gar nichts zu ein. Warte doch erst einmal ab.“
Es waren nicht nur die Worte,
die mich aufhorchen ließen. Es war auch die Art wie sie sprach. Sie hatte alle
Wort in die Länge gezogen, so dass es sich anhörte, als ob sie in Zeitlupe
sprach. War sie auf Drogen, oder was war mit ihr los.
„Angela, alles okay mit dir?“,
fragte ich außerordentlich alarmiert.
„Soll ich vorbeikommen.
Brauchst du Hilfe? Hallo, bist du noch da?“
Meine Gedanken fuhren
Achterbahn.
„Was hast du gerade gesagt? Ja,
ich bin noch da. Du, können wir morgen noch mal reden? Ich muss mich hinlegen.“
Noch ohne meine Antwort
abzuwarten, hatte sie aufgelegt und die Leitung blieb stumm.
Das war nicht die Angela, die
ich bisher kannte. Was hatte sie gemacht? Wieso ging es ihr so schlecht? Sollte
ich bei ihr Sturmklingeln? Nein, jeder darf auch mal einen schlechten Tag
haben, versuchte ich mich zu beruhigen. Morgen sieht die Sache bestimmt schon
wieder ganz anders aus und alles wird sich klären.
Da mir durch das Gespräch mit
Angela auch nicht weiter geholfen war, entschied ich mich, noch eine kleine
Runde mit Amelie zu drehen. Ein wenig Bewegung würde mir gut tun. Danach, so
beschloss ich, würde ich schlafen gehen. Morgen wartete ein anstrengender Tag
auf mich und außerdem würde ich mich morgen Mittag mit Stefan treffen.
Es war der 10. Dezember und in
zwei Wochen war Weihnachten.
Teil
II
30
9. Januar. Die Feiertage und der Jahreswechsel waren
vorbei und das Leben nahm wieder seinen gewohnten Lauf. Weihnachten war ohne
große Vorkommnisse vorbei gegangen. Heiligabend hatte ich für Amelie und mich
eine Gans gebraten, die so groß war, dass sie noch weitere vier Tage reichte.
Jetzt war mein Bedarf an Gans auch erst einmal bis zum nächsten Weihnachtsfest
gedeckt.
Am ersten Feiertag war ich zu
meinen Eltern gefahren, um mit ihnen einen gemütlichen Nachmittagskaffee
einzunehmen, bei geschmücktem Weihnachtsbaum, einer Krippe und vielen echten
Kerzen. Es war sehr heimelig und ich mochte gar nicht daran denken, gegen Abend
wieder in meine stille Wohnung zurück zu kehren. An Weihnachten erinnerte in
meiner Wohnung nur das Fensterbild einer Glocke und ein wenig weihnachtliche
Dekoration im Wohnzimmer.
Wehmütig dachte ich an die
Jahre zurück, in denen Stefan und ich uns wie kleine Kinder auf Weihnachten
gefreut hatten und besonders auf den Weihnachtsbaum. Einmal hatten wir einen
Baum für fast DM 20,00 gekauft. Es war eine Nordmanntanne und wir waren
unglaublich stolz darauf. Es war noch gut eine Woche bis Heiligabend, so dass
wir ihn solange auf dem Balkon aufbewahrten. Als der Heilige Abend dann kam und
Stefan ihn ins Wohnzimmer holte, schwante mir schon böses. Er hinterließ
nämlich eine Schleifspur aus Unmengen Tannennadeln. Nachdem er das Netz vom
Baum gezogen hatte, rieselten noch mehr Nadeln und wir sahen uns etwas
verblüfft an. „Das kann ja heiter weiter“ platzte es gleichzeitig aus uns
heraus und wir mussten laut lachen. Stefan verschwand dann in der Küche und ich
begann den Baum zu schmücken. Mit jedem Teil, das ich am Baum befestigte,
rieselten wieder zahllose Nadeln vom Baum. Noch heute wundere ich mich darüber,
wie viele Nadeln so ein Baum hat. Als ich dann mit dem Schmücken fertig war,
sah der Baum schon sehr jämmerlich aus und die Strohsterne, Christbaumkugeln
und das goldene Lametta konnten diesen Anblick auch nur sehr dürftig aufwerten.
Dieser Baum überlebte nicht sehr lange, denn jedes Mal, wenn ich an dem Baum
vorbei ging und ihn kritisch beäugte, warf er wieder eine große Menge Nadeln
ab. Nach einer Woche waren schließlich fast gar keine Nadeln mehr dran und wir
entsorgten ihn. Aber obwohl er so teuer gewesen und der Weihnachtsbaumverkäufer
längst über alle Berge war, haben wir viel gelacht über unser Schreckgespenst.
Den zweiten
Weitere Kostenlose Bücher