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Gesichter der Nacht

Gesichter der Nacht

Titel: Gesichter der Nacht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jack Higgins
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besonders in stockdunklen Nächten – und von
Spaten sollten Sie in Zukunft auch die Finger lassen.« Er drehte
sich um, ohne eine Antwort abzuwarten, und ging auf den Platz zu. Sein
Mantel bauschte sich im leichten Wind.
      Der Jamaikaner sagte ruhig: »Das ist ein feiner
Mann. Schade, daß es nicht mehr gibt wie ihn.« Er seufzte
tief. Dann wandte er sich um und streckte Marlowe lächelnd die
Hand entgegen. »Ich habe mich noch nicht bei Ihnen bedankt, mein
Freund. Ich heiße Mackenzie – Henry Mackenzie. Die meisten
Leute nennen mich einfach Mac.«
      Marlowe nahm Macs Hand. »Hugh Marlowe«,
sagte er. Er wies mit dem Kopf nach dem Café. »Ich wollte
gerade Kaffee trinken. Kommen Sie mit?«
      Mac nickte, und sie gingen über die Straße
und traten in das Café. Es war voll, aber sie fanden noch einen
kleinen Tisch am Fenster, und Marlowe holte zwei Tassen Kaffee. Er bot
dem Jamaikaner eine Zigarette an. »Das war ein Superkinnhaken,
den Sie Monaghan verpaßt haben. Sah so aus, als hätten Sie's
gelernt.«
      Mac grinste. »Hab' ich auch. Ich bin als Profiboxer nach England gekommen.«
    »Und – hatten Sie Erfolg?« fragte Marlowe.
      Der Jamaikaner zuckte die Achseln. »Ein, zwei
Jahre lief alles wunderbar. Bis ich eines Abends mit jemand in den
Clinch geraten und zwischen den Seilen durchgefallen bin. Ich habe mir
den Fuß gebrochen.« Er seufzte. »Die Ärzte haben
das gerichtet, aber als ich wieder mit dem Training angefangen habe,
habe ich gemerkt, daß ich nur noch für eine schnelle Runde
gut war – dann tat der Fuß höllisch weh.«
    »Das ist wirklich Pech«, sagte Marlowe.
    Der Jamaikaner lehnte sich zurück
und lächelte. »Glauben Sie nur nicht, daß ich deswegen
still in mein Bier weine, Mann. Das Leben ist wie ein großes Rad,
das sich dreht und dreht. Jetzt bin ich gerade unten – und bald
bin ich wieder oben.« Er breitete die Arme aus. »Das ist
ein Naturgesetz.«
      Marlowe nickte. »Da mögen Sie recht
haben«, sagte er. »Was haben Sie für O'Connor
gemacht?«
      Mac zog die Schultern hoch. »Alles. Wie's gerade
kam – Obst verpackt, Fracht verladen… Angestellt hat er
mich als Lastwagenfahrer.«
    »Und was haben Sie von ihm gehalten?« fragte Marlowe.
      Das Lächeln verschwand aus dem Gesicht des
Jamaikaners. »Ich mochte ihn nicht. Das ist eine ziemlich
üble Bande hier. Wenn Miß Jenny nicht gewesen wäre,
wäre ich schon längst gegangen. Sie war der einzige Mensch,
der mich anständig behandelt hat.«
    »Wer ist Miß Jenny?« fragte Marlowe.
      »O'Connors Nichte«, antwortete Mac.
»Sie ist hier die Blume auf dem Misthaufen.« Er lachte kurz
und fügte hinzu: »Und niemand von dieser Bande wagt es, sie
auch nur eine Sekunde anzufassen. O'Connor würde mit Mord und
Totschlag darauf reagieren.«
      Mac schaute auf die Uhr an der Wand. »Ich
muß mich jetzt auf den Weg machen. In zwanzig Minuten geht ein
Zug nach London.«
      Marlowe zog Mac auf seinen Stuhl zurück.
»Warum wollen Sie nach London?« sagte er. »Ich kann
Ihnen hier einen Job vermitteln.«
    Mac runzelte die Stirn. »Ehrlich? Was für einen?«
    Marlowe schob seine Zigaretten über
den Tisch. »Einen Job als Lastwagenfahrer. Aber ich muß Sie
warnen. Das wird wahrscheinlich nicht ganz einfach. Ich arbeite
für einen Mann namens Magellan. Er wohnt in Litton. O'Connor will
ihn aus dem Geschäft drücken.«
      »O'Connor hat eine Menge Leute aus dem
Geschäft gedrückt. Wie wollen Sie verhindern, daß er
das auch mit Ihnen macht?«
      Marlowe ballte die Faust. »Da gibt es eine Reihe von Möglichkeiten«, sagte er.
      Der Jamaikaner begann zu lächeln. »Mr.
Marlowe, es wird mir ein Vergnügen sein, mit Ihnen zu
arbeiten.«
    »Bestens«, sagte Marlowe zufrieden. »Brechen wir auf, ja?«
      Sie verließen das Café und gingen die
Straße entlang, auf den Platz zurück. Nach wie vor herrschte
überall rege Geschäftigkeit, und als sie beim Lastwagen
waren, sagte Marlowe: »Setzen Sie sich hinters Steuer. Wir fahren
jetzt nach Litton, und ich stelle Sie Papa Magellan vor.«
      Plötzlich merkte er, daß jemand die Hand
auf seinen Arm gelegt hatte. Er drehte sich um und schaute in die
blauen Augen des Mädchens mit dem flachsblonden Haar. Sie blickten
einander einen Moment an, ohne zu sprechen, und Marlowe bekam einen
trockenen Mund und spürte ein Kribbeln in der Magengrube.
»Mr. Marlowe?« fragte das Mädchen.
    Er nickte und räusperte sich. »Ja. Was kann ich für Sie tun?«
      »Ich bin

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