Gestaendnis unter suedlicher Sonne
so.â
âWarum sollte ich?â
Sie schaute Ramón an. Er meinte es ehrlich. âSchon gutâ, erwiderte sie verwirrt. Er war ihr ein Rätsel.
Eigentlich hatte sie angenommen, dass er ähnlich wie Kieran wäre. Jemand, der keinen wirklichen Tiefgang hatte und um die Welt segelte, um den Pflichten und der Verantwortung an Land zu entgehen. Aber je näher sie ihn kennenlernte, umso mehr wurde ihr klar, dass sie sich irrte. Kieran hatte nicht dieses zarte Mitgefühl besessen und hätte wohl nicht freiwillig geholfen, das Deck zu schrubben.
âUnd was ist mit deiner Familie?â, erkundigte sie sich spontan, und seine Miene verschloss sich. So reagierte er nicht zum ersten Mal auf eine Frage. Wahrscheinlich hatte er sich dieses Verhalten durch die zahlreichen Hilfskräfte angewöhnt und zeigte so die Grenzen auf, die er respektiert sehen wollte. âEntschuldige. Ich räume die Eimer weg.â
âIch rede nicht gern über meine Familie.â
âDas ist okay und dein gutes Recht.â
âDu hättest mir nicht von deinem Sohn erzählen müssen.â
âNein, doch spreche ich gern über Matty, denn dadurch bleibt er in gewisser Weise lebendig. Wenn ich ihn totschweige, ist er nur in meinem Herzen, und ich habe Angst, dass die Erinnerung dann ein wenig verblasst ⦠Es tut mir leid, ich wollte nicht aufdringlich sein.â
âIch glaube nicht, dass du je aufdringlich sein könntest. Aber meine Geschichte ist nicht gerade erfreulich. Mein Vater starb, als ich sieben war. Er und mein GroÃvater ⦠sie kamen nicht miteinander klar. Mein GroÃvater war ein reicher Mistkerl. Er hat meine GroÃmutter entsetzlich schlecht behandelt. Mein Vater wollte schlieÃlich für Gerechtigkeit sorgen und hat einen Prozess angestrengt. Als es so aussah, als würden meine GroÃmutter und er das Verfahren gewinnen, hat mein GroÃvater ihn zusammenschlagen lassen. Er ist an den Verletzungen gestorben.â
âOh, Ramón.â
âEs ist eine Ewigkeit herâ, sagte er, doch Jenny hörte an seiner Stimme, dass ihn das Geschehen noch immer schmerzlich berührte. âEs konnte nichts bewiesen werden, und so haben wir weitergemacht, so gut es ging. Meine GroÃmutter hat es nie verwunden und ist drei Jahre später gestorben. Als ich Mitte zwanzig war, wurden meine Mutter und meine Schwester bei einem Verkehrsunfall tödlich verletzt. So viel zu meiner Familie. AuÃer einer Tante, die ich sehr liebe, gibt es niemanden mehr.â
âDann hast du kein Zuhause?â
âDas Meer ist eine wunderbare Geliebte.â
âAber nicht gerade zum Kuscheln geeignetâ, antwortete sie spontan und hätte sich ohrfeigen mögen. âDas Meer, eine Geliebte? Hättest du nicht lieber eine aus Fleisch und Blut?â
Ramón verzog amüsiert den Mund. âDu möchtest wissen, warum ich keine Frau habe?â
âNein, so hatte ich es nicht gemeint. Wenn du keine â¦â Sie schwieg unvermittelt, denn sie geriet mit jedem Wort mehr ins Schwimmen.
âHältst du dich für geeignet fürs Kuscheln?â Er lächelte.
Glückwunsch, Jenny, das hast du gut gemacht, dachte sie und spürte, wie sie errötete. Ramón brachte sie gründlich durcheinander. Er übte eine groÃe Faszination auf sie aus, die sie unbedingt bekämpfen musste. SchlieÃlich würde er ein Jahr lang ihr Boss sein.
âNein, ganz bestimmt nicht. Ich habe mir durch die Geschichte mit Kieran riesige Schwierigkeiten eingebrockt und nicht vor, mich noch einmal in Gefahr zu begeben.â
âDann sollte das Meer vielleicht auch dein Partner sein?â
âIch will und brauche keinen Partnerâ, erwiderte sie schroff. âDu kannst dich von mir aus gern an dein Meer halten, aber ich bleibe beim Kochen, Segeln und Deckschrubben. Was könnte eine Frau mehr wollen? Wie es scheint, sind Beziehungen für uns beide kein Thema mehr.â Jenny schwieg und blickte starr über Ramóns Schulter. âOh.â Sie schirmte die Augen mit der Hand gegen das Sonnenlicht ab. âOh, Ramón, schau!â, forderte sie ihn auf, und er wandte sich um.
Sie waren so aufeinander konzentriert gewesen, dass sie gar nicht auf die Umgebung geachtet hatten. Ein groÃes schwarzes Ding trieb auf die Marquita zu. Neben ihm befand sich ein viel kleineres Etwas, das durchs Wasser glitt, mal ab- und dann wieder
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