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Gestern, heute - jetzt

Gestern, heute - jetzt

Titel: Gestern, heute - jetzt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kelly Hunter
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und überlegte krampfhaft, welche Fragen sie ihm noch stellen konnte, doch allmählich fiel ihr nichts mehr ein, zumal Rafes Antworten immer knapper ausgefallen waren.
    Er zeigte ihr den Damm und die Feuchtgebiete unterhalb der Weinberge. Ein halbes Dutzend Wasservögel und einige prachtvolle schwarze Schwäne hatten die Gegend zu ihrem Zuhause gemacht.
    Danach fuhren sie auf die Spitze des Hügels, wo sie schweigend die Aussicht betrachteten. Währenddessen wuchs ihre Anspannung ins Unermessliche.
    „Wie spät ist es?“, fragte sie.
    „Sechzehn Uhr achtunddreißig.“
    Achtunddreißig Minuten in Gesellschaft des anderen ohne jegliches Blutvergießen – das war ein Erfolg. „Bist du bereit, an dieser Stelle abzubrechen?“
    „Gott, ja“, stieß er erleichtert aus, womit die Sache beschlossen war.
    Rafe widmete sich weiterhin dem Blick, während Simone erneut in den Truck kletterte und den Rock so weit herunterzog wie möglich war. „Okay, ich bin so weit“, rief sie. „Du kannst reinkommen“, fügte sie hinzu und warf ihm ein betont strahlendes Lächeln zu.
    Rasch stieg er ein und fuhr in rasantem Tempo den Feldweg hinunter. Offensichtlich hatte er es eilig, die Tour zu beenden. Es war doch sicherlich kein Zeichen von Feigheit, wenn sie sich am Türgriff festklammerte und zu beten begann, oder?
    Rafe warf ihr einen kurzen Blick zu, in dem tatsächlich ein Hauch Belustigung lag. Immerhin ging er ein wenig runter vom Gas.
    „Ich habe heute einen Brief bekommen“, bemerkte er. „Er stammt von einem gewissen Etienne de Morsay. Offensichtlich ist er das Oberhaupt eines abgelegenen Königreichs am Rand der Pyrenäen. Kennst du ihn?“
    „Ja“, entgegnete sie überrascht. „Er war ein Schulfreund meines Vaters. Immer wenn wir nach Spanien gefahren sind, haben wir bei ihm gewohnt. Er war stets sehr nett zu mir und Luc.“
    Simone runzelte die Stirn, während sie sich an Lucs Gesichtsausdruck erinnerte, als er Etienne de Morsay das letzte Mal begegnet war. „Er war auch derjenige, der bei der Hammer-schmidt-Auktion gegen Luc geboten und den Preis so in die Höhe getrieben hat. Was will er von dir?“
    „Er will, dass ich drei Monate für ihn arbeite und die Restaurierung eines alten Weinguts auf seinen Ländereien leite. Seine Hausaufgaben hat er jedenfalls gemacht. Er weiß ganz genau, was ich hier aufgebaut habe. Ich versuche noch, herauszufinden, durch wen er von mir gehört hat.“
    „Nicht durch mich.“ Simone schüttelte den Kopf. „Ich habe schon seit Jahren keinen wirklichen Kontakt mehr zu Etienne. Das letzte Mal habe ich ihn bei Daddys Beerdigung gesehen.“ Nachdenklich blickte sie zu Rafe hinüber. „Das ist ein sehr lukrativer Auftrag – mit enorm viel Prestige verbunden. Etienne de Morsay ist ein einflussreicher Mann. Wenn du sein Weingut wieder zum Blühen bringst, wird dein Ruf als erstklassiger Winzer in Europa gemacht sein.“
    Rafael trommelte mit den Fingern aufs Lenkrad. Eine Weile sagte er nichts, und er konzentrierte sich nur auf die Straße vor ihm, dann ergriff er schließlich wieder das Wort. „De Morsay schreibt, dass er in Sydney ist. Er will mich treffen. Und er will mein Weingut sehen.“
    „Das liegt natürlich ganz bei dir“, entgegnete sie vorsichtig, denn sie wusste nicht so recht, was er von ihr wollte. „Aber ich an deiner Stelle würde mich mit ihm treffen.“
    „Das werde ich auch.“
    Kurz darauf standen sie wieder vor dem Eingang zu den Kellereien. Rafe hielt direkt neben dem gemieteten Audi.
    „Vielen Dank für die Tour“, sagte sie höflich.
    „Vielen Dank für die Auskunft.“
    Sie verhielten sich äußerst zivilisiert. Er schaute sie an, als ob er sie entweder lieben oder erwürgen wollte, oder vielleicht auch beides. Offensichtlich war es an der Zeit, zu gehen.
    „Dann … sehe ich dich bei der Hochzeit“, murmelte sie, während sie aus dem Truck stieg und noch kurz in der geöffneten Tür stehen blieb.
    „Ich freue mich drauf“, entgegnete er.
    Lügner. Sie sprach es nicht laut aus. Anscheinend musste sie das aber auch gar nicht. Der Blick, den Rafe ihr zuwarf, zeigte ganz deutlich, wie schwer es ihm fiel, den Trauzeugen abzugeben, während sie die Brautjungfer war.
    „Spiel deinen Part, Simone, und ich spiele meinen“, erklärte er grimmig. „Das ist alles, worum ich dich bitte.“
    „Natürlich“, versetzte sie mit einem breiten Lächeln, das all die stürmischen Gefühle verbarg, die sie für diesen Mann empfand – nicht zuletzt den

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