Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Gestrandet: Ein Sylt-Krimi (German Edition)

Gestrandet: Ein Sylt-Krimi (German Edition)

Titel: Gestrandet: Ein Sylt-Krimi (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gisa Pauly
Vom Netzwerk:
gedichtet, die noch heute von Signora Benedetta in Geschirrtücher gestickt und in ihrem Wäschegeschäft verkauft wurden. Um ein Haar hätte Mamma Carlotta sich verstiegen, diesen Vorfahren einen Kollegen von Gero Fürst zu nennen. »Ich glaube allerdings nicht«, schloss sie stattdessen, »dass Signora Benedetta ein gutes Geschäft damit macht.«
    Carolin schien nun aufzutauen. Lächelnd hielt sie Gero Fürst die unterschriebene Vereinbarung hin und brachte es auch endlich fertig, einen kompletten sinnvollen Satz zu artikulieren. »Würden Sie mir meine Bücher signieren?« Sie schnürte ihren Rucksack auf und stapelte eine beachtliche Menge auf den Schreibtisch. Alle Romane, die Gero Fürst geschrieben hatte!
    Ein anerkennendes Lächeln ging über das Gesicht des Schriftstellers. »Donnerwetter! Wenn du dich so gut auskennst in meinem Werk, bist du natürlich besonders geeignet, mein neues Buch, ›Mutter des Raben‹, in den PC zu tippen.« Schwungvoll setzte er in jedes Buch eine Signatur. »Hast du eigentlich Ferien?«
    Carolin himmelte Gero Fürst an. »Ab nächste Woche. Dann habe ich viel Zeit.«
    »Gut so. Am besten, du kommst jeden Morgen her, dann gebe ich dir eine neue Kassette und schau mir durch, was du getippt hast.«
    Carolin nickte. Sie hätte zu allem genickt, was Gero Fürst ihr vorgeschlagen hätte. »Ich habe kürzlich gelesen«, sagte sie mit wichtiger Miene, »dass es in Ihrem neuen Buch auch Elemente eines Kriminalromans geben wird. Stimmt das?«
    Gero Fürst wehrte lächelnd ab. »Das habe ich auch gelesen, aber das ist natürlich Blödsinn. Ich bin kein Krimiautor, sondern Romancier. Diese Idee ist anscheinend entstanden, weil in ›Mutter des Raben‹ eine alleinstehende Frau ermordet wird und ein wichtiger Teil der Handlung die Frage ist, wer den Mord begangen hat.«
    »Wie interessant!« Mamma Carlotta war entzückt, ihren Teil zur Unterhaltung beitragen zu können. »In Wenningstedt ist auch gerade eine alleinstehende Frau ermordet worden. Was für ein Zufall! Haben Sie davon gehört?«
    Gero Fürst schüttelte den Kopf, ohne sie anzusehen. »Nein, davon habe ich nichts gehört. Wenn ich schreibe, kümmere ich mich um nichts anderes als um meinen Romanstoff.«
    Mamma Carlotta heuchelte Verständnis, obwohl sie sich nicht vorstellen konnte, dass sich jemand über Wochen und Monate mit nichts anderem als einer einzigen Geschichte befasste. Schriftsteller waren also doch keine Menschen wie alle anderen, selbst wenn sie so aussahen. Wie konnte ihm der grausige Mord entgangen sein, der in seiner Nähe geschehen war? Und wie konnte ein Literat über das Leben schreiben, wenn das wahre Leben unbemerkt an ihm vorüberging?
    Mamma Carlotta zog es vor, die Toilette aufzusuchen, statt Gero Fürst zu erklären, dass gerade ein Schriftsteller nicht nur um das eigene Ich kreisen, sondern sich auch mit dem Leben anderer befassen sollte.
    Das Badezimmer war genauso chaotisch, wie sie es sich vorgestellt hatte, und die Küche, deren Tür weit offen stand, sah auch nicht besser aus. Hier fehlte eine weibliche Hand, die für Ordnung sorgte. Mamma Carlotta blieb in der Tür stehen und betrachtete das Durcheinander auf dem Küchentisch, der mit aufgeschlagenen Zeitungen bedeckt war. Das Bild der Ermordeten von Wenningstedt nahm in jeder eine halbe Seite ein, sodass Mamma Carlotta es auf die Entfernung von zwei, drei Metern erkennen konnte.
    Sie lauschte und hörte die Stimme des Autors, der Carolin etwas vom Verband deutscher Schriftsteller erzählte. Dann schlich sie sich lautlos an den Küchentisch heran. Das Inselblatt lag dort, außerdem zwei überregionale Zeitungen sowie ein Flensburger und ein Husumer Tageblatt. Und in jeder dieser Zeitungen war die Seite aufgeschlagen, auf der von dem schrecklichen Mord in Wenningstedt berichtet wurde. Warum behauptete Gero Fürst, nichts davon zu wissen? Und warum interessierte er sich so sehr dafür, dass er gleich mehrere Zeitungen besorgt hatte, die darüber berichteten?
    Mamma Carlotta stand bewegungslos da und starrte auf die Zeitungsblätter. Es kam erst wieder Bewegung in sie, als sie Gero Fürst sagen hörte: »Wo bleibt deine Großmutter?«
    Fünf Sekunden später stand sie im Wohnzimmer, wo Carolin gerade die signierten Bücher in ihrem Rucksack verstaute. Fünf Sekunden reichten Mamma Carlotta für eine gute Idee. Und sie gehörte nicht zu den Menschen, die erst darüber nachdachten, ob es richtig war, sie in die Tat umzusetzen. Mit wenigen Worten

Weitere Kostenlose Bücher