Gestrandet: Ein Sylt-Krimi (German Edition)
als sich daran zu erfreuen, dass sie ihm ein Wort voraus hatte, das zum deutschen Sprachgebrauch gehörte. »Das ist eine Inhaltsangabe«, erklärte sie Tove und berichtete, was sie von Carolin erfahren hatte.
Daraufhin brauchte Tove einen Genever und beschloss kurzerhand, dass der Signora auch einer guttun würde. Die beiden prosteten sich zu, dann meinte Tove nachdenklich: »Sie glauben also, Magdalena Feddersen ist eine Frau, die ein Baby zur Adoption freigegeben hat? Und ihre leibliche Tochter hat sie erschlagen?«
Carlotta nickte. »Ich weiß, dass Valerie in Heimen aufgewachsen ist, das hat mir Lucia erzählt. Sie leidet sehr darunter, keine eigene Familie zu haben. Natürlich wird sie ihre leibliche Mutter hassen, die sie einfach weggegeben hat.«
»Und Gero Fürst?«, fragte Tove. »Der weiß, was Valerie Feddersen getan hat?«
Mamma Carlotta nickte. »Er verabscheut sie deswegen. Aber da er sie einmal geliebt hat, wird er sie nicht verraten.«
»Und was ist mit dem zweiten Mord?«, fragte Tove. »Hat den auch Valerie Feddersen begangen?«
Diese Frage kam Mamma Carlotta ungelegen. Als Tove sie aussprach, wurde ihr klar, dass sie schon länger in ihrer Körpermitte rumorte. Wie passte Donata Zöllners Tod in dieses Bild? Welche Verbindung gab es zwischen ihr und Valerie?
Mamma Carlotta verzog das Gesicht. »Dummerweise gibt es da noch ein Problem. Valerie Feddersen hat ein Alibi. Sie war in der fraglichen Nacht in Niebüll. Das behauptet sie jedenfalls, und mein Schwiegersohn glaubt ihr. Ihre Freundin, die sie in Niebüll besucht hat, behauptet es auch. Und da ihr außerdem in dieser Nacht in Niebüll das Auto gestohlen wurde …«
Mamma Carlotta sprach nicht weiter, denn in diesem Augenblick kam ein Mann herein, den sie kannte. Er trug einen nagelneuen hellen Sommeranzug, eine grell gestreifte Krawatte und ein dunkles Seidenhemd. Die kurzen Haare hatte er mit viel Gel frisiert, so gleichmäßig und symmetrisch waren sie aufgestellt wie bei einem Kaktus. Die linke Hand steckte in der Hosentasche, mit der rechten Faust schlug er im Vorübergehen herausfordernd auf jeden der Stehtische.
»Einen Garnelenspieß«, rief er, »und einen Schampus dazu!«
Tove betrachtete ihn von Kopf bis Fuß. »Ist bei dir der Reichtum ausgebrochen?«
Kurt Fehring zündete sich eine Zigarette an. »Du sagst es.« Er sah sich nach einem Aschenbecher um und benutzte, als er keinen fand, einen der Blumentöpfe, in denen blaue Veilchen standen, deren künstliche Blüten vom Frittierfett glänzten. »Wahrscheinlich werde ich demnächst bei Gosch am Kliff meine Garnelenspieße essen.«
»Das wirst du wohl müssen. Bei mir stehen sie nämlich nicht auf der Karte. Wie wär’s mit einem Fischbrötchen?«
Fehring verzog den Mund. »Die stinken!«
Mamma Carlotta erschrak, als Tove mit einer blitzschnellen Bewegung über die Theke nach Fehrings Kragen griff. »Du spielst hier nicht den dicken Max, Frettchen! Klar? Wenn dir meine Fischbrötchen nicht passen, brauchst du meinen Schampus auch nicht zu trinken.« Er versetzte Fehring einen Stoß, sodass er ein paar Schritte zurücktaumelte. »Und jetzt kannst du dir noch mal überlegen, ob du lieber gleich zu Gosch gehst. Im Übrigen gilt auch in meinem Imbiss das Rauchverbot! Und daran hast du dich zu halten – wie alle anderen! Geraucht wird nur draußen!«
Fehring drückte seine Zigarette aus. »Ist ja schon gut. Du verstehst wohl überhaupt keinen Spaß mehr?«
»Nicht von Leuten, die zu dämlich sind, ein Auto zu klauen«, knurrte Tove.
»Von wegen dämlich!«, trumpfte Fehring auf. »Fass dir an die eigene Nase, Käpten Tove! Oder ist es nicht genauso dämlich, in einer Imbissstube zu stehen, die so gut wie nichts abwirft? Und die ständig vom Gewerbeaufsichtsamt überprüft wird, weil jeder weiß, dass deine Heringe drei Tage alt sind und deine Mayonnaise nie in den Kühlschrank kommt?«
»Warum isst du dann bei mir?«, schnaubte Tove.
»Weil uns so vieles verbindet«, lächelte Kurt Fehring. »Also gut, ich verzichte auf den Garnelenspieß und nehme ein Fischbrötchen. Mit Brathering! Der wird nicht so schnell schlecht wie ein Matjes. Aber beim Schampus bleibe ich.« Er sah Tove mit einem Grinsen bei der Arbeit zu, das Mamma Carlotta ihm gerne aus dem Gesicht gewischt hätte. »Demnächst kannst du übrigens wieder Werbung bei mir drucken lassen.«
Tove sah nicht auf. »Ich habe keine Werbung nötig.«
»Du kriegst einen Sonderpreis.«
Tove ließ dem Hering keine
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