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Gestrandet: Ein Sylt-Krimi (German Edition)

Gestrandet: Ein Sylt-Krimi (German Edition)

Titel: Gestrandet: Ein Sylt-Krimi (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gisa Pauly
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und unternahm das Wagnis, ihn über den Fahrradrahmen auf das rechte Pedal zu setzen und sich selbst auf den Sattel – aber die Angelegenheit erwies sich schnell als viel zu riskant. Besser war es, mit beiden Beinen auf der Erde zu bleiben und das Fahrrad zu schieben. Sie war sogar froh, dass sie den Fahrradlenker hatte, an dem sie sich festhalten konnte. So ließ es sich besser nachdenken.
    So dauerte es nicht lange, bis ihr klar wurde, warum Valerie die Gegenstände, die sie ihrer leiblichen Mutter gestohlen hatte, nicht nach Hause getragen hatte. Weil Mathis Feddersen alles kannte, was sich im Haus seiner Tante befand, und Valerie auf die Schliche gekommen wäre. Blieb nur noch die Antwort auf die Frage, warum auch Donata Zöllner Valerie zum Opfer gefallen war.
    Erik war sicher, dass Severin Dogas deswegen seinen Kopf so tief über das Foto neigte, damit niemand an seiner Miene ablesen konnte, was ihn bewegte. Wie erwartet war der Star äußerst ungehalten gewesen, als Mathis Feddersen, flankiert von den beiden Polizeibeamten und der Staatsanwältin, so lange an seine Tür geklopft hatten, bis endlich seine Stimme nach draußen gedrungen war: »Verdammt noch mal! Was ist da los?«
    Frau Dr. Speck, deren Verehrung für den Star noch nicht überwunden war, flötete durchs Schlüsselloch, dass sich zu ihrem allergrößten Bedauern ein paar Fragen ergeben hätten, deren Beantwortung keinen Aufschub duldeten.
    »Wenden Sie sich an meinen Manager«, kam es wütend zurück.
    Die Staatsanwältin beugte sich so weit zum Schlüsselloch herab, dass Erik den Wunsch verspürte, sie von der Unwürdigkeit ihrer devoten Haltung zu erlösen. »Ihr Manager ist noch nicht auf Sylt«, rief sie so leise wie möglich und so laut wie nötig durchs Schlüsselloch.
    Sören beobachtete sorgenvoll die Türen der Nachbarzimmer, sah Mathis Feddersen fragend an und flüsterte dann: »Wenn sich diese Diskussion noch lange hinzieht, kann von Geheimhaltung keine Rede mehr sein.«
    Das war der Moment, in dem es Erik zu viel wurde. Mit einer herrischen Bewegung schob er die Staatsanwältin zur Seite, die viel zu verblüfft war, um dagegen zu protestieren, und trommelte mit der Faust gegen die Tür. »Aufmachen! Polizei!«
    Prompt erschienen am Ende des Ganges zwei erschrockene Gesichter, und eine Stimme fragte im schönsten Schwäbisch nach, was denn in diesem Haus für ein »Hudelespack« wohne, dass man mit der Polizei die Räumung des Zimmers veranlassen müsse.
    Mathis Feddersen lief zu ihnen, drängte sie Richtung Treppe und redete besänftigend auf sie ein, während die Staatsanwältin nach Luft schnappte und Sören damit zu tun hatte, seine Kinnlade nach oben zu bewegen.
    Erik wartete höchstens drei oder vier Sekunden, dann wiederholte er: »Aufmachen! Polizei! Wenn Sie nicht sofort öffnen, treten wir die Tür ein. Wir geben Ihnen zehn Sekunden.«
    Severin Dogas brauchte nicht einmal drei. Er riss die Tür auf, hob die Hand, als wolle er sich Erik entgegenstellen, machte einen Schritt auf ihn zu, ließ sich dann aber erstaunlich bereitwillig von den beiden Polizisten zurückdrängen. Die Staatsanwältin schloss eilig die Tür und stellte sich mit ausgebreiteten Armen davor. Ob sie Dogas’ Flucht oder das Eindringen unbefugter Personen vereiteln wollte, wusste nur sie selbst.
    Severin Dogas trug noch die Kleidung des Vortags, seine Augen waren gerötet, die Haare zerrauft. Neben dem Bett stand eine halbleere Whiskyflasche. Anscheinend hatte er sich am Abend zuvor angekleidet aufs Bett geworfen, sich betrunken und war dann eingeschlafen. Erik war sich noch nicht sicher, wie er seinen Zustand werten sollte: als Verzweiflung des Täters oder des Witwers.
    »Was bilden Sie sich eigentlich ein?«, begann Dogas.
    »Die Angelegenheit duldet keinen Aufschub«, sagte Erik kurz und bündig, während die Staatsanwältin dem Star versicherte, dass der Hauptkommissar bedauerlicherweise recht daran täte, den gramgebeugten Witwer zu so früher Stunde zu belästigen, dass es ihm aber dennoch sehr, sehr leid täte und alle drei untröstlich seien.
    Erik warf ihr einen ungeduldigen Blick zu. Begriff sie denn immer noch nicht, dass aus dem umjubelten Filmpreisträger ein Tatverdächtiger geworden war …?
    Nun also hockte Severin Dogas über dem Foto. Das Schweigen stand wie Eiseskälte in dem Hotelzimmer mit den zerkratzten Möbeln, dem abgetretenen Läufer, der angeschlagenen gläsernen Lampe und dem Bett mit der violetten Biberbettwäsche. Da endlich

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