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Getrieben - Durch ewige Nacht

Getrieben - Durch ewige Nacht

Titel: Getrieben - Durch ewige Nacht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Veronica Rossi
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Vater ihn mit auf die Jagd genommen hatte, nur sie beide, an dem Nachmittag, als Talon geboren wurde. Perry war damals elf Jahre alt gewesen. Ein warmer Tag, der Wind so sanft wie ein Hauch. Er erinnerte sich an den schweren, sicheren Schritt seines Vaters, während sie durch die Wälder streiften.
    Stunden vergingen, bis Perry auffiel, dass sein Vater gar keine Spuren suchte und auch nicht auf Gerüche achtete. Er blieb abrupt stehen, kniete sich vor Perry hin und sah ihm in die Augen, wie er es nur selten tat, während das Sonnenlicht auf seiner Stirn spielte. Dann erzählte er Perry, die Liebe sei wie die Wellen im Meer, manchmal sanft und warm, manchmal rau und schrecklich, aber auch unendlich und stärker als der Himmel und die Erde und alles dazwischen.
    »Eines Tages wirst du hoffentlich verstehen«, hatte sein Vater geschlossen. »Und ich hoffe, du wirst mir verzeihen.«
    Perry wusste, wie es sich anfühlte, von einem Fehler verfolgt zu werden. Jedes Mal, wenn er sich zum Schlafen hinlegte, musste er daran denken. Es gab nichts Schmerzhafteres, als einen Menschen zu verletzen, den man liebte. Wegen Vale erkannte Perry, dass er
verstand
. Wie sehr er es auch versuchen mochte, es würde immer Zeiten geben, in denen er nicht verhindern konnte, dass schreckliche Dinge geschahen und Menschen Leid zugefügt wurde – den Tiden, Aria und seinem Bruder.
    Während er dort auf dem Dach lag, beschloss er, dass hier und jetzt der Augenblick gekommen war, von dem sein Vater gesprochen hatte. Und Perry verzieh ihm.

    Der Sturm erreichte das Dorf noch vor dem Morgengrauen und riss ihn aus einem tiefen, erholsamen Schlaf. Der Äther wirbelte in Spiralen, die heller leuchteten als je zuvor. Perry rappelte sich auf. Seine Haut kribbelte, und der beißende Geruch war so stark, dass er ihm fast den Atem nahm. Im Westen schraubte sich ein Trichter nach unten, ging mit einem ohrenbetäubenden Kreischen nieder und zog sich dann wieder in die Wolken zurück. Als Perry nach Süden blickte, sah er einen weiteren Äthertrichter, und wenig später noch einen. Plötzlich war die Nacht lebendig, erfüllt von pulsierendem Licht.
    »Perry, komm da runter!«, schrie Gren vom Dorfplatz aus. Angsterfüllt hasteten die Menschen aus ihren Häusern in Richtung Kochhaus.
    Im nächsten Augenblick war Perry bei der Leiter. Auf halbem Weg nach unten wurde plötzlich alles grellweiß um ihn herum, und die Luft erzitterte. Seine Beine versteiften sich. Er verfehlte eine Sprosse und fiel, landete im Dreck.
    Am anderen Ende des Platzes wirbelte ein Äthertrichter herab und schlug mit solcher Wucht in Bears Haus ein, dass die Erde unter Perrys Füßen bebte. Perry lag wie gebannt da, unfähig, sich zu bewegen, und sah, wie die Dachpfannen explodierten und wegplatzten. Der Trichter spulte sich wieder zurück in die Wolken, das Dach rumpelte und kippte zur Seite. Hastig sprang Perry auf die Beine und sprintete zum Haus.
    »Bear!«, brüllte er. »Molly!« Dort, wo zuvor die Eingangstür und ein Fenster gewesen waren, sah er jetzt nur einen Haufen Steine. Rauch stieg aus den Trümmern auf. Im Inneren des Hauses brannte es.
    Twig tauchte neben ihm auf. »Sie sind da drin. Ich kann Bear hören!«
    Menschen versammelten sich vor dem Haus und sahen entsetzt zu, wie züngelnde Flammen durch die Risse des eingestürzten Dachs schlugen. Perry fing Reefs Blick auf. »Bring alle ins Kochhaus!«
    Hayden pumpte Wasser aus dem Brunnen. Hinter ihm standen Kirra und ihre Männer, deren Hemden im heißen, wirbelnden Wind des Feuers flatterten.
    »Was sollen wir tun?«, rief sie. Ihre Begegnung am Strand war vergessen.
    »Wir brauchen mehr Wasser! Und wir müssen die Trümmer wegräumen!«
    »Wenn wir das tun, könnte der Rest des Dachs einstürzen«, warnte Gren.
    »Wir haben keine andere Wahl!«, schrie Perry. Mit jeder Sekunde breitete sich das Feuer weiter aus. Er schnappte sich die Steine der eingestürzten Mauer, wuchtete einen nach dem anderen aus dem Weg. Panik erfasste ihn, als die Hitze des Feuers durch die Trümmer an seine Hände drang. Er spürte seine eigenen Männer und Kirras Leute an seiner Seite.
    Sekunden erschienen ihm wie Stunden. Er blickte auf und sah, wie ein Äthertrichter neben dem Kochhaus einschlug. Durch den Druck wurde er zur Seite und auf die Knie geschleudert. Als der Trichter sich wieder zum Himmel hinaufschraubte, brauchte Perry ein paar Sekunden, um wieder zu sich zu kommen. Twig starrte ihn mit glasigem Blick an. Blut rann aus seinem

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