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Getrieben - Durch ewige Nacht

Getrieben - Durch ewige Nacht

Titel: Getrieben - Durch ewige Nacht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Veronica Rossi
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anstellen?« Aria beugte sich über den Tisch. »
Ich
weiß, was ich tue, aber wie steht es mit
Ihnen
? Was ist mit allem anderen?«
    Hess trommelte mit den Fingern auf die Marmortischplatte. »Du bist wirklich faszinierend. Das Leben bei den Barbaren tut dir gut.«
    Plötzlich erstarrte die Welt. Aria schaute rasch zum Kanal. Die Gondeln schwebten wie in Eis gefroren im Wasser, das vollkommen reglos dalag. Darüber hing ein Schwarm Tauben mit ausgebreiteten Flügeln in der Luft. Die Menschen ringsum sahen sich panisch um. Dann schien die Welt wieder einzurasten, Geräusche und Bewegungen kehrten zurück.
    »Was
war
das?«, fragte Aria fordernd. »Antworten Sie mir, oder wir sind hier fertig.«
    Doch Hess nahm noch einen Schluck Kaffee und beobachtete den Verkehr auf dem Canal Grande, als wäre nichts geschehen. »Glaubst du, du kannst dich bilokalisieren, wenn ich es nicht will?« Er richtete den Blick wieder auf sie. »Wir sind erst fertig, wenn ich es sage.«
    Aria schnappte sich ihre Tasse und warf sie nach ihm. Die dunkle Flüssigkeit spritzte Hess ins Gesicht und auf seinen hellen Anzug. Keuchend wich er zurück, obwohl diese Attacke ihn keineswegs verletzt hatte. Nichts in den Welten vermochte echte Schmerzen zu verursachen. Er konnte allenfalls die Wärme des Kaffees gespürt haben, aber die Aktion hatte ihn überrascht. Jetzt besaß Aria seine volle Aufmerksamkeit.
    »Wollen Sie immer noch, dass ich bleibe?«, fragte sie.
    Hess verschwand, noch bevor sie den Satz beendet hatte. Aria starrte auf seinen leeren Stuhl. Es war sinnlos, aber trotzdem versuchte sie, das Smarteye abzuschalten. Sie war bereit, vollständig in die Realität zurückzukehren.
    NICHT AUTORISIERTER BEFEHL , blinkte es auf dem Smartscreen.
    Was jetzt? Der Kellner spähte neugierig durch das Fenster des Cafés. Aria wandte sich ab und schaute zum Kanal. Ein Paar stand Arm in Arm auf der verschnörkelten Brücke und sah den Schiffen auf dem Wasser zu. Aria versuchte, sich vorzustellen, dass sie am Geländer lehnte, Perry ihr das Haar aus dem Gesicht strich und ihr etwas ins Ohr flüsterte. Aber Perry hatte die Welten gehasst. Sie konnte das Bild nicht vor ihrem inneren Auge entstehen lassen.
    Am oberen Rand des Smartscreens erschien ein Zeitzähler, auf dem dreißig Minuten abliefen. Aria wappnete sich; es war klar, dass Hess irgendetwas vorhatte.
    Im nächsten Augenblick bilokalisierte sie sich in eine andere Welt, auf einen hölzernen Steg. Unter ihr schwappte sanft das Meer gegen die Pfähle, und über ihr kreischten Möwen, aber die Geräusche waren nur ein müder Abklatsch der Wirklichkeit. Ganz am Ende des Stegs saß ein Junge und schaute hinaus aufs Meer. Doch Aria wusste genau, wer er war.
    Talon.
    Ihr wurde schlecht. Natürlich hatte sie wissen wollen, ob es Perrys Neffen gut ging, aber sie war sich nicht sicher, ob sie ihn auch kennenlernen wollte. Sie sorgte sich auch so schon genug. Und was sollte sie ihm überhaupt sagen? Talon wusste nicht einmal, wer sie war. Sie sah an sich hinab. Zumindest trug sie wieder ihre übliche schwarze Kleidung.
    Der Zeitzähler zeigte achtundzwanzig Minuten. Also stand sie dort schon seit zwei Minuten. Aria schüttelte über sich selbst den Kopf und ging dann zu dem Jungen.
    »Talon?«
    Er sprang auf die Füße und schaute sie mit großen Augen überrascht an. Sie war Talon zwar noch nie begegnet, aber sie hatte ihn schon einmal gesehen. Auf einem Bildschirm, als Perry seinen Neffen vor einigen Monaten in den Welten getroffen hatte. Der Junge war hübsch, mit braunen Locken und ernsten, grünen Augen, noch dunkler und intensiver als Perrys Augenfarbe.
    »Wer bist du?«, fragte er.
    »Eine Freundin deines Onkels.«
    Er musterte sie argwöhnisch. »Und wieso kenn ich dich dann nicht?«
    »Ich habe deinen Onkel kennengelernt, als du schon in Reverie warst. Mein Name ist Aria. Ich war bei Perry, als er dich letzten Herbst in den Welten besucht hat … Ich habe ihm von draußen geholfen.«
    Talon klemmte seine Angelroute zwischen die Planken des Stegs. »Dann bist du eine Siedlerin?«
    »Ja … und auch eine Außenseiterin. Halb und halb.«
    »Okay … Und
wo
bist du? Draußen oder in Reverie?«
    »Draußen. Tatsächlich sitze ich … neben Roar.«
    Talons Augen leuchteten auf. »Roar ist auch da?«
    »Ja, er schläft, aber wenn er aufwacht, sage ich ihm, dass du ihn grüßen lässt.« Eine weitere Angelroute lag auf dem Steg. Talon benutzte zwei gleichzeitig. Schließlich war er ein Tidenjunge und

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