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Gewitter über Pluto: Roman

Gewitter über Pluto: Roman

Titel: Gewitter über Pluto: Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Heinrich Steinfest
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Ende der
Zahlenreihe stellt, ob wir somit von 013434 oder von 134340 sprechen. Die
Ränder des Steins geben da keine Auskunft, da wir es ja nur mit einem Fragment
zu tun haben. Leider Gottes!«
    Rorschach setzte eine kleine Pause und blickte vielsagend in die
Runde. Der ungesunde Ausdruck seines Gesichts beim Eintreten in den
Frühstücksraum war jetzt einer Euphorie gewichen, aus der heraus ein kleiner
Wahnsinn schillerte. Der kleine Wahnsinn wirkte wie eine ansteckende Krankheit,
von der sich Stirling und Mohn auch sogleich infizieren ließen. Nicht aber die
große Sängerin, versteht sich. Wer auf solch wunderbare Weise Schubert interpretieren
konnte, den brauchten ein paar komische Linien nicht aufzuregen. Stirling und
Mohn hingegen waren unfähig, Schubert zu singen, darum…
    Rorschach erklärte, daß ihm zur Reihe 013434 nichts Vernünftiges in
den Sinn komme, bei 134340 allerdings sehr wohl. Und das dürfte ja auch Nix
gemeint haben, wenn man bedenke, daß auf der flachen Unterseite des Steins
genau diese Zahl notiert worden war. Und zwar mit einem Kugelschreiber, der
eindeutig nicht aus Urzeiten stammte.
    Rorschach sagte: »Ein Blick ins Internet genügt. 134340 ist die
Kleinplanetennummer unseres schönen, kalten Plutos. Jetzt abgesehen von
Telefonnummern und Zahlenschlössern und Artikelnummern. Doch die Sache mit Pluto…nun, sie stinkt, wie man so sagt.«
    Â»Wenn etwas stinkt«, meinte Stirling, »dann ist etwas faul. Das
verstehe ich doch richtig?«
    Rorschach erklärte, sich darauf zu beziehen, mit einer Unmöglichkeit
konfrontiert zu sein. Weil: »Dieses Fossil ist definitiv zweihundert Millionen
Jahre alt, aber es ist nicht weniger definitiv, daß hier auf kleinstem Raum ein
perfektes, ohne die geringste Abweichung bestehendes Muster immer wieder auf
die Kleinplanetennummer von Pluto verweist. Das ist doch einigermaßen
erstaunlich, weil ich nämlich nicht wüßte, daß jemand oder etwas aus der Trias
oder der Jura in der Lage gewesen wäre, ein solches Muster herzustellen. Aber
sogar wenn, wie konnte dieser Jemand oder dieses Etwas von einer Zahl wissen,
die ja erst in jüngster Zeit an Pluto vergeben wurde? Präzise gesagt: am 24.
August 2006. Ich kann mir vielleicht, zur Not, einen intelligenten,
feinmotorisch veranlagten Deinonychus denken, aber nicht einen, der die
Eigenschaft besitzt, in die Zukunft zu schauen. Verstehen Sie, das ist es, von
dem ich meine, es stinkt.«
    Â»Es stinkt interessant«, fand Lorenz Mohn.
    Â»Durchaus. Nie war ein Gestank interessanter«, gab Rorschach gerne
zu. »Aber es macht einem auch angst. Denn entweder sitzen wir einer überaus
geschickten Fälschung auf, und das wäre dumm, oder nicht, und das wäre noch
dümmer. Geradezu übersinnlich dumm.«
    Â»Du übertreibst wieder einmal«, erklärte Mai. Ganz klar, eine in
ähnlicher Weise versteinerte prähistorische Zigarette hätte sie mehr berührt
als ein paar Linien, die mit einem degradierten Himmelskörper korrelierten.
    Rorschach hörte gar nicht hin. Sondern bat Stirling, ihm den Stein
für weitere Untersuchungen zu überlassen.
    Â»Ich kann Ihnen doch vertrauen?« fragte Stirling.
    Â»Eigentlich nicht«, antwortete Rorschach. »Dazu ist die Sache zu
bedeutend. Vertrauen ist immer nur dann realistisch, wenn es um nichts geht.
Aber ich kann zumindest versprechen, Ihnen genau die Informationen zukommen zu lassen, die Sie brauchen, um den Mord an Nix zu
lösen. Vorausgesetzt, sein Tod hängt mit dem Stein auch wirklich zusammen.«
    Wenn das so war, dann war es freilich verwunderlich, daß der Stein
einfach auf Nix’ Arbeitstisch gelegen hatte. Doch darüber schwieg sich Stirling
aus. Er überlegte. Einerseits war es riskant, dieses Objekt Rorschach
auszuhändigen. Andererseits fragte er sich, was es brachte, den Stein an die Spurensicherung
zu übergeben. An Leute, die immer nur nach Fasern und Blut und Haut suchten,
die aber wohl kaum in der Lage waren, eine astronomische Bedeutung richtig
einzuschätzen.
    Â»Gut«, sagte Stirling, »ich lasse Ihnen den Stein. Seien Sie nur so
gnädig und erzählen nicht überall herum, daß Sie ihn von mir haben. Und daß er
von dorther stammt, wo eine Leiche gefunden wurde.«
    Â»Kein Wort darüber. Das kann ich Ihnen versprechen.«
    Â»Auch Sie nicht, Frau Hillsand«, gab Stirling praktisch

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