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Gewitter über Pluto: Roman

Gewitter über Pluto: Roman

Titel: Gewitter über Pluto: Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Heinrich Steinfest
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und ging hinüber zur Rezeption. Zu meiner Erleichterung stand
einer der angeblichen Söhne hinter der Theke. Er legte mir eine Rechnung vor,
die ich ein wenig hoch fand. Ich blicke ihn fragend an.
    Â»Eine Nacht, zwei Personen«, sagte er.
    Nun, da hatte er auch wieder recht. Wenn ich schon aus diesem
merkwürdigen Haus ein Stundenhotel machte, durfte ich mich nicht wundern, daß
das ins Geld ging. Ich zahlte also und verließ die Pension.
    Als ich auf die Straße trat, um in ein wartendes Taxi zu steigen,
kam gerade Frau Leda um die Ecke, einen Korb mit frischem Gemüse im Arm. Sie
fragte: »Na, geht’s wieder heim?«
    Â»Ja, zurück nach Stuttgart«, gab ich zur Antwort.
    Sie lachte im Stil einer Alarmanlage, kam sehr nahe heran, faßte
mich an der Wange und zog mich zu sich hinunter. Ich spürte ihren warmen Atem.
Und vernahm ein Dröhnen aus ihrem Inneren. Wie aus dem Bauch eines Ozeanriesen.
Zwischen diesem Dröhnen, dem Stampfen der Maschinen, drangen ihre Worte nach
oben. Sie sagte so leise wie deutlich: »Man kann die Vögel nicht umbringen.«
    Sie ließ meinen Kopf los, wandte sich ab und trat ins Haus.
    Ich wollte noch etwas sagen. Etwas von der Art, daß die Hoffnung als
letztes stürbe. Aber ich glaube, das ist eine dämliche Fußballweisheit. Ich
sagte also nichts. Ohnehin hätte Frau Leda mich nicht mehr gehört. Ich setzte
mich ins Taxi und ließ mich zum Bahnhof bringen.
    Draußen war Wien und kochte in der Sommerhitze vor sich hin.
Hauptsache, ich war weg, wenn das nächste Gewitter losbrach.
    Das ist so ein Klischee, daß die Welt, wenn sie untergeht, damit in
Wien anfängt. Wenn man für dieses Klischee irgendwo unterschreiben kann, her
damit!

III
    â€“ Du Mistkerl! Du warst es doch, der
mich unbedingt heiraten wollte.
    â€“ Ich habe dich mit einer Frau
verwechselt.
    Â 
    (Marie-Christine Barrault und Richard
Burton
    in Jack Golds Film Der Schrecken der Medusa )
    Â 
    Â 
    Eine Katze ohne Grinsen habe ich ja
schon oft gesehen,
    aber ein Grinsen ohne Katze! So etwas
Sonderbares
    ist mir noch nie vorgekommen!
    Â 
    (Lewis Carroll, Alice
im Wunderland )
    Â 
    Â 
    Ferkel :
Also die volle Wahrheit ist die: Als ein so kleines, furchtsames Tier fürchte
ich, daß ich mich zu sehr fürchte.
    Winnie Puuh :
Aber Ferkel, Halloween ohne dich zu feiern, das wäre … das wäre …
    Tigger : …
wie letztes Jahr und das Jahr vor dem letzten Jahr …
    I-Aah : …
und das Jahr vor jenem Jahr …
    Tigger : …
und all die Jahre vor jenem Jahr, einschließlich aller vorigen Jahre davor.
    Â 
    (aus dem Disney-Film Gruselspaß mit
Heffalump )

15  |  An die Musik
    In der stummen Hitze eines über den Kontinent gewölbten
Nachmittags erreichten Stirling und Mohn den kleinen Ort Solnhofen. Es war im
Grunde wie im Abenteuerroman, wenn die Helden einer Geschichte endlich auf dem
richtigen Eiland ankommen. Dort, wo der Schatz begraben liegt. Oder sich
zumindest die Erkenntnis verfestigt, daß ein solcher Schatz gar nicht
existiert. Und daß es in Wirklichkeit Liebe und Freundschaft sind, die den
Menschen ins Glück versetzen.
    Die beiden verließen den kleinen, schwarzen, flachen Fiat, der sich
in den vergangenen Stunden tatsächlich als ein braves Auto erwiesen hatte, ein
trotz seiner sportiven Erscheinung eher zurückhaltender Wagen. Ein Wagen ohne
Allüren, aber mit Profil. In der Art muskulöser Männer, die freilich niemals
ein kurzärmeliges Hemd tragen würden. Oder auch nur ohne Jackett auf die Straße
gehen.
    Auf der Fahrt hatten die zwei Männer wenig gesprochen. Doch es war
nicht etwa ein peinliches Schweigen gewesen. Eher wie man schweigt, wenn man
gerade nichts zu sagen hat und sich der Anblick der vorbeiziehenden Landschaft
als reizvoll genug erweist, um es dabei auch zu belassen.
    Â»Also, ins Museum«, gab Stirling die Richtung vor.
    Vor dem Eingang des schlichten Gebäudes standen mehrere Gruppen von
Radfahrern. Leute in engen Hosen und engen Leibchen, alle wie Profisportler
ausgestattet, aber mit fleischigen, weißen Beinen und kleinen und großen
Bäuchen, die das elastische Material formschön spannten. Diese Männer und
Frauen wirkten ausgeruht und vergnügt. Keine Spur einer Strapaze war ihnen
anzusehen. Es handelte sich ganz eindeutig um Meister im Neben-dem-Rad-Stehen
und Meister im Faltplanlesen.
    An den Leuten vorbei

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