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Ghetto-Oma: Ein Leben mit dem Rücken zur Tafel

Ghetto-Oma: Ein Leben mit dem Rücken zur Tafel

Titel: Ghetto-Oma: Ein Leben mit dem Rücken zur Tafel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Frl. Krise
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und weg. Der Gedanke an Fuat ernüchterte mich jedoch sogleich. Bestimmt war er auch mal so ein Goldchen. Was würde aus diesen reizenden Kinderchen werden?
    Und Gülten? Ganz freundlich und höflich und erwachsen. Warum ist sie nicht immer so, vallah? Sie begrüßte mich formvollendet, stellte mich ihrer Kollegin vor und schrie mir nicht ein einziges Mal ins Ohr. Dafür hauchte sie leise beim Abschied: «Frl. Krise – das ist voll anstrengend mit Kindern!»
    Ich nickte wissend, und sie grinste wissend, und dann sagte sie: «Ich freu mich auf die Schule!»
    Im Hinterzimmer einer Apotheke durfte ich dann mit Mariam Kaffee trinken, der Apotheker war voll des Lobs ob seiner tüchtigen Praktikantin und schenkte mir überschwänglich eine Monsterpackung Tempotücher. Eine schöne Creme oder meinetwegen eine Großpackung Hustenbonbons wäre mir ehrlich gesagt lieber gewesen. Aber man weiß ja, dass es dem Gesundheitswesen schlechtgeht, und er hat sich immerhin Mühe gegeben, das zählt. Mariam findet übrigens Arbeiten auch anstrengend und gleichzeitig langweilig. Sie ist den ganzen Tag mit drei Erwachsenen zusammen, das nervt sie. Das verstehe sogar ich.
    Und zuletzt besuchte ich noch Gamze in so einem neumodischen Friseursalon, wo sich urbane Kunden bei lautester Technomusik von stylisch aussehenden Gestalten die Haare schneiden lassen. Hier kommt man sich bestimmt gleich sehr hip und crazy vor, außer man ist eine ramponierte Lehrerin im Praktikum. Ich war fix und foxi, weil ich ja bereits unterrichtet und unglaubliche Strecken teils zu Fuß, teils mit öffentlichen, teils mit meinem privaten Verkehrsmittel zurückgelegt hatte. Am liebsten hätte ich mich auf einer dieser dicken Ledercouchen da zusammengerollt und ein kleines Nickerchen gemacht, denn mir qualmten die Socken. Aber das wäre Gamze, glaube ich, ein bisschen peinlich gewesen.
    Sie wurde übrigens auch jäckpottmäßig gelobt. Aber sie winkte mir ein bisschen traurig nach, als ich ging. Durch das Fenster sah ich, dass die Chefin sie sogleich an den Besen beorderte.
    Ich schleppte mich lustlos in die Mall gegenüber, es blieb allerdings bei einem kurzen Abstecher. Denn schon im zweiten Laden merkte ich, dass ich mein Schlüsselbund auf Gamzes chromblitzender Kassentheke liegen gelassen hatte …
    Jetzt bin ich groggy. Ich habe mir unterwegs noch nichts Schönes gekauft (außer einer Haarbürste), habe ein Knöllchen vom Parken im eingeschränkten Halteverbot erhalten (mein Gott, da parkten doch alle!) und an der linken Ferse eine offene Blase.
    Aber Mariam, Gülten und Gamze wurden gelobt!
    Meine Erziehung!

Wer klaut so was?
    Ich verliere oft etwas. Aber die Dinge hängen an mir, fast immer kommen sie zu mir zurück. Schon viermal ist mein Portemonnaie geklaut worden, auf der Straße, in der Bahn, bei einem Schulausflug, im Möbelgeschäft. Jedes Mal fand ich es wenige Tage später in meinem Briefkasten wieder, das Geld war weg, aber die Papiere nicht.
    «Du hast vielleicht ein Glück!», sagt Frau Freitag ungläubig.
    «Man kann sein Glück auch überstrapazieren», sagt Männe düster.
    «Eines Tages verlierst du wieder dein Notenheft», sagt meine Tochter drohend.
    Ich halte mir die Ohren zu. Das will ich nicht hören.
    Das Notenheft zu verlieren ist der Worst Case im Lehrerleben. Viele Kollegen machen auch deshalb doppelte Buchführung, sie tragen die Noten zusätzlich in ein Computerprogramm ein. Das kann sogar die Endnoten berechnen, bis auf die siebzehnte Stelle hinter dem Komma. So etwas ist mir fremd. Ein Computer ist zum Schreiben da, nicht zum Rechnen, finde ich.
    Meine Tochter nervt mich. Warum muss sie mich an die Sache mit dem Notenheft erinnern? Ich will nichts davon wissen. Es ist nämlich eine unrühmliche Geschichte:
    Mein Notenheft war ein klassischer Lehrerkalender, so wie ihn viele Lehrer haben. Klein, handlich, rot und unersetzlich. Meiner verschwand eines Tages. Ich suchte etwas halbherzig nach ihm, in der Schule, zu Hause, im Auto. Irgendwo musste er ja sein!
    Der Kreis der Mitsucher erweiterte sich langsam – meine Kinder, Männe, Kollegen, Schüler, sogar Frau Spieß suchte mit. Ich wurde unruhig. Nach einer Woche begann ich, Stammlokale und Lieblingsgeschäfte abzuklappern. Ich rief das Fundbüro an und nervte den Hausmeister der Schule. Nichts! Nur noch sechs Wochen waren es bis zur Notenabgabe, ich brauchte den Kalender! Ich konnte nicht alle Noten rekonstruieren, auf keinen Fall.
    Erste Panikattacken, leichte

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