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Ghost Street

Ghost Street

Titel: Ghost Street Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Josh Ericson
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wir wollen Freunde bleiben oder so etwas Dummes.«
    Er raffte sich zu einem schüchternen Lächeln auf. »Auf Wiedersehen, Alessa. Wir hatten eine schöne Zeit.«
    »Die hatten wir«, musste sie zugeben. Sie wartete, bis er gegangen war, und ließ erleichtert die Schultern sinken. Höchste Zeit für eine heiße Schokolade, grande mit viel Sahne …

6
    Jenn McAvoy und ihr Partner ließen die Beamten der Crime Scene Unit in Ruhe arbeiten, wussten jedoch schon vorher, dass sie keine brauchbaren Spuren am eigentlichen Tatort finden würden. Der Parkplatz war asphaltiert und mit Autos zugeparkt, von denen bestimmt keines dem Täter gehörte, und um im Gras hinter dem Gebüsch, dem wahrscheinlichen Versteck des Killers, etwas zu finden, müsste man schon ein Indianer sein.
    Inzwischen war es halb neun geworden. Der Nebel hatte sich verflüchtigt und die Sonne stieg an einem kaum bewölkten Himmel empor. Wie überall im Süden war es im Spätsommer noch sehr schwül, um die Mittagszeit sogar drückend, ein Umstand, der besonders Jenn zu schaffen machte. Wegen des Wetters war sie bestimmt nicht nach Savannah gekommen, auch wenn manche Kollegen das Gegenteil behaupteten. Die Sommer in Chicago waren wesentlich angenehmer. Über die Blizzards im Winter musste man gar nicht reden.
    »Scheißtag«, fluchte Jenn. Sie stand am Flussufer und sah einem Frachtkahn nach, der langsam nach Südosten schipperte. »Wenn ich das nächste Mal die Stadt wechsele, heuere ich irgendwo in Alaska an. Am Polarkreis.«
    Harmon fuhr mit dem rechten Zeigefinger unter seinem Hemdkragen entlang. Er schwitzte leicht. »Und warum sind wir dann noch hier?« Er hatte bereits mehrmals seine Frau angerufen und beruhigend auf sie eingeredet. »Bei der Suche kommt doch sowieso nichts raus. Hier gibt’s keine Spuren.«
    »Und wenn doch?« Sie nahm den Blick vom Fluss undsah ihrem Kollegen in die Augen. »Die ersten Stunden nach einem Mord sind die wichtigsten. Police Academy, erste Lektion. Ich will den Dreckskerl festnehmen, der die Frau auf dem Gewissen hat. Ich will ihm …«
    »Ich weiß, was du mit ihm anstellen willst. Wir alle wollen, dass er hinter Schloss und Riegel kommt. Aber wir waren die ganze Nacht auf den Beinen, und ich muss mich unbedingt ein paar Stündchen aufs Ohr hauen, bevor ich wieder auf Verbrecherjagd gehe. Außerdem hab ich eine Frau und zwei Kinder. Für mich gibt es noch was anderes außer der verdammten Polizei.«
    Jenn verzog spöttisch ihr Gesicht. »Bist du schon so alt, dass du keine Nacht mehr durchmachen kannst? Du solltest dich pensionieren lassen, dann kannst du den ganzen Tag um deine Frau und deine Zwillinge herumstreichen. Reiß dich zusammen.«
    »Immer die harte Lady. Sag bloß, in Chicago sind alle Cops so wie du?«
    »Anders kommst du in so einer Stadt nicht weit. Du musst hart durchgreifen, wenn du was erreichen willst.«
    »So wie gegen die Jungs heute früh?«
    »Ach, lass mich doch in Ruhe!«
    Sie ging ein paar Schritte, ließ sich den warmen Wind ins Gesicht blasen und sah den Übertragungswagen einer Fernsehstation um die Ecke kommen. »WSAV – Channel 3« stand in großen Lettern auf der Kühlerhaube.
    Hinter ihr erklang ein leises Stöhnen. »Auch das noch! Die Nervensäge von Channel 3! Kaum passiert was, macht sie eine Riesensache daraus. Du hattest noch nicht das Vergnügen, was? Tu mir einen Gefallen und übernimm du sie, ja? Ich checke inzwischen mal, was unsere Spurensucher rausgekriegt haben. Aber keine Kraftausdrücke, sonst kriegst du Ärger!«
    Vielen Dank auch, Kollege, ätzte Jenn in Gedanken und wartete scheinbar gleichgültig, bis die Reporterin und ihr Kameramann aus dem Van geklettert waren. Mit dem Mikrofon in einer Hand, den Kameramann im Schlepptau, kam sie auf die Absperrung zu.
    Melinda Stone, so der Name der hübschen Reporterin, war eine ehemalige Miss Georgia, hatte drei Jahre als Model gearbeitet und als Wetterfee bei WSAV angefangen. Seit zwei Jahren arbeitete sie für die Nachrichten.
    Aufgetakelte Schönheiten wie sie, die ihren Job vor allem ihrem Aussehen zu verdanken hatten, waren Jenn ein Dorn im Auge. Als sie sich für den Polizeidienst beworben und der Sergeant eine Bemerkung über ihre gute Figur gemacht hatte, war sie ihm beinahe an die Gurgel gegangen. »Hätten Sie so was auch zu einem Mann gesagt, Sir? Und ich dachte, die Machos würden langsam aussterben.«
    Jenn war der Reporterin noch nie begegnet, doch Melinda Stone wusste, wer Jenn war, und kam direkt auf sie zu.

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