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Ghost Street

Ghost Street

Titel: Ghost Street Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Josh Ericson
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Jahren aufgehört haben? Der die Nachfahren der Opfer von damals ermordet und dabei auch noch denselben Modus Operandi anwendet? Eine ziemlich gewagte These und ein wahres Fest für Channel 3 und CNN. Denen käme ein solches Szenario natürlich wie gerufen.«
    »Sie sind schon dran«, erwiderte Jenn. »Melinda Stone war am Tatort.«
    Der Lieutenant nickte. »Dann wissen wir ja, wohin die Reise geht. Wir sollten erst mal von einem gewöhnlichen Nachahmungsmord ausgehen. Möglich, dass der Täter den Prozess gegen Jeremy Hamilton verfolgt und seine Fakten dort bezogen hat, möglich aber auch, dass einer von Hamiltons Kumpel dahintersteckt. Vielleicht wollte er mit dem Mord ein Zeichen setzen und sich für die Verurteilung von Hamilton rächen.«
    »Ein Achtzigjähriger?«
    »Oder sein Sohn oder sein Enkel, was weiß ich? Auf der Suche nach einem Copy-Killer soll man zuerst das Original verhören. So steht es im Lehrbuch, nicht wahr? Ich schlage vor, Sie fahren nach Reidsville und knöpfen sich unseren Klansmann mal vor. Ich weiß, Sie waren die ganze Nacht im Einsatz und sind sicher müde …«
    »Kein Problem«, erwiderte Jenn, bevor Harmon von seiner Frau und seinen Kindern anfangen konnte. »Das schaffen wir schon. Wir melden uns.«
    Sie erreichten das Gefängnis um die Mittagszeit, eineAnsammlung von neun ockerfarbenen Gebäuden, die in der waldreichen Umgebung wie Fremdkörper wirkten. Vor dem Haupteingang ragte ein klobiger Wachtturm empor. Einer der Wachposten beobachtete sie durch einen Feldstecher.
    Sie stellten ihren Wagen auf dem Besucherparkplatz ab und wurden vor dem Eingangsgebäude vom Direktor empfangen, einem übergewichtigen Mann, dem die Schwüle mächtig zuzusetzen schien.
    »Ich habe von dem Mord gehört«, begrüßte er sie. »Glauben Sie wirklich, Hamilton könnte etwas damit zu tun haben? Er hat ein einwandfreies Alibi.«
    »Ich weiß«, erwiderte Jenn humorlos, »aber vielleicht hat der Bastard eine Ahnung, wer es getan haben könnte. Können wir allein mit ihm sprechen?«
    Der Direktor, ein ruhiger und gebildeter Mann, war eine solche Ausdrucksweise nur von seinen Gefangenen gewohnt und blickte sie verwundert an. »Sicher, Detective … sicher.«
    Sie unterzogen sich der Routine, die jeder Besucher eines Gefängnisses durchlaufen musste, selbst die Beamten des FBI, zeigten ihre Ausweise und gaben ihre Dienstwaffen am Eingang ab. Nachdem sie sich in die Besucherliste eingetragen und eine Schleuse durchlaufen hatten, trafen sie den Direktor auf der anderen Seite wieder. Er führte sie in einen Verhörraum in einem der kleineren Gebäude und bat einen der Aufseher, den Gefangenen Jeremy Hamilton zu holen. Er selbst verabschiedete sich.
    »Du könntest ruhig etwas freundlicher sein«, sagte Harmon. Er setzte sich an den einfachen Holztisch und wischte sich den Schweiß von der Stirn. »Sonst behalten sie dich hier.«
    Sie setzte sich neben ihn und lächelte schief. »Im Georgia State sitzen nur Männer ein. Schon vergessen?«
    Zwei Aufseher brachten den Gefangenen herein. Anders als während der Verhandlung saß er im Rollstuhl, ein alter Mann, der seit seiner Verurteilung um mindestens zehn Jahre gealtert war. Er trug die weiße Uniform der meisten Strafanstalten in Georgia, ein Unding, wie Jenn fand, weil man die Kleidung ständig waschen musste. Seine Hände und Füße waren gefesselt, die Ketten so kurz, dass er sich kaum bewegen konnte. Im Georgia State ging man gern auf Nummer sicher, auch bei Gefangenen, die im Rollstuhl sitzen mussten. Die Aufseher schoben ihn an den Tisch und verließen den Raum. Jenn ging davon aus, dass sie vor der Tür stehen blieben.
    »Detectives Jennifer McAvoy und Nick Harmon vom Savannah-Chatham Metropolitan Police Department«, stellte sie sich vor. Sie hatte schon so oft mit Mördern zu tun gehabt, dass sie keine Angst mehr vor ihnen hatte, schon gar nicht vor einem alten Mann wie ihm. Sie blickte ihn lange Zeit an. »Wir haben einige Fragen an Sie, Hamilton.«
    »Und was bekomme ich, wenn ich die beantworte?«, konterte er. An dem Ausdruck in seinen Augen und dem trotzig vorgereckten Kinn erkannte sie, dass er härter war, als es den Anschein hatte. Er mochte rapide gealtert sein und im Rollstuhl sitzen, aber gebrochen war er nicht. »Siebzig Jahre statt lebenslänglich?« Er lächelte matt. »Lassen Sie mich in Ruhe!«
    »Nicht so hastig, Hamilton«, hielt sie ihn zurück. »Ich könnte mir vorstellen, dass Sie keinen besonders guten Stand bei Ihren schwarzen

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