Ghost
Clowns, die da in Den Haag einen auf Richter machen, lasse ich mich schon gar nicht abhalten.«
»Wer kümmert sich um die Sicherheit?«, fragte Amelia.
»Der Secret Service übernimmt das. Die Lücken im Terminplan füllen wir, wenn wir unterwegs sind. Die ganze Stadt wird für Sie antanzen. Ich warte noch auf einen Rückruf vom Vizepräsidenten, das wäre dann aber ein privates Treffen.«
»Was ist mit den Medien?«, sagte Lang. »Wir müssen bald reagieren.«
»Auf dem Weg zum Flugplatz halten wir kurz an und sagen ein paar Worte. Die Erklärung kann ja ich abgeben, wenn Sie wollen. Sie müssen nur an meiner Seite stehen.«
»Nein«, sagte Lang bestimmt. »Kommt gar nicht infrage. Dann sehe ich schuldig aus. Ich muss selbst das Wort ergreifen. Was meinst du, Ruth, sollen wir nach Washington fahren?«
»Ich halte die Idee für verheerend. Tut mir leid, Sid, ich weiß, wie hart Sie für uns arbeiten, aber wir müssen bedenken, wie das alles in England ankommt. Wenn Adam nach Washington fährt, dann würde er wie Amerikas Prügelknabe dastehen, der heulend zu Daddy nach Hause läuft.«
»Was würdest du denn tun?«
»Nach London zurückfliegen.« Kroll wollte Einspruch erheben, aber Ruth ließ ihn nicht zu Wort kommen. »Das britische Volk mag ihn im Moment vielleicht nicht sonderlich lieben, aber wenn es eine Sache gibt, die den Leuten noch mehr verhasst ist als Adam, dann sind es Ausländer, die ihnen erzählen wollen, was sie zu tun haben. Der Regierung wird nichts anderes übrig bleiben, als ihn zu stützen.«
»Die britische Regierung wird bei den Ermittlungen uneingeschränkt kooperieren«, sagte Amelia.
»Ach ja?«, sagte Ruth mit einer Stimme, so süß wie Cyanid. »Und wieso glauben Sie das?«
»Ich glaube nichts, Ruth, ich lese. Es kommt im Fernsehen. Da.«
Wir schauten hin. Die Schlagzeile lief am unteren Bildrand über den Schirm.
EILMELDUNG: BRITISCHE REGIERUNG SAGT »UNEINGESCHRÄNKTE« KOOPERATION BEI ERMITTLUNGEN WEGEN KRIEGSVERBRECHEN ZU.
»Wie können die es wagen ?«, empörte sich Ruth. »Nach allem, was wir für Großbritannien getan haben!«
»Mit Verlaub, Ma’am«, sagte Josh. »Als Unterzeichnerstaat des Rom-Statuts zum Internationalen Strafgerichtshof bleibt der britischen Regierung keine andere Wahl. Nach internationalem Recht sind sie zur ›uneingeschränkten‹ – so das exakte Wort in Artikel sechsundachtzig – Kooperation verpflichtet.«
»Und wenn der Gerichtshof schließlich entscheidet, mich festnehmen zu lassen«, sagte Lang ruhig, »wird die britische Regierung dann auch ›uneingeschränkt‹ kooperieren?«
Josh hatte die entsprechende Stelle auf seinem Laptop bereits aufgerufen. »Das ist in Artikel neunundfünfzig geregelt, Sir. ›Ein Vertragsstaat dem ein Ersuchen um vorläufige Festnahme oder um Festnahme und Überstellung zugegangen ist, ergreift sofort Maßnahmen zur Festnahme der fraglichen Person.‹«
»Tja, das wäre dann ja geklärt«, sagte Lang. »Also Washington.«
Ruth verschränkte die Arme vor der Brust. Die Geste erinnerte mich an Kate: Sturm im Anmarsch. »Ich bleibe dabei, das gibt ein schlechtes Bild ab«, sagte sie.
»Besser, als in Heathrow in Handschellen abgeführt zu werden.«
»Wenigstens würdest du damit Mumm beweisen.«
»Herrgott, dann flieg halt ohne mich nach London«, blaffte er sie an. Wie bei dem Ausbruch am Nachmittag zuvor war es weniger der offen zur Schau gestellte Zorn, der überraschte, als die Plötzlichkeit des Ausbruchs. »Wenn die britische Regierung mich für diesen Schauprozess ausliefern will, dann sollen sie sich von mir aus ins Knie ficken! Ich gehe dahin, wo die Menschen mich wollen. Amelia, sagen Sie den Jungs, wir fahren in fünf Minuten. Eins der Mädchen soll mir ein paar Sachen für die Nacht zusammenpacken. Und Sie nehmen sich am besten auch was mit«
»Warum packt ihr euren Kram nicht in einen gemeinsamen Koffer?«, sagte Ruth. »Wär doch viel praktischer, oder nicht?«
Die Luft schien zu erstarren. Sogar Kroll gefror das dünne Lächeln in den Mundwinkeln. Amelia zögerte, strich sich dann nervös das Kleid glatt, nahm ihr Ringbuch und stand ruckartig auf. Als sie quer durch das Zimmer zur Treppe ging, schaute sie starr geradeaus. Die Haut an ihrem Hals leuchtete dezent blassrosa, die Lippen waren zusammengepresst. Ruth wartete, bis Amelia verschwunden war, zog dann die nackten Füße unter den Oberschenkeln hervor und schlüpfte in die flachen Schuhe mit den Holzsohlen. Auch sie
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