Ghostwalker 02 - Raven, M: Ghostwalker 02
Namibia, da war er sich ziemlich sicher, nachdem sie so auf den Film reagiert hatte. Aber wo genau? Abrupt richtete er sich auf. Marisa Pérèz schien etwas über Etana gewusst zu haben, vielleicht konnte sie ihm weiterhelfen. Er wandte sich Mia zu. „Ich muss gehen. Danke für Ihre Hilfe.“
Mia lächelte warm. „Kein Problem. Ich hoffe, Sie finden sie. Ich glaube, sie könnte jetzt einen Freund gebrauchen.“ Ryan nickte ihr zu und öffnete die Tür. „Und Ryan?“
Er drehte sich wieder zu ihr um. „Ja?“
„Falls Sie irgendwann einmal genug von Tierparks haben – wir könnten hier einen Tierarzt gebrauchen.“
Ein Lächeln glitt über seine Lippen. „Gut zu wissen.“
Ihre Schritte wurden langsamer, je näher Kainda ihrem früheren Gebiet kam. Es war alles so schmerzlich vertraut, sie kannte jeden Baum und jeden Strauch, und ihre Erinnerungen wurden immer drängender. Wie sie mit ihren Geschwistern herumgetollt war, trotz der ständigen Ermahnungen ihrer Mutter, in der Nähe des Lagers zu bleiben. Lando, der sie auf den Ästen des Baumes zum ersten Mal geküsst hatte. Ausflüge mit ihrer Mutter, die ihr gezeigt hatte, welche Pflanzen nützlich waren. Ihr Vater, der ihr beigebracht hatte, sich nicht nur mit Zähnen und Klauen zu verteidigen, sondern auch mit Menschenwaffen. Während sie durch die stille Landschaft ging, konnte sie sich daran erinnern wie das Gelächter der Kinder von den roten Felsen widerhallte, die einen natürlichen Schutz um das Lager darstellten.
Je näher sie dem Lager kam, desto mehr überlagerten Bilder der letzten Stunden der Leopardenwandler die Gegenwart und auch die glückliche Vergangenheit. Kaindas Kehle schnürte sich zu, Schweiß lief ihren nackten Körper hinab. Ihr Herz hämmerte in ihrer Brust, und ihre Beine fühlten sich an, als würden sie jeden Moment unter ihr nachgeben. Kainda biss die Zähne zusammen und setzte einen Fuß vor den anderen. Ihre Hände hatte sie so fest zu Fäusten geballt, dass sich ihre Fingernägel in die Handflächen bohrten, bis sie bluteten. Oder vielleicht waren es auch Krallen, es war ihr schlicht egal, Hauptsache der Schmerz ihrer Hände lenkte sie von dem in ihrem Innern ab. Aber es half nicht, ihre Gedanken wanderten zu jenem Tag zurück, der alles verändert hatte.
Nichts deutete darauf hin, dass sie ihren Sohn zum letzten Mal in die Arme nehmen würde, als sie sich morgens mit einem Kuss von ihm verabschiedete. Jamila verwuschelte die Haare ihres Neffen, ein Lächeln auf dem Gesicht. Durch ihre Verbindung spürte Kainda, dass ihre Schwester ungeduldig war, deshalb hielt sie die Verabschiedung von ihrem Partner kurz. Sie hatte mit Lando darüber gesprochen, was sie vorhatten, und obwohl er nicht ganz davon überzeugt war, dass es der richtige Weg war, unterstützte er ihren Plan. Auch wenn Jamila versuchte, es zu überdecken, wusste Kainda, dass es ihr wehtat, die Vertrautheit zwischen ihnen zu sehen und selbst keinen Mann an ihrer Seite zu haben. Genau deshalb würden sie sich heute auf die Suche nach einem Partner für Jamila machen. In ihrer Gruppe war kein passender Kandidat, also hatten sie entschieden, eine andere Leopardenwandlergruppe aufzusuchen, die einige Stunden entfernt lebte.
Ernüchtert mussten sie nach ihrem Besuch feststellen, dass es zwar einige Männer in ihrem Alter gab, aber trotz ihrer Bemühungen keiner von ihnen wirklich Jamilas Interesse weckte. Nach einigem Zureden erklärte Jamila sich bereit, in ein paar Wochen noch einen Versuch zu wagen, dann machten sie sich enttäuscht auf den Rückweg.
Kurz vor dem Lager blieb Kainda abrupt stehen, als sie einen seltsamen Geruch wahrnahm. Auch Jamila hob witternd die Nase, ihre Hand legte sich um Kaindas Arm.
„Was ist das?“ Unsicherheit schwang in ihrer Stimme mit.
„Ich weiß es nicht. Beeilen wir uns.“ Damit verwandelte Kainda sich und lief los, Jamila dicht auf ihren Fersen.
Sie folgten der Duftspur, die immer deutlicher wurde, bis kein Zweifel mehr daran bestand, dass es sich um Blut und Tod handelte. Und sie kam direkt aus der Richtung ihres Lagers.
Dicht nebeneinander jagten sie los, jede konnte die Furcht der anderen spüren. Es musste eine ganz einfache Lösung für den Geruch geben, doch ihr Herz sagte Kainda etwas anderes. Nein, nein! Das Wort hallte bei jedem Schritt in ihr wider, immer lauter und lauter, bis sie nichts anderes mehr wahrnahm. Ihre Nase führte sie zu einem kleinen Dickicht. Verborgen hinter dornigem Gestrüpp lag ein Leopard.
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