Ghostwalker 02 - Raven, M: Ghostwalker 02
dort ihre Gefühle genauso erkennen? Sie befürchtete es, so wie er sie behandelte. Andererseits konnte sie genauso in seinen Augen und seinem Gesichtsausdruck ablesen, dass er sich zu ihr hingezogen fühlte. Warum hatte sie nie gewusst, was für eine erogene Zone die Schwanzspitze war? Beinahe hätte sie sich auf den Rücken geworfen, alle Viere von sich gestreckt und sich der Erregung hingegeben. Am schlimmsten war es, Ryans Gesichtsausdruck dabei zu sehen, er schien völlig von dem fasziniert gewesen zu sein, was er tat.
Kainda ließ den Kopf hängen. Was tat sie ihm damit an? Aber sie konnte ihre körperlichen Reaktionen einfach nicht verhindern. Es wäre nur fair, ihm endlich zu sagen, dass sie eine Frau war, doch das konnte sie nicht. Es war schlimm genug, dass sie nicht hatte widerstehen können, ihm zu zeigen, dass sie jedes Wort verstehen konnte. Sie wollte, dass er wusste, dass sie etwas Besonderes war, weil sie es einfach nicht mehr ertrug, dass er dachte, sie wäre ein normales Tier. Wie dumm und arrogant! Damit hätte sie sich noch mehr in Gefahr bringen können, wenn Ryan diese Entdeckung weitergetragen hätte. Glücklicherweise hatte er ihr versichert, dass sie bei ihm in Sicherheit war – und seltsamerweise glaubte sie ihm.
Wäre es wirklich so schlimm, ihm ihre menschliche Seite zu zeigen? Sie glaubte nicht, dass er sie verraten würde, aber es könnte durchaus sein, dass er danach nichts mehr mit ihr zu tun haben wollte. Und sie musste sich eingestehen, dass sie das weit mehr verletzen würde als alles, was ihr bisher hier in den USA geschehen war. Nein, es war besser, ihn in dem Glauben zu lassen, sie wäre eine – wenn auch besonders intelligente – Leopardin. Damit war ihr Geheimnis sicher und vor allem auch ihr Herz. Noch einmal würde sie einen solchen Schmerz nicht überleben.
Mit einem Seufzer richtete sie sich auf und begann damit, den Verband über ihren Rippen und die Schienen an ihrem Oberschenkel zu entfernen, die in ihrer Menschenform viel zu eng saßen. Die Wunden waren bis auf eine Verfärbung der Haut kaum noch zu sehen, aber sie konnte sie noch spüren. Verletzungen heilten bei Wandlern meist deutlich schneller als bei normalen Menschen, aber komplizierte Brüche brauchten dafür doch länger als ein paar Tage. Kainda humpelte auf ihrem unverletzten Bein in die Dusche und drehte den Hahn auf. Mit geschlossenen Augen ließ sie das heiße Wasser auf ihren Kopf trommeln und genoss ihre erste richtige Dusche, seit sie vor drei Monaten aus dem Lager der Berglöwenwandler aufgebrochen war. Sie benutzte Ryans Shampoo und Duschgel und drehte erst mit Bedauern den Wasserhahn zu, als sie das Gefühl hatte, dass das Wasser kälter wurde. Da ein zweites Handtuch nur Verdacht erregt hätte, wickelte sie sich Ryans um den Körper und ging damit ins Schlafzimmer.
Dort trocknete sie sich ab und wickelte den Verband wieder um ihren Oberkörper. Schmerz schoss bei der Bewegung durch ihre Rippen, doch sie konnte die Bandagen nicht einfach weglassen, sonst würde Ryan sich fragen, wie sie sie losgeworden war. Vielleicht würde er zu dem Schluss kommen, dass er sie nicht allein lassen konnte und sie deshalb in die Klinik zurückmusste. Und das wollte sie auf keinen Fall. Die Schienen an ihrem Oberschenkel ließen sich leichter befestigen, und vor allem brauchte sie sie auch, um ihren Knochen zu schützen und das Bein belasten zu können, während sie sich auf zwei Beinen bewegte. Als das erledigt war, rubbelte sie noch ihre Haare trocken und hängte das Handtuch im Badezimmer an die gleiche Stelle, wo sie es weggenommen hatte.
Nach einem Blick in Ryans Schrank suchte sie sich eines seiner T-Shirts heraus und zog es über. Der weiche Stoff schmiegte sich an ihre nackte Haut und roch nach dem Waschmittel, das Ryan benutzte. Kainda schloss die Augen, schlang die Arme um sich und sog tief den Duft ein. Fast konnte sie sich so vorstellen, er wäre bei ihr und … Hastig riss sie die Augen wieder auf. Wieso verschwendete sie ihre knappe Zeit mit Tagträumen? Sie musste Jamila unbedingt eine Nachricht schreiben, dass es ihr gut ging. Da sie in Leopardenform keinen Erfolg gehabt hatte, würde sie ihr Glück jetzt in Menschengestalt probieren müssen. Dafür brauchte sie Kleidung, Geld und Nahrung. Es widerstrebte ihr, Ryan zu bestehlen, aber es gab keine andere Möglichkeit.
Kainda biss die Zähne zusammen und unterdrückte den Schmerz über die bevorstehende Trennung. Von der ersten Minute an hatte
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