Ghostwalker 04. Fluch der Wahrheit
hereinsteckte.
»Ja?«
»Meinetwegen können Sie so viel essen, wie Sie möchten, ich finde Sie genau richtig so.« Sowie die Worte aus seinem Mund waren, wünschte er sie zurück. Warum sagte er so etwas? Auch wenn es die Wahrheit war, sollte er sich so fern von Caitlin halten wie nur möglich.
Caitlin lächelte ihn strahlend an. »Danke.« Sie zog sich zurück und schloss die Tür leise hinter sich.
Torik beobachtete durch das Fenster, wie sie zum Haus zurückging, ihre Schritte etwas federnder als sonst. Abrupt zog er die Vorhänge zu und riss sich die Kleidung vom Körper.
4
Als Torik aus der Dusche kam, beschloss er, den Anruf bei Finn nicht länger hinauszuschieben. Vermutlich hätte er sich sofort melden sollen, aber er hatte erst sein Gleichgewicht wiedererlangen wollen. Was ihm nicht hundertprozentig gelungen war, denn unter dem Wasserstrahl hatte er wieder daran denken müssen, wie Caitlin mit ihrem Finger seine Narbe nachgefahren war. Auch eiskaltes Wasser hatte nicht dabei geholfen, die ungebetene Erregung zu vertreiben. Völlig durchgefroren hatte er schließlich erkannt, dass er damit würde leben müssen. Und das sollte nicht schwer sein, er brauchte nur an Arlyn zu denken und daran, was es kostete, sich an jemanden zu binden, und schon würde jeder Gedanke an die Autorin verschwinden. Torik zog den Vorhang auf und blickte aus dem Fenster. Auf dem Grundstück war alles ruhig, aber er hatte auch nichts anderes erwartet. Die Männer würden es heute nicht noch einmal versuchen, wenn sie schlau waren.
Rasch wählte er die Nummer des Satellitentelefons im Lager und kam gleich zur Sache, als Finn sich meldete. »Ich bin angekommen.«
»Ich hatte erwartet, dass du früher dort sein würdest. Hattest du Probleme?« Finn klang besorgt. Im Hintergrund konnte Torik andere Stimmen hören.
»Ich nicht, aber die Autorin. Ich bin ihr zum Supermarkt in West Yellowstone gefolgt, und dort ist sie in einer Gasse von zwei Männern angegriffen worden.«
Finn schwieg einen Moment. »Ein normaler Überfall?«
Torik ballte seine Faust, als er sich daran erinnerte, wie der Verbrecher Caitlin die Luft abgedrückt hatte. »Es kam mir eher so vor, als sollte sie entführt werden. Aber das konnte ich verhindern.«
»Was hast du getan?« Finns Frage klang beinahe wie ein Vorwurf.
Wut durchströmte Torik. »Sollte ich zusehen, wie irgendwelche Verbrecher eine Frau überfallen? Oder sie hilflos liegen lassen, als der eine ihre Kehle so fest zugedrückt hatte, dass sie das Bewusstsein verlor?« Er konnte den Berglöwen in seiner Stimme hören.
Ein Fluch drang durch den Hörer. »Geht es ihr gut?«
Der Berglöwe in ihm zog sich zurück, und Torik schnitt eine Grimasse, als er seine Hand öffnete und die blutigen Abdrücke seiner Krallen sah. »Ja. Einige Prellungen, und sie hat sich ziemlich erschreckt, aber sie scheint sich schon ein wenig erholt zu haben.«
»Gut. Wo bist du jetzt?«
Torik leckte über seine Handfläche, damit sich die Wunden schneller schlossen. »In ihrem Gästeapartment.« Eine ominöse Stille drang durch den Hörer. »Finn?«
»Du bist in ihrem Haus?« Die Stimme des Ratsführers klang erstickt.
»Nein, in dem Apartment neben ihrer Garage.« Torik lehnte seine Stirn an die Glasscheibe. »Ich weiß, was ich tue. Sie hatte mich sowieso schon gesehen, und als sie dann fragte, ob ich hier übernachten will, dachte ich mir, dass es eine gute Gelegenheit ist, in ihrem Haus nach Informationen zu suchen.«
Finn stieß einen tiefen Seufzer aus. »Mir gefällt das alles nicht. Was ist, wenn sie merkt, was du bist?«
»Du könntest ein wenig mehr Vertrauen in meine Fähigkeiten haben.«
»Die habe ich, aber diese Caitlin Walker hat über einen Berglöwenwandler geschrieben, der eine unheimliche Ähnlichkeit mit dir hat. Was ist, wenn sie deshalb auch auf die kleinsten Anzeichen achtet? Wenn sie weiß, dass es uns gibt, dürfte es für sie nicht allzu schwer sein, zu erraten, wer du bist.« Finn klang ernst.
»Ich werde dafür sorgen, dass sie nie mehr als einen Menschen in mir sieht. Und wenn ich Anhaltspunkte finde, werde ich morgen schon weit weg sein. Caitlin hat keine Chance gegen mich.« Die Worte lagen bitter auf seiner Zunge, auch wenn sie der Wahrheit entsprachen. Der Gedanke, dass sie vielleicht sogar irgendetwas mit den Verbrechern zu tun haben könnte, die seit fast einem Jahr versuchten, die Wandler seiner Gruppe gefangen zu nehmen oder zu töten, verursachte einen Druck hinter seinem
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