Gift und Geld
Lieutenant.«
»Vielen Dank, Miss Gray.«
Berkeley lächelte mir zu, als
ich in sein Büro trat, und eine verblüffende Sekunde lang dachte ich beinahe,
er hätte mit seinen glitzernden dunklen Augen geblinzelt.
»Guten Morgen, Lieutenant.« Er
sprach auf seine gewohnte schnelle Weise. »Wollen Sie mich noch ein bißchen
piesacken?«
Ich ließ mich im nächsten
muschelförmigen Stuhl nieder und blickte ihn eine Weile schweigend an. Er saß
hinter seinem Schreibtisch, noch immer lächelnd und mit einem Ausdruck
höflicher Aufmerksamkeit auf dem Gesicht.
»Haben Sie von Kirkland gehört?«
»Ich habe darüber gelesen«,
sagte er.
»Er hat keinen Selbstmord
begangen, er wurde ermordet«, sagte ich gleichmütig. »Aber der Betreffende, der
ihn umgebracht hat, gab sich alle Mühe, die Sache wie einen Selbstmord aussehen
zu lassen.«
»Das ist sehr interessant«,
sagte er. »Aber warum erzählen Sie mir das?«
»Ihr Partner Miller und seine
Freundin Rita Keighley wurden beide durch ein Gift
namens Curare umgebracht«, sagte ich. »Haben Sie davon gehört?«
»Es kam in einer Reihe von
Abenteuergeschichten vor, die ich in meiner Jugend gelesen habe.« Er lächelte
erneut. »Es hat sich in meiner Vorstellung immer mit dem Amazonas verbunden.«
»Derjenige, der Kirkland umgebracht hat, wollte die Sache aus einem ganz
bestimmten Grund wie einen Selbstmord erscheinen lassen«, fuhr ich fort. »Auf
diese Weise, so dachte er, würde die Polizei glauben, Kirkland sei der Mörder gewesen und habe sich vor seiner Festnahme erschossen.«
»Ja?«
» Kirkland war Chemiker — er arbeitete in einer chemischen Fabrik, die Curare verarbeitet.
Meine Theorie ist, daß derjenige, der hinter den Morden steht, ihn nur dazu
benutzte, um an das Gift zu gelangen, und ihn dann umbrachte, als er drohte
auszupacken, weil er dachte, ich vermutete den Mörder in ihm.«
»Warum sollte sich Kirkland einverstanden erklären, dem Mann, der, wie Sie
sagen, hinter den Morden steht, das Gift überhaupt zu besorgen? Damit hätte er
sich ja zum Mittäter gemacht?«
»Er wollte Rita Keighley heiraten«, sagte ich. »Sie war Millers Geliebte,
und sie wollte nicht den Luxus aufgeben, den ihr Verhältnis mit ihm für sie
bedeutete, und statt dessen von Kirklands Gehalt
leben zu müssen. Meine Vermutung geht dahin, daß Kirkland die Gelegenheit beim Schopf faßte, Miller loszuwerden. Außerdem bedeutete es,
daß Rita die Hälfte seines Vermögens geerbt hätte, womit auch das finanzielle
Problem gelöst worden wäre.«
Berkeley lehnte sich in seinem
Stuhl zurück und gähnte diskret. »Das ist alles sehr interessant, wie ich schon
sagte, Lieutenant, aber warum nehmen Sie sich die Mühe, mir das zu erzählen?«
»Als ich das letztemal hier war, behaupteten Sie, Kirkland nicht zu kennen«, erinnerte ich ihn. »Am selben Nachmittag platzte er in Ihr
Büro und schrie, Sie wollten ihm die Sache in die Schuhe schieben. Haben Sie
dafür eine Erklärung?«
Er blickte leicht amüsiert
drein. »Wo haben Sie diese Geschichte, daß Kirkland hiergewesen sein soll, gehört?«
»Ich habe eine Augenzeugin«,
sagte ich leichthin.
»Natürlich — die charmante Miss
Gray!« sagte er schnell und nickte. »Sie ist außerdem eine ausgezeichnete
Sekretärin. Ich bin überzeugt, sie hat in aller Aufrichtigkeit diese Geschichte
erzählt und geglaubt, die Wahrheit zu sagen — und das hat sie auch getan, bis
auf eine Sache, die nicht stimmt.«
»Was zum Beispiel?« Ich wartete
auf die Pointe.
»Der Mann hieß nicht Kirkland «, sagte Berkeley im Ton höflichen Bedauerns. »Es
war Birkman — ein Gelegenheitsschwindler, der mich
fortgesetzt davon zu überzeugen sucht, daß ihn diesmal sein Boss hereingelegt
habe und er unschuldig sei wie ein neugeborenes Kind. Ich habe überhaupt nur
eingewilligt, seine Verteidigung zu übernehmen, weil er mir leid tat und jetzt
fange ich an, mir selber leid zu tun. Wie dem auch sei — es war Birkman , der an diesem Tag hier war, Lieutenant, wirklich Birkman !«
»Miss Gray ist bereit, vor
Gericht unter Eid auszusagen, daß es Kirkland war.«
Er zuckte die Schultern. »Ich
werde schwören, daß er es nicht war — und Birkman zum
Beweis mitbringen.«
»Vielleicht sollte ich mich
gleich jetzt einmal mit ihm unterhalten und die ganze Sache aufklären?« sagte
ich gelassen.
»O nein«. Sein Mund bekam einen
harten Zug. »Ich möchte nicht, daß Sie Birkman in
irgendeiner Weise nahetreten, Lieutenant.«
»Warum — weil er gar
Weitere Kostenlose Bücher