Gift
die Staaten?«
»Ja, normalerweise sind sie ein, zwei Monate hier. Länger
haben sie leider nicht Ferien.«
»Können Sie mir sagen, wie viele Personen auf der Deponie
beschäftigt sind?«
»Das Büro machen außer mir noch zwei meiner Cousinen, und dazu
kommen zehn Arbeiter, die auf der Deponie selbst beschäftigt sind. Ich
bin die Büroleiterin und für die Lohnbuchhaltung zuständig. Armand war
der Geschäftsführer.«
»Waren die Arbeiter alle Mexikaner?«
»Wir hatten auch Arbeiter aus unserer alten Heimat und ein
paar Amerikaner.«
»Mit denen würde ich auch gern einmal sprechen. Wie kann ich
sie am besten erreichen?«
»Bedaure, Mr. Hamilton, aber der District Attorney hat uns
ausdrücklich gebeten, die Adressen und Telefonnummern unserer
Angestellten nicht herauszugeben«, erklärte sie bestimmt. »Da müssen
Sie sich an ihn selbst wenden.«
»Verstehe«, sagte Samuel. In sein Notizbuch kritzelte er
›Scheiße!‹ und unterstrich es zweimal.
Candice Hagopian wandte sich ihrer Schwägerin zu und wechselte
leise ein paar Worte mit ihr.
»Würde es Ihnen etwas ausmachen, wenn wir Sie für die Zeitung
fotografieren?«, fragte Samuel.
»Tut mir leid, aber dafür sind wir momentan wirklich nicht in
der Stimmung«, sagte die Schwester des Ermordeten und wischte sich die
zerlaufene Wimperntusche von ihren geröteten Augen. »Und wir möchten
auch nicht, dass Bilder von Armands Töchtern in der Presse
veröffentlicht werden.«
»Dann hätte ich noch eine letzte Frage«, sagte Samuel
enttäuscht und holte die Fotos von der Gruppe mit den verdächtigen
Männern heraus. »Kennen Sie jemanden auf diesen Fotos?«
Candice und die Witwe betrachteten die Bilder eine Weile
aufmerksam, dann schüttelten beide den Kopf.
Samuel stellte fest, dass die Frauen ähnlich eigenartig auf
die Fotos reagierten wie Father Agajanian, und hätte gern den Grund
dafür gewusst. Er versuchte, die Witwe in ein Gespräch zu verwickeln,
aber Candice unterbrach ihn immer wieder. Das Einzige, was er aus ihr
herausbekommen konnte, war, dass sie noch nicht lange mit Hagopian
verheiratet gewesen war.
Als Samuel merkte, dass ihm die beiden Frauen keine weiteren
Auskünfte mehr geben wollten, verabschiedete er sich von ihnen und
verließ mit dem Fotografen die luxuriöse Wohnung.
»Dieser Dreckskerl von Deadeye Graves!«, schimpfte Samuel im
Fahrstuhl los. »Hält überall den Finger drauf und versucht mit allen
Mitteln, sein Kartenhaus am Einstürzen zu hindern.«
»Candice Hagopian war auch nicht gerade eine große Hilfe«,
bemerkte Marcel.
»Letztlich hat sie uns einiges über die Geschichte der
Armenier erzählt, was uns bei Gelegenheit durchaus noch nützlich werden
könnte. Du hast jedoch vollkommen recht, sie versucht etwas vor uns zu
verbergen. Genauso wie Deadeye wirft sie mir, wo es nur geht, Steine in
den Weg.«
Als sie im Erdgeschoss aus dem Lift stiegen, wurden sie
bereits von dem zugeknöpften Thaddeus Carlton erwartet. Er begleitete
sie wortlos zum Ausgang und verabschiedete sie mit einer leichten
Verneigung, als spürte er instinktiv, dass diese beiden Besucher
unerwünscht waren und nicht mehr Entgegenkommen verdienten.
Auf der Fahrt zurück zur Redaktion hielten sie an einer
Telefonzelle. Samuel rief in Janaks Kanzlei an und klagte Vanessa sein
Leid, dass es ihm nicht gelungen war, an die Namen und Adressen von
Hagopians Angestellten heranzukommen. Aber Vanessa erklärte ihm, das
sei nicht schlimm; sie werde einen offiziellen Antrag auf die
Herausgabe der Namen aller Personen stellen, die in den letzten drei
Jahren auf der Deponie beschäftigt gewesen seien, das Schreiben in
Janak Marachaks Namen unterzeichnen und noch am selben Tag abschicken.
Am nächsten Morgen fand sich Samuel schon
früh in der Redaktion ein, um Verschiedenes aufzuarbeiten. Gegen halb
zehn legte er eine Kaffeepause ein und machte sich daran, die neu
eingegangenen Fernschreiben zu lesen. Sein überraschter Aufschrei war
in der ganzen Etage zu hören, als er die AP-Meldung aus Fresno sah:
Joseph Hagopian, ein bekannter und angesehener Farmer aus der Region,
war am Vortag ermordet in einem seiner Obstgärten aufgefunden worden.
Er war erstochen und entmannt worden, und man hatte ihm sein
Geschlechtsteil in den Mund gestopft.
Samuel rief auf der Stelle in Janaks Kanzlei an. Abermals nahm
Vanessa den Hörer ab. »Ich muss unbedingt mit Janak sprechen«, stieß er
atemlos hervor.
»Da muss ich Sie leider enttäuschen. Er ist gerade im
Gefängnis,
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