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Gift

Gift

Titel: Gift Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: William Gordon
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weil er in ihrem Prozess
gerade als Zeuge ausgesagt hatte, schenkten sie ihm eine gewisse
Aufmerksamkeit.
    Vor allem der Sprecher der Geschworenen, dem Arams teure
Kleidung aufgefallen war, behielt ihn scharf im Auge, als er sich in
der Schlange an der Kasse anstellte, um zu bezahlen.
    Als der Blinde alle Gäste abgefertigt hatte, wandte er sich,
ohne sie zu schließen, von der Kasse ab, um die Regale aufzufüllen. Auf
diesen Moment hatte Aram gewartet. Mit ein paar raschen Schritten war
er an der offenen Kasse und begann, sich ihren Inhalt in die
Hosentaschen zu stopfen. Als der Sprecher der Geschworenen das sah,
sprang er laut schreiend auf und versuchte, Aram aufzuhalten. Doch der
Kurde stürmte aus der Cafeteria und schaffte es, aus dem
Gerichtsgebäude zu fliehen. Der Sprecher der Geschworenen hatte zwar
zunächst seine Verfolgung aufgenommen, doch als es ihm nicht gelang,
ihn einzuholen, kehrte er zurück und zeigte den Diebstahl im Sheriff's
Bureau an. Dabei gab er auch die Namen der anderen Geschworenen an, die
den Zwischenfall beobachtet hatten.
    Nachdem Samuel den Ermittlungsbericht gelesen hatte, verfasste
er unter Berufung auf zuverlässige Quellen einen vernichtenden Artikel.
    Als er Janak Marachak erzählte, was er in Erfahrung gebracht
hatte, schüttelte der Anwalt ungläubig den Kopf.
    »So viel Glück hat man sonst eigentlich nie.«
    »Und auch noch ausgerechnet dann, wenn man es am dringendsten
braucht«, bestätigte Samuel.

9 UND
WAS NUN?
    N iedergeschlagen verkroch sich Deadeye nach
diesem Fiasko in seinem Büro. In seiner augenblicklichen Stimmung war
ihm nicht danach, irgendjemanden zu sehen, vor allem nicht irgendwelche
Reporter, aber vor seinem Chef konnte er sich schwerlich verleugnen
lassen. Die Brille in der Hand, kam der District Attorney mit
zerzaustem Haar in Deadeyes Büro gestürmt und starrte ihn wutentbrannt
an.
    »Wie konnte so etwas passieren, Graves? Wie konnten Sie diesen
Prozess trotz der erdrückenden Beweislast gegen die Angeklagten
verlieren?«
    »Es tut mir leid, Sir, aber ein paar Geschworene haben
beobachtet, wie mein wichtigster Zeuge in der Cafeteria Geld aus der
Kasse gestohlen hat.«
    »Wie bitte? Er hat den Blinden bestohlen?«
    »Ja, Sir.«
    »War das Ihr einziger Fehlgriff in diesem Verfahren, Graves?«
    »Nein, Sir. Den Mexikanern sollte der Mord vermutlich von den
wahren Tätern angehängt werden, und mein Hauptzeuge hat vor Gericht
aller Wahrscheinlichkeit nach die Unwahrheit gesagt.«
    »Was soll das heißen?«, stieß der D.A. fassungslos hervor und
schlug mit der Faust auf den Schreibtisch.
    »Ich glaube nicht, dass die Mexikaner die Täter waren«,
erklärte Deadeye kleinlaut.
    »Und das erzählen Sie mir erst jetzt?«, tobte der D.A.
    »Zunächst schien die Beweislast gegen sie erdrückend. Aber die
Verteidigung hat unsere Beweisführung schonungslos zerpflückt, sodass
wir am Ende ziemlich dumm dastanden.« Deadeye kratzte sich verlegen am
Kopf.
    »Und wie soll jetzt unser nächster Schritt aussehen?«, fragte
sein Chef.
    Deadeye nahm einen Stift aus der Innentasche seiner schwarzen
Anzugjacke und zog einen Block zu sich heran, um etwas daraufzuzeichnen.
    »Was soll das sein?«, fragte der D.A. verständnislos.
    »Ein Olivenzweig«, antwortete Deadeye.
    »Wollen Sie sich über mich lustig machen, Graves?«
    »Nichts läge mir ferner, Sir. Ich schlage lediglich einen
Waffenstillstand vor, bis wir mehr Beweise haben.«
    »Na schön, aber halten Sie mich auf dem Laufenden, und zwar
bis ins kleinste Detail. Setzen Sie sich umgehend mit Bernardi in
Verbindung und sagen Sie ihm, er soll die Ermittlungen
wiederaufnehmen.« Mit diesen Worten schritt der D.A. zur Tür und warf
sie wütend hinter sich zu.
    Deadeye, der den D.A. noch nie hatte ausstehen können, war
inzwischen fest entschlossen, seinen Job hinzuschmeißen. Als
Strafverteidiger verdiente man ohnehin wesentlich mehr. Eine andere
Alternative wäre natürlich gewesen, den Alten im Amt abzulösen. Nach
der dummen Geschichte mit den Transvestiten würde das zwar nicht ganz
einfach werden, aber es gab eindeutig keinen besseren Kandidaten für
dieses Amt als ihn, und deshalb hoffte er, die Öffentlichkeit würde
diesen kleinen Ausrutscher rasch vergessen.
    Kaum war Deadeyes Wut bei dieser Vorstellung verraucht,
entzündete sie sich bei dem Gedanken an Janak Marachak aufs Neue.
Dieser billige Winkeladvokat hatte es nicht verdient, diesen Prozess zu
gewinnen. Dabei hatte er die Angeklagten schon fast in der

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