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Giftpilz

Giftpilz

Titel: Giftpilz Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stefan Alexander; Ummenhofer Rieckhoff
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war wieder
ganz in seinem Element als Autolobbyist und drückte kräftig auf die Hupe in der
vagen Hoffnung, dass sich der Stau dadurch schneller auflöste. Die italienische
Methode. Im Grunde nur ein Ablassventil für angestaute Aggressionen.
    Wenn es danach gegangen wäre, hätte Hubertus stundenlang dauerhupen
müssen: Weder mit Carolin noch mit Elke hatte er die Beziehungswirren bislang
entflechten können. Vor allem die Funkstille mit seiner Freundin bereitete ihm
Kummer. Er ging psychisch auf dem Zahnfleisch. Und zwar so, dass beim Gespräch
mit der Psychotherapeutin der Tannenklinik am Morgen tatsächlich ein paar
Tränen geflossen waren. Bei ihm, wohlgemerkt! Hinterher war ihm das überaus peinlich
gewesen. Aber immerhin schien er der Therapeutin damit eine Freude gemacht zu
haben: Sie hatte sich überaus zufrieden mit ihm gezeigt.
    Klaus hatte er davon lieber nichts erzählt. Hubertus war überhaupt
ziemlich schweigsam, als sie nun das Messegelände hinter sich ließen und beim
nächsten Kreisverkehr nach rechts abbogen. Riesle und Hummel waren unterwegs
zum Bruder von Dietrich Reinstetter, seinem offenbar einzigen Verwandten. Der
Landesgartenschau-Tross nahm zum Glück eine andere Ausfahrt.
    »Die sechsfache Dosis Amanitin, Hubertus!«, konnte sich Riesle
überhaupt nicht beruhigen. »Jemand muss Narben-Dietrich gezielt getötet haben!
Aber dieser Höchenschwander Professor kommt dann wohl eher nicht mehr für den
Mord in Frage, oder?«
    »Es sei denn, es gab irgendwelche Verbindungen zwischen diesem
Professor Walger und Dietrich.«
    »Aber welche? Auf dem Bild in Walgers Büro war ja wohl nicht auch
noch Narben-Dietrich zu sehen, oder?«
    Hubertus schüttelte den Kopf. »Es muss einen anderen Hintergrund
geben. Vielleicht wurde er ja auch erpresst – wie Professor Krieg und ich.
Übrigens würde ich dich dringend bitten, nicht mehr den Namen Narben-Dietrich
zu verwenden. Das könnte beim Bruder des Toten etwas seltsam ankommen«, mahnte
er.
    »Ja, ja«, machte Klaus, dessen Wortschatz heute begrenzt war. »Die sechsfache
Dosis! Kein Wunder, dass es ihm recht schnell das Licht ausgeblasen hat. Zumal
er ja in so schlechter Verfassung war. Wie hieß die Krankheit gleich noch mal?«
    »Lungenemphysem.«
    »Kannst du mir das genauer erklären, Herr Lehrer? Du bist doch im
Bilde, oder?«
    Hubertus hatte sich als Lehrer wie als Hypochonder und als
Fastfreund von Narben-Dietrich über das Krankheitsbild des Lungenemphysems
mittlerweile recht gut informiert. Er beschränkte sich zunächst auf eine lexikalisch-kurze
Wiedergabe. »Überblähung der Lunge. Ist irreversibel. Führt bei schweren
Verläufen immer zum Tod.«
    »Dietrich wäre also definitiv daran gestorben?«
    »Ja. Innerhalb von wenigen Monaten. Und das wusste er auch«, klärte
Hubertus ihn auf.
    »Und dann diese geplante Organtransplantation! Nehmen wir mal an, er
sollte eine neue Lunge bekommen: Dann wollte das vermutlich noch jemand
verhindern?«, überlegte Klaus.
    In diesem Moment erhob sich vor ihnen ein schmuckloses dreistöckiges
Mietshaus, das früher einmal ockergelb gewesen war. Mittlerweile war die Farbe
verblasst, und der Putz hatte Risse bekommen.
    Sie klingelten bei Hermann Reinstetter.
    »Ja?«, kam es schnaufend aus der Sprechanlage.
    »Mein Name ist Riesle vom Kurier. Wir haben telefoniert.« Klaus
hatte beim Bruder des Mordopfers angerufen und ihm mitgeteilt, dass man ihm
interessante Informationen über das Ableben seine Bruders mitteilen wolle. Und
dass dies nur im Rahmen eines persönlichen Gesprächs erfolgen könne. Außerdem
bringe er einen Freund von Dietrich mit, den dieser in der Tannenklinik kennengelernt
habe.
    Als ihnen der Mann im Hausflur gegenüberstand, erschrak Hummel. Er
hatte die gleichen verhärmten Gesichtszüge, die gleiche ausgemergelte Statur
wie sein Bruder, mochte aber ein paar Jahre älter sein, so Ende fünfzig.
Vielleicht wirkte er aber auch nur so alt. Die Narbe allerdings fehlte, dafür
schimmerte das Gesicht gelblich. Und: Der schmächtige Mann hatte einen
kugelrunden Bauch.
    Bier formte diesen wunderschönen Körper –
Hubert ging die Aufschrift eines T-Shirts durch den Kopf, das ihm Klaus vor
Jahren einmal geschenkt hatte.
    Riesle machte den Anfang: »Herr Reinstetter, das ist Hubertus
Hummel. Er hat Ihren Bruder gut gekannt.«
    Herr Reinstetter schaute etwas apathisch drein und sagte zunächst
nichts.
    Als Hummel die ersten Schritte in die Wohnung machte, wünschte er
sich, er wäre in der Klinik

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