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Girlfriend in a Coma

Girlfriend in a Coma

Titel: Girlfriend in a Coma Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Douglas Coupland
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querschießt und solchen Blödsinn von sich gibt. Gehört das Wort ›Retake‹ denn nicht zu ihrem Vokabular?“
    »Gloria, sie hat fast zwanzig Jahre im Koma gelegen. Die Leute erwarten, daß sie etwas wunderlich ist.“
    »Nicht zu fassen, daß uns die Heulszene durch die Lappen gegangen ist.«
    Jason sagt: »Können Sie uns irgendwelche Einzelheiten nennen, Karen? Orte? Namen? Ist es eine Bombe, oder ist es -“
    »Es ist Schlaf. Fast alle Menschen schlafen ein, und dann sterben sie. Es ist schmerzlos. Wo wohnen Sie?«
    »In New York.«
    »Sie werden sterben. Gloria wird sterben. Jeder dort wird sterben.«
    »Und das macht Sie gar nicht traurig?«
    »Es ist ja noch nicht passiert. Das werde ich erst wissen, wenn es vorbei ist.«
    »Was ist mit Ihnen, Ihren Eltern und Freunden? Haben Sie keine Angst um sie?«
    »Ich kann ihnen so oder so nicht helfen. All dies wurde vor langer, langer Zeit so bestimmt. Und ich weiß nicht im einzelnen, wer überleben wird und wer nicht. Dazu kann ich Ihnen nichts sagen, wirklich nicht.“
    »Und Sie?«
    »Ich? Ich werde überleben. Das weiß ich genau.« Mehr scheint Karen zu diesem Thema nicht mitzuteilen zu haben. Jason macht ein nachdenkliches Gesicht. »Danke, daß Sie mir das gesagt haben.«
    »Gern geschehen.« Und dann kommt Karen wieder zu sich. Sie schrickt zusammen: »Wa -? Ich war gerade wieder etwas weggetreten. Ich habe geträumt, ich hätte Ihnen erzählt, daß die Welt untergehen wird.“
    »Geträumt?«
    »Nein. Nicht wirklich. Ich schätze nicht.«

  21
Deine Träume vom Krieg ängstigen dich
    Karen fühlt sich erleichtert und verwirrt zugleich. Sie weiß, daß ihre Worte die Amerikaner verärgert und ihre Freunde verblüfft, vielleicht sogar etwas erschreckt haben. Sie weiß, daß sie sich mitten in einer Art Massentransformation befindet, die weit über ihr Erwachen hinausgeht. Doch wie groß wird diese Veränderung sein? Wunder haben immer Grenzen. Wenn einem Wünsche gewährt werden, dann nur drei - nicht vier oder fünf oder zehn. Worin werden hier die Grenzen bestehen?
    Es kommt Karen vor, als erlebe sie das größte Deja vu der Welt und könne ihm nicht entrinnen. Ihr Verhalten scheint vorherbestimmt, wie das einer Königin, die ihren Tag damit verbringt, Bänder zu zerschneiden, bei Blumenschauen Auszeichnungen zu verleihen und Staatsbankette zu geben - all diese Handlungen stehen von vornherein fest. Und irgendwann zwischen dem Interview, das sie gemeinsam mit Megan gegeben hat, und dem Moment, als die Kameraleute filmten, wie die beiden die Rabbit Lane entlanghumpelten, hat sie beschlossen, so zu tun, als wüßte sie nichts mehr davon, was sie vor laufender Kamera über den bevorstehenden Weltuntergang gesagt hat. Sie merkt Richard und Wendy auch so schon an, daß sie glauben, ihre Äußerungen könnten Vorboten für eine geistige Umnachtung sein. O Gott.
    Sie vermißt es, zu laufen, sie vermißt ihre Haare, und sie vermißt es, normal zu sein, in der Menge unterzutauchen. Ihr ist klargeworden, daß sie am besten durchs Leben kommt, wenn sie selbst ihre beiläufigsten Handlungen und Gesten als bedeutungsschwere Fügungen und kleine Wunder ansieht. Diese Haltung machte, soweit sie sich erinnert, ihr Lebensgefühl mit sechzehn aus, und das wiedererstehen zu lassen, ist sie fest entschlossen.
     
    Rind Süd / Huhn Nord.
    Am Abend nach den Dreharbeiten geht Karen gleich ins Bett und verhindert so jede Diskussion über das, was sie zu Gloria und Jason gesagt hat. Als Richard am nächsten Tag zur Arbeit aufbricht, schläft sie noch. Tagsüber ruft er zu Hause an, aber niemand nimmt ab - Weihnachtseinkäufe. Er ruft Wendy im Büro an, und die beiden treffen sich zum Kaffeetrinken in der Park-Royal-Mall, wo verdrießliche Weihnachts-Einkaufszentrumsmusik ihr bestürztes Gespräch untermalt. Wendy rührt den Zucker in ihrem Kaffe dreißigmal um und sagt: »Ich glaube, Karens Erinnerungs- und Denkvorgänge sind vielleicht doch nicht so geordnet, wie wir gehofft haben, Richard. Hast du Angst ... in den Süden zu fliegen?« Richard, der geschäftlich nach Los Angeles muß, bejaht. Er fliegt am siebenundzwanzigsten und kehrt am achtundzwanzigsten zurück. »Kannst du nicht ein andermal fliegen?“
    »Nein. Wir hinken dem Zeitplan sowieso schon hinterher. Außerdem ist es einfach absurd. Wenn ich zu Hause bleibe, bestärke ich Karen doch nur in ihrem Hirngespinst oder der Phobie, unter der sie gerade leidet.« Er beißt in einen Muff in; »Es ist doch ein

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